Deutschland ist nach Ansicht des Präsidenten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger, nicht ausreichend auf große Evakuierungen vorbereitet, wie sie etwa in den USA angesichts des Hurrikans Sandy stattfinden. Der „Zeit“ sagte Unger: „Auf der unteren Ebene sind wir recht erfahren, etwa wie man Altenheime und Krankenhäuser mit vielen Einsatzkräften evakuiert. Aber bei nationalen Ereignissen, bei denen es um großräumige und länger anhaltende Evakuierungen mit vielen Menschen geht, müssen wir noch was tun.“
Als Beispiel für ungelöste Fragen nannte Unger mögliche Probleme von Atomanlagen: „Seit Fukushima diskutieren wir, ob wir in der Lage sind, rund um kerntechnische Anlagen großräumig zu evakuieren. Reichen dazu unsere Planungen? Dieses Problem haben wir mit den Schweizer Kollegen besprochen. Dabei entdeckten wir Defizite für den Fall, dass so ein Ereignis kurzfristig kommt und viele Menschen für längere Zeit – nicht nur einen Sonntagnachmittag lang zum Bombenräumen – evakuiert werden müssen.“ Unger vermutet konkrete Probleme bei operativen Fragen: „Eine lautet: Wie kriege ich die Menschen raus – und wer muss drinbleiben? Wenn Sie eine große Stadt wie Hamburg nehmen: Dort wird nicht nur gewohnt, sondern der Ort hat bestimmte Funktionen in der Gesellschaft und für Europa. Also muss jemand für den Elbtunnel sorgen und jemand die kritische Infrastruktur rund um den Hafen im Auge behalten.“ Neben den Atomanlagen sorgt sich Unger auch wegen der Erderwärmung: „Der Klimawandel wirft ähnliche Fragen auf wie die, mit denen sich die New Yorker Behörden in dieser Woche herumschlagen. Ich denke an den Anstieg des Meeresspiegels. Die Kollegen in den Niederlanden veranstalteten vor drei Jahren eine große Übung unter dem Namen FloodEx – mit dem Schwerpunkt Evakuierungen. Damals haben auch wir diskutiert, zu welchem Zeitpunkt man Menschen rausholt. Wir fragten uns auch: Wer versorgt in ländlichen Gebieten das Vieh?“ Für 2015 sei in Deutschland eine Übung geplant, bei der geklärt werde, „wie sich große Teile Ostfrieslands evakuieren lassen“.