Der Kompromiss, den Nokia Siemens Networks (NSN) und Arbeitnehmervertreter zum Erhalt des Münchner Standortes ausgehandelt haben, könnte einer arbeitsgerichtlichen Prüfung in wichtigen Punkten womöglich nicht standhalten. „Ich sehe ein erhebliches Rechtsrisiko“, sagte Volker Rieble, Professor für Arbeitsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), der „Süddeutschen Zeitung“, angesichts der Sonderregelungen für Gewerkschaftsmitglieder. Die IG Metall hat mit der Firmenleitung von NSN ausgehandelt, dass ihre Mitglieder, die in der Transfergesellschaft wechseln, 80 Prozent des bisherigen Gehalts bekommen sollen – die anderen Beschäftigten dagegen nur 70 Prozent.
Außerdem hat die IG Metall für ihre Mitglieder eine höhere Abfindung ausgehandelt. Für Nicht-Gewerkschaftsmitglieder soll sie ein Jahresgehalt betragen, IG-Metaller sollen 10.000 Euro mehr bekommen. „Eine Gleichbehandlungsklage hat sicher Aussicht auf Erfolg“, sagt Rieble. Insbesondere an der hohen Differenz bei den Abfindungen könnten sich Arbeitsrichter stören, sagt er. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat erstmals 1967 über Extra-Zahlungen für Gewerkschaftsmitglieder geurteilt. Damals lehnten die Richter jede Sonderleistung ab. Sie argumentierten, mit den Boni solle nur Druck auf Arbeitnehmer ausgeübt werden, einer Gewerkschaft beizutreten. Später gab es aber auch Urteile, die gewisse Privilegien für Gewerkschaftsmitglieder billigten. Auch bei der Regelung von NSN dürfte entscheidend sein, ob die Mitarbeiter dadurch unter Druck gesetzt werden, in die Gewerkschaft einzutreten. „Wenn unzumutbarer Beitrittsdruck ausgeübt würde, wäre das ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit und das wäre damit verfassungswidrig“, sagt Professor Martin Franzen, der ebenfalls an der LMU lehrt.