Die Bundesbank fordert für die geplante Ansiedlung der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) eine aufwendige Änderung der EU-Verträge. Ziel müsse es sein, Interessenkonflikte zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht zu vermeiden, betonte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann im Interview mit der „Welt am Sonntag“. „Ich sehe nicht, wie das auf der vorgesehenen rechtlichen Basis zur Übertragung der Aufsichtskompetenzen an die EZB möglich ist. Eine rechtlich saubere Lösung erfordert meines Erachtens eine Änderung der EU-Verträge.“
Bislang hatte die EU-Kommission geplant, Artikel 127 des EU-Vertrages zu nutzen, der es erlaubt, der EZB ohne Vertragsänderung „besondere Aufgaben“ zu übertragen. In diesem Fall müsste nach Ansicht von Juristen das letztliche Entscheidungsrecht in der Aufsicht beim EZB-Rat liegen, der auch über die Geldpolitik bestimmt. Zuletzt hatte jedoch auch die Bundesregierung immer deutlichere Bedenken geäußert, dass diese Grundlage ausreicht, um der Notenbank die gesamte Hoheit über die Bankenaufsicht zuzuschlagen. Eine Änderung der EU-Verträge würde zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen und den Start der Bankenaufsicht weiter verzögern. Weidmann plädiert dennoch für diesen Weg. „Wenn die Politik die Bankenunion wirklich will, kann sie die notwendigen Entscheidungsprozesse zügig vorantreiben“, sagte er im Interview. „Bis dahin fände die Aufsicht wie bisher in nationaler Verantwortung statt.“ Ohnehin werde die europäische Bankenaufsicht im kommenden Jahr ihre Arbeit noch nicht aufnehmen können. Mit Blick auf das geplante Programm zum unlimitierten Kauf von Staatsanleihen durch die EZB (OMT) verteidigte Weidmann erneut seine abweichende Haltung im EZB-Rat. „Persönlich sehe ich mich keineswegs im Abseits“, sagte er. „Wir treffen Entscheidungen, die uns in den Grenzbereich unseres Mandates führen – da eine einheitliche Meinung zu erwarten, halte ich für abwegig.“ Das OMT-Programm sei seitens seiner Befürworter der ernsthafte Versuch, die Mittel der Notenbank nur dann einzusetzen, wenn gleichzeitig die Probleme in den Krisenländern an der Wurzel angepackt werden. „Aber die Notenbank begibt sich damit meiner Ansicht nach zu sehr in die Nähe der monetären Staatsfinanzierung und trifft Verteilungsentscheidungen, die in die Hände der dafür gewählten Politik gehören“, sagte Weidmann. Auch die Frage des Ausstiegs für den Fall, in dem ein Land die Auflagen nicht erfülle, sei ebenfalls ein ungelöstes Problem.