Sabine Lautenschläger, Vize-Chefin der Bundesbank, hat in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstagausgabe) davor gewarnt, die Wirkung der Geldspritze der Europäischen Zentralbank (EZB), die den Geschäftsbanken über eine Billion Euro für drei Jahre und zu einem Zinssatz von einem Prozent geliehen hatte, auf die Realwirtschaft zu überschätzen. „Selbst wenn sich das europäische Bankensystem Milliarden vom Eurosystem holt, sollte niemand erwarten, dass die Institute sofort milliardenschweres Neugeschäft eingehen. Die Milliarden landen derzeit wieder beim Eurosystem in der Einlagefazilität, wie wir sehen können“, so Lautenschläger.
In Deutschland hätten die Unternehmen momentan kein Problem mit der Kreditversorgung, in anderen Ländern allerdings schon. Die Maßnahme werde „natürlich keine Solvenzprobleme lösen können“, sagte Lautenschläger. „Aber sie entspannen die Situation am Interbankenmarkt.“ Zudem werde man sich „genau anschauen, welche Auswirkungen die Maßnahme auf das Marktverhalten der Banken hat.“ Dass es einige Banken gibt, die ohne Zentralbankgeld nicht mehr leben können, nimmt sie „sehr ernst“. Auch in Deutschland gebe es Banken, „bei denen wir das Geschäftsmodell schon vor zwei Jahren kritisch beurteilt haben“. Dass sich die EZB im Zuge der Krise immer mehr Risiken auf die Bilanz geladen hat, sieht Lautenschläger kritisch. „In der Tat nehmen die Risiken zu. In einer schweren Krise ist das zwar zu einem gewissen Grad unvermeidlich; trotzdem müssen wir in diesen Zeiten das Risiko umso sorgfältiger im Auge behalten.“ Lautenschläger glaubt außerdem, dass sich einige Banken aus der Kommunalfinanzierung verabschieden könnten. Dieses Geschäft sei sehr margenschwach, so die Bundesbank-Vizechefin, und durch die neue Regulierung würden die Kapitalkosten für die Banken erhöht. „Deshalb werden vermutlich entweder die Margen für Kommunalkredite steigen, oder die Kommunen werden sich andere Finanzierungsquellen suchen.“