Boreout: Krank durch Frustration und Langeweile

Fünf Tipps vom Psychologen für eine ausgeglichene Life-Balance

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psycheplus – Boreout

Das Burnout-Syndrom ist in den letzten Jahren zu einem allgegenwärtigen Thema geworden: Talkshows, Medien und viele Unternehmen beschäftigen sich regelmäßig damit – und immer mehr bekannte Persönlichkeiten aus Sport, Showbiz und Politik berichten öffentlich darüber, wie sie aufgrund psychischer und beruflicher Überlastung selbst einen solchen Zustand der Erschöpfung erreicht haben. Weitaus seltener hört man vom Gegenpol dieses Phänomens, dem so genannten Boreout (englisch to bore: langweilen). Dabei ist es ebenso schlecht für die Psyche, wenn man sich permanent unterfordert fühlt, weiß der Psychologe Benjamin Martens von psycheplus. Und gibt Tipps, wie man die persönlichen Anforderungen in einer gesunden Balance halten und sein Leben so harmonisch und ausgeglichen gestalten kann.

Laut einem Bericht der Bundesregierung klagen knapp zwei Drittel der jüngeren Arbeitnehmer unter 30 über Langeweile am Arbeitsplatz und geben an, in ihrem Job eigentlich mehr leisten zu können als von ihnen verlangt wird. Sie fühlen sich unterfordert und sind frustriert, weil sie nicht zeigen dürfen, was sie können. Oder weil ihr Arbeitstag nur aus lähmender Routine zu bestehen scheint. Mit oft weit reichenden Folgen.

Gegenpol des Burnout: Krank durch Unterforderung
„Ebenso wie eine permanente Überbelastung können uns auch Unterforderung, Langeweile und fehlende Erfolgserlebnisse unter Stress setzen – und mit der Zeit zu gravierenden psychischen Problemen führen“, weiß der Psychologe Benjamin Martens von psycheplus. Die mit einem Boreout verbundenen Gefühle von Frustration, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit verschwinden schließlich nicht automatisch nach Dienstschluss und beeinträchtigen damit nach und nach immer größere Lebensbereiche. Am Ende einer solchen Entwicklung stehen dann oft der Verlust der Lebensfreude und sogar körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Magenschmerzen oder Tinnitus. Dabei bringen viele Betroffene diese Alarmsignale zunächst nicht einmal mit ihrem Job in Verbindung – oder sie haben Hemmungen, sich den Zusammenhang einzugestehen.

Boreout-Devise: Nur nichts anmerken lassen
„Wer bis zur Erschöpfung arbeitet und schließlich Burnout-Symptome zeigt, stößt in unserer Gesellschaft heute auf viel Verständnis. Verwunderte Blicke hingegen erntet man hingegen meist, wenn man zugibt, dass man sich schlecht fühlt, weil man zu wenig zu tun hat“, so der Psychologe. Auch deshalb entwickeln viele unterforderte Arbeitnehmer Verhaltensstrategien, um ihr Problem zu verschleiern und bei der Arbeit besonders ausgelastet zu wirken. „Nicht wenige demonstrieren dann besonderes Engagement, bleiben extra lange im Büro und wirken auf ihr Umfeld eher wie klassische Burnout-Kandidaten“, weiß Benjamin Martens. Er widerspricht zugleich entschieden der Annahme, die Betroffenen seien einfach faul oder arbeitsscheu: „Im Gegenteil! Boreout-Kandidaten leiden massiv darunter, dass sie viel leisten wollen, aber nicht können.“

Raus aus dem Trott!
Sich dies einzugestehen, ist bereits der erste Schritt zur Lösung des Problems. Der zweite sollte Betroffene unbedingt zu ihrem Chef führen, rät der psycheplus Experte: Wer quantitativ unterfordert ist, also schlicht zu wenig Arbeit hat, könnte eine Reduzierung der Arbeitszeit anregen – und die gewonnene Freizeit beispielsweise in ein anspruchsvolles Hobby investieren. Wer qualitativ unterfordert, also unterhalb der eigenen Qualifikationen und Fähigkeiten eingesetzt ist, sollte dagegen auf die Übernahme eines neuen Projektes oder den Wechsel in einen anderen Unternehmensbereich dringen. Stellt sich der Arbeitgeber quer, sollte ein Wechsel des Arbeitsplatzes in Erwägung gezogen werden. Ist ein Jobwechsel nicht möglich, sollten Betroffene zumindest im privaten Umfeld einen Ausgleich schaffen: „Die gesuchte Herausforderung muss nicht unbedingt im Büro zu finden sein. Manchmal hilft auch ein anspruchsvolles Hobby, zum Beispiel das Erlernen einer Sprache, um die Routine zu durchbrechen. Gelingt es den Betroffenen, ihren alten Trott zu überwinden und Neues auszuprobieren, ist häufig schon viel gewonnen“, so Martens.

Das Leben als Ganzes betrachten
Um einer Unter- wie auch Überforderung auf Dauer vorzubeugen, sollte jeder Einzelne auf ein ausgewogenes Verhältnis der verschiedenen Lebensbereiche, im Berufs- wie Privatleben, achten. Den Begriff Work-Life-Balance sieht der psycheplus Experte dabei allerdings kritisch: „Dieses Modewort begreift Arbeit als Gegenpol anstatt als Teil unseres Lebens. Nachdem sich in unserer Gesellschaft die Grenzen zwischen den Lebensbereichen aber immer mehr auflösen, sollten wir besser von einer „Lifebalance“ sprechen und das Leben als Ganzes betrachten“, betont der Psychologe. Seine Empfehlung: Alle Lebensbereiche mit derselben Wertigkeit betrachten und darauf achten, dass Körper, Geist und Seele gleichermaßen auf ihre Kosten kommen.

Leben in Balance: Fünf Tipps vom Psychologen
Aber ein Gleichgewicht zwischen privaten und beruflichen Aktivitäten herzustellen, klingt für die meisten einfacher als es tatsächlich ist: „Damit die täglichen Verpflichtungen bei der Planung nicht immer wieder die Oberhand gewinnen, sollte man sich auch für wichtige Ausgleichsaktivitäten feste Termine im Kalender eintragen und diese auch unbedingt einhalten“, empfiehlt der psycheplus Experte.
Zu einer gesunden Lifebalance gehört neben körperlicher Betätigung auch ausreichend Zeit für soziale Kontakte. Ein Treffen nach Feierabend bietet einen guten Anreiz, das Büro pünktlich zu verlassen – „und das nette Gespräch am Abend liefert wieder Kraft und Inspiration für die nächsten Aufgaben“, so der Psychologe.
Wird der Job phasenweise richtig stressig, ist das noch kein Anlass zur Sorge: Selbst mit sehr hoher Beanspruchung kommen wir in der Regel gut zurecht, so lange irgendwann auch wieder ein Ende der Überstunden in Sicht ist. Dennoch sollten Betroffene in Belastungsphasen unbedingt darauf achten, dass sie ihren inneren Akku nicht völlig auslasten und gegebenenfalls rechtzeitig Grenzen setzen.
„Das Gespräch mit dem Vorgesetzten sollte ebenfalls gesucht werden, wenn die täglichen Aufgaben den Arbeitstag regelmäßig nicht ausfüllen“, rät Benjamin Martens. Unter Umständen bieten flexible Arbeitszeitmodelle eine für beide Seiten vorteilhafte Lösung: Arbeitszeitkonten, die in „heißen Phasen“ mit Guthaben aufgefüllt und später wieder reduziert werden können, erlauben eine Anpassung der Präsenzzeiten an die wechselnden Bedürfnisse des Unternehmens – und sorgen auch in ruhigeren Zeiten für motivierte Mitarbeiter.
Wer das Gefühl hat, in einer Tretmühle zu leben, ist aber vielleicht auch reif für das so genannte „Downshifting“: Ein Trend, der in den letzten Jahren zunehmend Anhänger findet. Die Idee dahinter: Immer mehr Konsum hinterlässt immer weniger Zufriedenheit – weniger kann mehr sein. „Indem man sich auf das Wesentliche beschränkt, erfährt man häufig mehr Tiefe: Durch die Abkehr von Modediktaten und Statusdenken gewinnt der Einzelne eine neue, innere Freiheit, die viele als große Bereicherung erleben“, weiß der psycheplus Experte. Das macht es leichter, zum Beispiel die Arbeitszeit bewusst zu reduzieren, sich ein Sabbatical (eine Auszeit) zu gönnen oder die gewonnene Zeit mit neuen Aktivitäten zu verbringen. Die Lebensqualität und die persönliche Zufriedenheit können sich dadurch spürbar verbessern.
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