Brand Proposition – Harter Kern oder heiße Luft?

Wer mich kennt, weiß, dass ich auf zweierlei Dinge allergisch reagiere: Pappel-Pollen und Werbe-Floskeln.

Ersteres begegnet mir glücklicherweise nur ein paar Tage im Frühjahr, letzteres leider saisonunabhängig und regelmäßig – in den Ergebnissen werbetreibender Mittelständler sowie deren Agenturen und Beratern.

Der Trend bei Markenaufbau (neudeutsch: „Brand Building“), Markendefinition und Positionierung nennt sich „Brand Proposition“ (altdeutsch: Markenversprechen), alternativ auch Value- oder sogar Brand-Value-Proposition (also ein Werte-Versprechen).

Böse Zungen behaupten, dass dieser schöne neue Marketingtrend vor allem einer Image-Politur dient, mit der vor allem Consumer-Marken ihre fehlende Glaubwürdigkeit geradebiegen oder mittelständische Unternehmen ihre fehlende rationale Differenzierung ausgleichen wollen. In Zeiten von Mee-Too-Produkten und -Dienstleistungen wäre dies eine durchaus nachvollziehbare Strategie.

So weit muss man gar nicht gehen. Denn ein grundsätzliches Markenversprechen zu definieren, ist absolut legitim und funktional – unter ganz bestimmten Voraussetzungen.

Ein Markenversprechen ist idealerweise

• authentisch
• verständlich 
• differenzierend

So ist das Thema Brand Proposition ein zweischneidiges Schwert. Denn die meisten Ergebnisse, die ich vor allem bei mittelständischen Unternehmen sehe, erinnern mich an floskelhafte Werbesprüche alter Schule: „Ihre Lösung“, „Marktführer in XY“, „Mehr als XYZ“ usw. Der einzige Unterschied zu den Werbebotschaften aus der guten alten Zeit ist, dass diese neuen „Value Propositions“ Ergebnisse eines zeit- und kostenintensiven Prozesses sind.

Betrachtet man die dahinterstehenden Workshopprozesse, sieht auf den ersten Blick alles wunderbar aus: gut gestaltete Präsentationscharts (meistens), komplexe philosophische Gedanken (manchmal) und vor allem viel viel Content (immer). Natürlich werden auch hier Markenkerne definiert und Positionierungen mit Werten und Attributen erstellt. Allerdings werden diese oft zu theoretisch behandelt und nicht praxisorientiert heruntergebrochen. Aber schließlich suggerieren Komplexität, Prozessdauer und eine schöne Verpackung Qualität und rechtfertigen damit hohe Honorare. Spätestens beim Betrachten des Ergebnisses ein paar Tage nach dem letzten Workshop fragt man sich jedoch, wofür das alles gut war.

Klar: Aus den Kernwerten einer Marke kann und soll ein differenzierendes Versprechen entstehen (wie das funktioniert, wenn es funktioniert, sehen Sie beim „Marktfrauentest“ auf meiner Homepage). Dieses Versprechen korrespondiert idealerweise mit dem Mission Statement des Unternehmens. Und es inspiriert idealerweise nicht nur Marketingleiter, Geschäftsführer und beratende Agentur, sondern auch Mitarbeiter und Kunden! Aber sind „Ihre Lösung“, „Marktführer“ und Co. wirklich „inspirierend“?

Wir erzielen mit unserer ganz einfachen Herangehensweise ganz andere Ergebnisse.

Die Werteversprechen unserer Kunden lauten: „Be unique and come together“ (für eine Bierbrauerei mit den Kernwerten Premium, Einzigartigkeit und Verbundenheit), „Exzellenz auf Augenhöhe“ (für einen Reiseveranstalter mit den Kernwerten Exklusivität und Verbundenheit) oder „Wir vereinen Unterschiedlichkeit und verbinden Welten“ (für einen Anbieter von IT-Integrationslösungen mit den Kernwerten Expertise und Flexibilität).

Diese Marken- und Werteversprechen, die wir gemeinsam mit unseren Kunden und ihren Mitarbeitern (!) entwickeln, entstammen nicht nur den selbst definierten Werten (und sind somit 100 % authentisch), sie vermitteln auch eine greifbare Qualität der Marke. Dadurch können sie sogar als Leitsatz für die interne Unternehmenskultur heruntergebrochen werden. Und wenn wir sie dann auch noch in der Kommunikation greifbar machen, argumentativ untermauern und emotional vermitteln, gewinnen wir damit auch Fachkräfte und Kunden.

Woran erkennt man also ein gutes Markenversprechen? Daran, dass der im Versprechen vermittelte Wert eine inspirierende Handlungsaufforderung für den Empfänger ist, die er sogar in seinem Leben integrieren könnte – ob Mitarbeiter, Bewerber oder Kunde. Dieses Prinzip nutzen nicht nur unsere Kunden, sondern auch andere erfolgreiche und bekannte Marken, wie z. B. „Mache den Unterschied“ (KÄRCHER), „Reduziere auf´s Wesentliche“ (ALDI) oder „Think different“ (Apple).

In jedem Unternehmen, ob klein oder groß, ganz gleich in welchem Markt, steckt ein Kern, der Menschen erreichen und inspirieren kann.

Meine Bitte: Finden Sie diese versteckte Perle. Erkennen Sie den wahren Kern Ihres Unternehmens, Ihrer Marke und machen Sie ihn greifbar – für Ihre Marketingkommunikation und für Ihre Mitarbeiter. Gerne unterstütze ich Sie dabei. Dann bleiben für mich nur noch die Frühjahrspollen.