Bedenkliche Eingriffe in Vertriebskonditionen
sup.- In den meisten Haushalten ist der Computer heute zur unentbehrlichen Hilfe im Alltag geworden. Trotzdem gibt es immer noch genügend Aufgaben, bei denen auch der leistungsstärkste PC passen muss: Wäschewaschen und Geschirrspülen zum Beispiel. Dafür sind nach wie vor die entsprechenden Haushaltsgroßgeräte zuständig. Auch beim Kauf einer Wasch- oder Spülmaschine bzw. eines Kühlschranks oder Küchenherds über einen Internet-Shop ist der Computer nur eine begrenzte Hilfe. Zumindest dann, wenn der Kunde sich die Betriebsweise sowie den Funktionsumfang der Geräte ganz realistisch demonstrieren lassen möchte und darüber hinaus kompetente Antworten auf individuelle Fragen erwartet. Das alles kann nur der Fachhändler vor Ort, der seine Produkte zur Demonstration bereithält. Natürlich hat er gegenüber dem Online-Händler höhere Kosten für Präsentationsfläche, Vorführgeräte, Beratungsaufwand und Mitarbeiterschulungen. Viele Verbraucher schätzen am stationären Fachhandel auch die persönlichen Ansprechpartner für alle Service-Leistungen rund um Installation, Wartung oder Reparaturen.
Damit diese zusätzlichen Kosten nicht vollständig auf den Preis für den Käufer umgelegt werden müssen, gewähren manche Hersteller den stationären Händlern höhere Rabatte als den Online-Anbietern. Ausgerechnet diese verbraucherfreundliche Praxis, die den service-orientierten Fachhandel stärken soll, wird jetzt jedoch vom Bundeskartellamt torpediert. Der Hintergrund: Ein bekannter deutscher Hersteller von Haushaltsgeräten hatte mit seinem Rabattsystem ausdrücklich die höherwertigen Handelsleistungen des stationären Vertriebs honoriert. Bei so genannten Hybridhändlern, die die Produkte sowohl übers Internet als auch im Laden verkaufen, wurden die Rabatte je nach Anteil der beiden Vertriebswege gestaffelt. Darin sahen die Wettbewerbshüter eine Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit dieser Händler und bewirkten unter Androhung eines kartellrechtlichen Verfahrens die Angleichung der Rabatte. Die Folge: Jetzt bekommen auch die stationären Fachhändler die Geräte nur noch zu Konditionen, die den höheren Aufwand für Präsentation und Beratung oftmals gar nicht mehr erlauben.
Die Begründung des Kartellamts für diesen Eingriff in den Markt liest sich auch aus Verbraucher-Perspektive mehr als abenteuerlich: Durch die bisherige Rabattstaffelung des Herstellers werde „der Wettbewerb im Onlinehandel sowie der davon ausgehende Preisdruck auf stationäre Fachhändler reduziert“. Die behördliche Anordnung dieses Preisdrucks könnte fatale Folgen für die Angebotsvielfalt haben. „Das ist Sterbehilfe für den Fachhandel“, urteilt der Branchen-Informationsdienst „markt intern“, der dem Bundeskartellamt vorwirft, mit seiner Auslegung des Wettbewerbsrechts Geschäftsaufgaben zu provozieren und mittelständische Existenzen und damit natürlich auch Arbeitsplätze zu vernichten. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt das European Trust Institute, das die Marktregulierung in Richtung Niedrigpreis als Teil einer bedenklichen Tendenz zum „Discountry“ Deutschland sieht. „Wenn stets nur die Discount-Varianten des Marktangebots als preisliche Orientierung gelten dürfen, zerstört das jeden Wettbewerb und nimmt dem Verbraucher echte Auswahlmöglichkeiten“, so der Rechtsanwalt Florian J. Hoffmann, Leiter des European Trust Institute.
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