Bundesagentur für Arbeit hält Hartz-IV-Recht für zu kompliziert

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) setzt sich dafür ein, das Hartz-IV-Recht zu vereinfachen. „Wir sollten das Leistungsrecht einfacher machen, um mehr Zeit zu haben, die Menschen in Ausbildung und Beschäftigung zu bringen“, forderte das BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt in einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitags-Ausgabe). Nach Angaben von Alt, der in der BA-Führungscrew für die staatliche Grundsicherung (Hartz IV) zuständig ist, setzen die Jobcenter mittlerweile die Hälfte ihrer Personalressourcen für die Berechnung der Leistungsansprüche ein.

„Wir haben seit Einführung von Hartz IV in unseren Leistungsakten etwa drei Milliarden Blatt Papier. Die durchschnittliche Akte eines Hartz-IV-Haushalts beläuft sich auf ungefähr 650 Seiten“, sagte Alt der Zeitung. Der BA-Manager sprach sich auch dafür aus, bei der Prozesskostenhilfe für Hartz-IV-Empfänger „eine Bagatellgrenze einzuführen, die verhindert, dass nur geklagt wird, weil der Staat das Verfahren bezahlt“. Alt wies darauf hin, dass es immer wieder absurde Klagen gegen die Jobcenter gebe. „Jemand hat mal Beerdigungskosten für sein Haustier beantragt. Das wurde aber vom Gericht abgelehnt. Es gibt immer wieder Menschen, die solche Dinge probieren, egal ob es ums Bezahlen von Kondomen geht, das getrennte Schlafzimmer für den schnarchenden Ehemann oder Rundungsfehler im Cent-Bereich“, erläuterte das BA-Vorstandsmitglied. Alt warnte in dem Interview vor mehr Kontrollen. „Wer will ernsthaft 6,5 Millionen Menschen in ihrem täglichen Verhalten kontrollieren? Das ist schlicht unmöglich“, sagte er. Nötig sei es, die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten konsequent anzuwenden. Das BA-Vorstandsmitglied plädierte außerdem dafür, dass der Staat Arbeitsplätze für Menschen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit stärker unterstützt. Die Arbeitsmarktpolitik sei darauf angelegt, jemanden für eine gewisse Zeit unter die Arme zu greifen, bis er die volle Leistungsfähigkeit erreicht hat. „Das schaffen aber aus objektiven Gründen nicht alle, weil sie krank, behindert oder zu alt sind. Wenn wir diese Menschen dauerhaft integrieren wollen, müssen wir sie wahrscheinlich auch dauerhaft subventionieren, etwa in Form eines Ausgleichs an die Unternehmen für die eingeschränkte Leistung“, sagte Alt. Das sei immer noch menschlicher und preiswerter, als ihnen den vollen Lebensunterhalt zu finanzieren.