Fast ein Drittel aller Leistungen wegen Berufsunfähigkeit (BU) zahlen die Versicherungen wegen Erkrankungen der Nerven und psychischer Störungen. Das ergab eine Analyse der Rating-Agentur Morgen & Morgen.
Der Anteil von Depressionen, Burn-out und ähnlichen Krankheitsbildern als Ursache für die Arbeitsunfähigkeit ist gegenüber der letzten Analyse vor zwei Jahren nochmals deutlich gestiegen. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig die finanzielle Absicherung ist. Deshalb ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll.
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Psychische Erkrankungen häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit
Die traurige Hitliste hat sich hinsichtlich der Reihenfolge der BU-Ursachen von 2015 nach 2017 nicht geändert. Spitzenreiter sind Nerven- und psychische Erkrankungen mit 31,3 % (2015: 28,6 %). Platz zwei nehmen weiterhin die Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates ein. Ihr Anteil ist leicht rückläufig von 21,4% auf 21,0 %.
Krebs und andere bösartige Geschwulste folgen auf Platz drei, ebenfalls mit fallender Tendenz von 16,4 % auf 15,9 %. Herz- und Gefäßerkrankungen liegen noch hinter Unfällen nur auf dem fünften Rang.
Der Vormarsch von psychischen Erkrankungen wird übrigens von den Statistiken der gesetzlichen Rentenversicherung bestätigt. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der darauf zurückzuführenden neuen Erwerbsminderungsrenten um mehr als 40 % erhöht. Zahlreiche Studien belegen den Zusammenhang mit der Stressbelastung im beruflichen Alltag.
Junge Menschen von Arbeitsunfähigkeit besonders betroffen
Auffällig ist, dass Nerven und Psyche besonders in den jüngeren Altersklassen als BU-Ursachen verbreitet sind. Sind die Versicherten erst einmal über fünfzig, fällt der Anteil von über 30 % auf 21 %. Das dürfte aber weniger daran liegen, dass die älteren Arbeitnehmer oder Selbstständigen psychisch stabiler sind. Hauptgrund für die geänderte Verteilung ist die altersbedingte Zunahme anderer – körperlicher – Ursachen.
Vorsicht Büro: Berufsunfähigkeit droht auch dem Sachbearbeiter
Dennoch erbringt die Ursachen-Analysen den eindeutigen Beweis, dass es keine „ungefährlichen“ Berufe gibt. Die 2016 von Handelsblatt-Autor Martin Dowideit verbreitete These, junge Leute in einem Büroberuf benötigten unter Umständen keine BU-Versicherung, ist also höchst gefährlich.
Natürlich gibt es bei körperlich anstrengenden Berufen ganz andere Verschleißerscheinungen – typisch etwa Kniebeschwerden beim Fliesenleger und Pflasterer. Krebs und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, aber auch multiple Sklerose können jeden treffen und führen auch beim Controller, Buchhalter oder Teamleiter zur Berufsunfähigkeit.
Stresserkrankungen durch Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck sind bei Verwaltungsangestellten sogar häufiger anzutreffen – Stichworte Digitalisierung, Kostenreduzierung, Standortschließungen, Sorge um den Arbeitsplatz.
Risiko für Berufsunfähigkeit in unscheinbaren Berufen
Die landläufig vertretene Ansicht, in einem Büroberuf könne es gar keine Berufsunfähigkeit geben, ist schlichtweg falsch. Hier liegt eine Verwechslung zwischen Erwerbsunfähigkeit („ich kann nie wieder arbeiten“) und Berufsunfähigkeit („ich kann in meinem Beruf nicht mehr arbeiten“) vor.
Die Sozialversicherung zahlt die volle Rente nur, wenn der Versicherte irgendeinen Beruf auf Dauer nicht mehr für mindestens drei Stunden am Tag ausüben kann. Die private BU-Versicherung sichert dagegen den sozialen Status ab auf Basis des aktuell ausgeübten Berufs, der Ausbildung und der Fähigkeiten.
Die BU muss zwar voraussichtlich dauerhaft vorliegen, abhängig vom versicherten Prognosezeitraum (zum Beispiel sechs Monate) ist aber auch eine temporäre Rentenzahlung denkbar, wenn die weitere Entwicklung nicht absehbar ist.
Analyse der Ablehnungsgründe in der BU-Versicherung
In der aktuellen Studie von Morgen & Morgen wurden auch die Gründe analysiert, warum die Versicherungen nicht zahlen. Hier steht die BU-Versicherung stets in der Kritik – zu Unrecht, wenn man genauer hinschaut.
Der Leistungsantrag ist ein komplexes Thema, und die Versicherer stellen auch im Interesse der Versichertengemeinschaft und bezahlbarer Beiträge sicher, dass sie nur das bezahlen, was vertraglich vereinbart war. Im Schnitt werden 70 % der beantragten Leistungen auch gewährt.
Ablehnung der Berufsunfähigkeitsrente
Morgen & Morgen kommt zu dem überraschenden Ergebnis, dass fast 36 % der „Ablehnungen“ darauf zurückzuführen sind, dass sich der Kunde nach einem ersten Leistungsantrag nie wieder meldet. Dass das Ausfüllen des Antrags und das Beibringen angeforderter Bescheinigungen zu viel Arbeit ist, wenn es um mehrere hundert oder tausend Euro Monatsrente geht, ist wohl kaum anzunehmen.
Der erste echte Ablehnungsgrund mit knapp 34 % ist dadurch gegeben, dass der Versicherte noch mehr als die Hälfte seiner Leistungsfähigkeit besitzt – bedingungsgemäß wird erst ab einer BU von 50% geleistet. Die Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten folgt in deutlichem Abstand mit nur 9 %.
Hier geht der Appell an Versicherte und Vermittler: Nehmen Sie den Risikofragebogen des Versicherers ernst. Es nützt nichts, hier zu schwindeln. Eine billige Prämie für eine Versicherung, die im Schadenfall nicht zahlt, ist rausgeworfenes Geld.
Klausel zur Verweisung auf andere Berufe
Die in der Presse und bei Verbraucherschützern heiß diskutierte Verweisung auf einen anderen, sozial adäquaten Beruf ist dagegen in der Praxis so gut wie nicht relevant. Die sogenannte abstrakte Verweisung – also der Verweis auf einen möglichen Beruf, in dem es aber gar keine freien Stellen gibt – ist in aktuellen Verträgen praktisch nicht mehr vereinbart.
Die Ablehnungsquote aus diesem Grund liegt folglich bei marginalen 0,46 %. Auch die konkrete Verweisung ist mit 0,85 % bedeutungslos. Geht ein derartiger Fall vor Gericht, fällt das Urteil oft zugunsten des Kunden. Einen Beruf mit geringerem Sozialstatus muss der Versicherte selbst bei gleichem Einkommen nicht akzeptieren, und genau daran wird die konkrete Verweisung scheitern.