Zwischen Brescia, dem Weingebiet Franciacorta, dem Iseosee, dem Alpental Valle Camonica und dem Gardasee laden fünf Weitwanderwege mit historischem Hintergrund zu entschleunigten Touren. Wer mag, wandert tage- oder wochenlang. Einzelne Etappen eignen sich für Tagesausflüge.
Via delle Sorelle – von Brescia nach Bergamo
Die 130 Kilometer lange Via delle Sorelle, der „Weg der Schwestern“, verbindet die Städte Brescia und Bergamo. Schwesterlich haben sich die beiden historischen Konkurrentinnen 2023 den Titel „italienische Kulturhauptstadt“ geteilt. Sechs Etappen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade führen durch Wälder, durch drei Weingebiete und Dutzende kleine Orte. Egal für welche Richtung sich Wandernde entscheiden – am Start und am Ziel hat die Route Welterbe zu bieten. In Brescia ist das Santa Giulia, ein Klosterkomplex aus der Zeit der Langobarden-Herrschaft. In Bergamo die „Città Alta“, die hoch auf einem Hügel thronende Altstadt. Tages-Etappen lassen sich der individuellen Kondition anpassen. Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten gibt es zuhauf und wenn die Beine müde werden, bieten vielerorts Bus oder Bahn ihre Dienste an.
Via Valeriana
Die Via Valeriana, eine von den Römern unter Kaiser Valerian angelegte Verbindung zwischen Iseosee und Alpen, gehört für viele zu den schönsten Wanderrouten Italiens. Rund 190 Kilometer schlängelt sie sich durch malerische Landschaft, bietet atemberaubende Panoramen. Aussicht vom Feinsten genießen Wandernde dabei auf Monte Isola, der im Iseosee gelegenen höchsten Berginsel Europas. Kaum haben sie den See hinter sich gelassen, wartet mit den „Pyramiden von Zone“ das nächste Highlight. Geradezu mystisch wirken die Steinformationen, die im Laufe der Jahrtausende durch Erosion hier, in den Ausläufern der Südalpen, entstanden sind. Wer die Via Valeriana von Anfang bis Ende beschreiten möchte, beginnt in Brescia, wandert durch die Franciacorta, weiter am Ufer des Iseosees, durch das Camonica Tal und erreicht schließlich Edolo. Hier teilt sich die Via Valeriana. Ein Abzweig führt zum Aprica Pass (1176 m) und von dort nach Tirano – Endstation des ab Sankt Moritz pendelnden Bernina-Express. Alternativ lässt sich der Weg ab Edolo zum Tonale Pass (1884 m) und weiter nach Sondrio im Trentino wandern.
Cammino Carlo Magno
Der nach Karl dem Großen benannte Wanderweg führt von Bergamo durch das Camonica Tal nach Carisolo in Trentino-Alto Adige. Die Route folgt Wegen, die schon in der Antike wichtige Verbindungen zwischen der Welt diesseits und jenseits der Alpen gewesen sind. Karl der Große, erster abendländischer Kaiser des Mittelalters, könnte 773 auf dieser Route ins Stiefelland gekommen sein. Genau weiß man es nicht. Auf jeden Fall bietet die 225 Kilometer lange und in zwölf Etappen unterteilte Wanderstrecke reichlich Impressionen. Architektonische Kleinode, historische Weinberge, mittelalterliche „Borghi“ wollen entdeckt werden. Zum Beispiel Bienno, einer der „borghi più belli d’Italia“. Schon 10 000 Jahre vor dem Eroberungszug des „Carlo Magno“ zog es Menschen von nah und fern in die Val Camonica, das vermutlich eine bedeutende Kultstätte war. Faszinierend sind Hunderttausende Zeichen von Himmelskörpern, Tieren und Menschen, die prähistorische Künstler hier hinterlassen haben. 1979 erlangten die Felsritzungen des Camonica-Tals als erste Stätte in ganz Italien Welterbe-Status.
Cammino di Santa Giulia
Unterteilt in 30 kunsterfüllte Etappen führt dieser, der Heiligen Julia gewidmete Weg durch Toskana, Emilia Romagna und Lombardei. Die lombardische Provinzhauptstadt Brescia ist Endpunkt der Route. Hier ist thematische Höhepunkt des Weges erreicht. Denn nach Brescia hatten Desiderius und Ansa, das letzte Langobarden-Herrscherpaar, die Gebeine der Heiligen Julia im Jahr 763 n. Chr. bringen lassen – in das von ihnen gegründete Kloster. Heute gehört der Klosterkomplex San Salvatore Santa Giulia zum Welterbe und beherbergt unzählige Exponate zur mehrere Jahrtausende umspannenden Stadtgeschichte. Auch die Reliquien der Heiligen Julia werden hier bis heute aufbewahrt.
Cammino di Sant’Ercolano
Benannt nach dem Heiligen Ercolano, dem einstigen Bischof von Brescia, führt dieser Weg auf dem Gebiet der Gardasee-Gemeinde Toscolano Maderno in drei Ringen vom Seeufer in voralpine Höhen. So unterschiedlich wie das Territorium sind auch die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Runden. Angefangen mit einem sieben Kilometer langen „urbanen“ Parcours in Ufernähe, über eine knapp 30 Kilometer lange Runde, bei der mehr als 1000 Höhenmeter bewältigt werden wollen, bis zur 63-Kilometer-Runde für Wandernde mit Bergsporterfahrung. In jeder Höhe gibt es viel zu entdecken. Toscolano Maderno war für seine Papierfabriken bekannt – neben einem interessanten Museum erinnern überwucherte Ruinen im idyllischen Tal an vergangene Industriegeschichte. Im wahrsten Sinne Höhepunkt der Route ist der Monte Pizzocolo. Auf seinem Gipfel bietet sich eines der schönsten Gardasee-Panoramen überhaupt.
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