Altersarmut: Rentenexperten kritisieren Beispielrechnungen von Ministerin von der Leyen

Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) gerät wegen ihrer Beispielrechnungen zur Entwicklung der Altersarmut immer heftiger in die Kritik: Nach der Rentenversicherung greift nun auch der Vorsitzende des einflussreichen Sozialbeirats, Franz Ruland, die Ministerin an. Ähnliche Kritik kam auch vom Bundesverband der Rentenberater. „Die Zahlen des Ministeriums sind ärgerlich, weil mit ihnen wegen des untauglichen Versuchs, die Zuschuss-Rente zu begründen, die Rentenversicherung schlecht geredet wird“, sagte Ruland der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochausgabe).

Es gelinge dem Ministerium nicht, mit seinen Berechnungen die Notwendigkeit einer Zuschuss-Rente zu begründen. Diese gingen von Personen aus, die 35 Jahre lang in die Rentenversicherung eingezahlt hätten. Jedoch werde die Altersgrenze für die Rente derzeit auf 67 angehoben, „Versicherte können also auf wesentlich mehr Zeiten kommen, die ihre Rente steigern; bei den meisten ist das heute schon der Fall.“ Nach Rulands Aussagen werde in den Berechnungen des Ministeriums zudem außer Acht gelassen, dass zwar das Rentenniveau gesenkt werde, diese Einbußen aber durch die steuerlich geförderte betriebliche und private Vorsorge ausgeglichen werden solle. „Die sich daraus ergebenden Leistungen sind aber in den Berechnungen nicht aufgeführt.“ Das verwundere ihn, betonte der Renten-Experte, da nach einer Übergangsphase ohne eine langjährige private Vorsorge kein Anspruch auf eine „Zuschuss-Rente“ bestehe. Im Übrigen habe das Ministerium immer wieder zu Recht darauf hingewiesen, dass aus niedrigen Renten wegen anderer Einkommen kein Rückschluss auf Altersarmut gezogen werden könne, betonte Ruland. Zumal es immer mehr Haushalte mit zwei Renten gebe. Auch Martin Reißig, Präsident des Bundesverbands der Rentenberater, warf von der Leyen vor, die zukünftigen Renten in ihren Beispielen „nicht sachgerecht“ errechnet zu haben. „Die Ministerin lässt dabei zukünftige Rentenzahlungen auf einen fiktiven Wert herunterrechnen, der mit der Realität nicht übereinstimmt“, sagte Reißig der Zeitung. „Das ist eine echte Trickserei.“ Das Arbeitsministerium habe zwar zunächst die Nettorente aus den Bruttoarbeitsentgelten und Entgeltpunkten korrekt ermittelt. Dann aber seien diese Beträge mit dem zukünftigen Rentensicherungsniveau von 43 Prozent des Nettolohns verquickt worden. „Dadurch werden zwei Werte miteinander verbunden, die eigentlich nicht in direkter Beziehung stehen“, kritisierte der Rentenexperte. Richtiger wäre es gewesen, die ermittelte Nettorente mit dem voraussichtlichen Grundsicherungsniveau im Jahr 2030 zu vergleichen.