Brillanz statt Präsenz: Die Nine-to-five-Mentalität hat ausgedient

Personalexperte Michael Zondler: Abschied von der Präsenzkultur erfordert neue Gehaltsmodelle

Sindelfingen, Oktober 2011 – Früher war alles besser. Alles lief geordnet, strukturiert im Arbeitsleben. Der Bürotag begann spätestens um 9 Uhr und endete gegen 17 Uhr. Und mit dem Passieren der Stechuhr ließ man alle gedanklichen Verlinkungen mit der eigenen Arbeit im Betrieb. Das ist längst Geschichte. Doch die schöne neue Arbeitswelt, die niemals schläft und vernetzt ist bis in den Jahresurlaub, bedarf der Gewöhnung für manchen, der über Jahrzehnte anderes er- und gelebt hat, wie der Harvard Business Manager http://www.harvardbusinessmanager.de berichtet. Mit neuen Arbeitsformen und Freiheiten tut sich mancher Mitarbeiter schwer, die Organisation des Home Office und der Abschied vom informellen Kollegenplausch will noch erlernt werden, so die Journalistin Karen Dillon für das renommierte Magazin: „Nachdem ich alle Informalitäten des Büroalltags lange Zeit wie selbstverständlich erlebt habe, verstehe ich jetzt, wie sehr sie die Kollegen miteinander verbindet. Wir verbringen die Pausen am Tag miteinander. Wir bedauern bei einem Stück Kuchen Dinge, die schief laufen. Wir erzählen uns Witze in den fünf Minuten vor Beginn einer Sitzung. Diese fünf Minuten gehören nicht zu den produktivsten Momenten des Tages, aber sie haben einen realen Wert für uns. Wir sind in allen informell verbrachten Minuten ein Team.“ In der neuen Rolle als Einzelkämpfer und virtueller Teamplayer zugleich findet man sich demnach nur schwer zurecht. Und Unternehmen, deren Arbeitsplatzkultur sich lange Zeit durch alles andere als Flexibilität und Eigenverantwortung auszeichnete, tun sich schwer damit, das Modell Home Office zu integrieren. Gleichwohl können sich nach einer Erhebung des Immobilienportals Immonet.de 64 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland gut vorstellen, von zu Hause aus zu arbeiten.

Für den Journalisten und Buchautor Markus Albers („Morgen komm ich später rein“ und „Meconomy“) ist das Ende der Präsenzkultur in Unternehmen längst erreicht, sagt er im QSC-Zukunftsgespräch http://blog.qsc.de/2011/03/arbeitswelt-2-0-qsc-zukunftsgesprach-mit-markus-albers: „Sicher gibt es auch viele Menschen, die sich im Büro wohl fühlen, denen feste Bürozeiten Sicherheit geben. Aber gerade junge Arbeitnehmer und vor allem die begehrten, raren Fachkräfte fordern zunehmend flexible Arbeitsbedingungen. Sie nutzen ohnehin ständig moderne Informationstechnologien. Und sie verlangen offensiv nach mehr Freizeit und Work-Life-Balance“, so seine Überzeugung. Gleichwohl gelte dies für die so genannten Wissensarbeiter, die kreative Klasse, die täglich am Rechner sitze. Die Vorteile dieser „Easy Economy“, die die Situation und Motivation von Mitarbeitern, die fest angestellt sind und trotzdem neue Freiheiten genießen, beschreibt: „Wenn Mitarbeiter nicht mehr jeden Tag ins Büro gezwungen werden, sind sie nachweislich motivierter, produktiver, kreativer und loyaler. Sie leisten mehr, kündigen seltener, haben bessere Einfälle. Dem Unternehmen fällt es leichter, die besten Talente zu rekrutieren – angesichts des steigenden Fachkräftemangels ein zentrales Argument. Außerdem spart es bis zu 50 Prozent an Immobilienfläche und Energiekosten.“ Umgekehrt könne keine Regel daraus abgeleitet werden, dass „jemand besonders loyal gegenüber seinem Arbeitgeber ist, nur weil er jeden Tag ins Büro geht.“

Gleichzeitig sind neue Gehaltsstrukturen notwendig, die ebenfalls dem Abschied von der Nine-to-five-Mentalität Rechnung tragen. Hier gibt es nach Ansicht des Sindelfinger Personalexperten Michael Zondler, Geschäftsführer des Beratungshauses Centomo http://www.centomo.de, durchaus noch antiquierte Verfahren, die der Realität kaum Stand halten: „Unternehmen werden ihre Gehaltsmodelle umstellen müssen. Die Anwesenheit im Unternehmen verliert immer mehr den Bezug zur bezahlbaren Leistung“, sagt Zondler. Gehalt dürfe sich in vielen Branchen nicht mehr an der Büropräsenz, sondern müsse sich an Arbeitsergebnissen orientieren. Wo Arbeit erledigt wird, ist zweitrangig, so lange Qualität und Professionalität nicht beeinträchtigt werden. „Brillanz statt Präsenz“ lautet daher die Devise, und das auch mit Blick auf die Rekrutierung zukünftiger Mitarbeiter, so Michael Zondler: „Beharren die Unternehmen auf der Philosophie „Anwesenheit gleich Arbeitszeit“, laufen sie Gefahr, viele High-Potentials nicht an Bord zu bekommen.“ Der Centomo-Geschäftsführer ist überzeugt, „dass der so genannte „Blended Lifestyle“ und die Nutzungsgewohnheiten sozialer Medien die Unternehmen zwingen werden, leistungsbezogene Modelle in die Fläche auszurollen.“

Die Analyse deckt sich mit den Ergebnissen des aktuellen Cisco Connected World Technology Report, wonach rund die Hälfte aller befragten Studenten von ihrem künftigem Arbeitgeber erwarten, dass es keine festgelegten Arbeitszeiten gibt und dass sie von verschiedenen Orten aus arbeiten können. Ein Drittel der Umfrageteilnehmer ist bei der Jobsuche sogar Flexibilität, Zugang zu sozialen Medien oder die Nutzung privater Geräte am Arbeitsplatz wichtiger als das Gehalt. (Andreas Schultheis)

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