Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält es kaum noch in Deutschland: „Jetzt steht der Fußball und die Europameisterschaft im Vordergrund“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“ (Donnerstagausgabe) unter Hinweis auf die vorausgegangenen Proteste gegen die politischen Zustände in der Ukraine. „Die Politik hat im Vorfeld eindeutig protestiert. Sobald die Vorrunde vorbei ist, und wir weiter im Spiel sind, was ich hoffe, reise ich zu jedem Spiel der DFB-Mannschaft“, kündigte Friedrich an.
„Jetzt ist der Sportminister gefordert.“ Kabinettskollege Guido Westerwelle (FDP) Bundesaußenminister, erhofft sich von der EM „insgesamt nicht nur sportliche Höhepunkte, sondern auch Unterstützung für unser Bemühen um einen fairen Prozess und eine angemessene medizinische Behandlung für Frau Timoschenko.“ Vor Ort und auf einer anderen Protestlinie zeigt sich der deutsche Grünen-Europaabgeordnete Werner Schulz: „Statt eines De-facto-Boykotts sollten wir die Chance der EM für einen Besuch des Landes und Gespräche mit Politikern und Bürgern nutzen“. Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, erwartet sich mehr Zeichen des Protestes von den Fußball-Funktionären: „Die Fußballspieler haben ihr Zeichen vor Beginn der EM gesetzt.“ Jetzt sollten sie spielen und hoffentlich gewinnen. „Aber die Fußball-Funktionäre sollten die Gelegenheit nutzen, um noch ein eindeutiges Zeichen des Protestes gegen die undemokratischen Verhältnisse in der Ukraine zu setzen.“ Katja Kipping, Linken-Chefin, wünscht sich nicht nur ein gutes und erfolgreiches deutsches Spiel in Charkow. „Ich wünsche mir außerdem, dass Bundestrainer Joachim Löw die Öffentlichkeit nutzt und klare Worte zu den Menschenrechtsverhandlungen in der Ukraine, vor allem im Fall von Julia Timoschenko, findet“, so die Politikerin gegenüber der LVZ. Claudia Roth, Grünen-Vorsitzende, sagte: „Wichtig ist, dass der politische Druck auf die ukrainische Regierung auch nach der EM nicht aufhören darf, Menschen- und Bürgerrechte zu achten und nicht weiter mit Füßen zu treten.“ Frank-Walter Steinmeier, SPD-Fraktionschef im Bundestag, ist zufrieden, dass sich Trainer und einzelne Spieler vor Beginn der EM eindeutig geäußert hätten. „Wir dürfen über die unhaltbaren Zustände in der Ukraine nicht hinwegsehen. Aber jetzt läuft das Spiel. Und ich hoffe, wir gewinnen.“ So ähnlich sieht es auch Volker Kauder, Unionsfraktionschef im Bundestag: „Die Regierung der Ukraine hat gezeigt, dass sie auf keinerlei Zeichen des Protestes reagiert hat. Aber es hilft ja nichts: Ich hoffe, dass unsere Mannschaft gut spielt und gewinnt.“ Die Politiker hätten ein Zeichen gegeben: „Keiner von uns ist hingefahren. Mehr kann man jetzt auch nicht mehr tun.“ Niedersachsens CDU-Ministerpräsident David McAllister, sagte der Zeitung: „Sportler sind keine Politiker. Ihr Ziel ist der sportliche Erfolg. Dafür müssen sie kämpfen.“ Mit ihrem Besuch in der Gedenkstätte von Auschwitz habe die DFB-Mannschaft „ein starkes Zeichen gesetzt. Das war eine wichtige Geste, die nicht nur in Polen, sondern weit darüber hinaus sehr positiv aufgenommen worden ist.“ Im Übrigen werde mit der internationalen Diskussion über die Verhältnisse in der Ukraine und die menschenunwürdige Behandlung von Julia Timoschenko ein klares Signal gesetzt. „Die Demokratien Europas schauen sehr kritisch auf die Lage in der Ukraine. Eine politisch instrumentalisierte Justiz ist mit unseren europäischen Prinzipien nicht vereinbar.“