Alles unter einem Dach

Zum 1. Januar 2013 werden die jetzigen neun regionalen Sozialversicherungsträger der Landwirtschaft in einen Bundesträger umgewandelt. Künftig fungiert unter dem einen Dach der Sozialversicherung für Landwirte, Forsten und Gartenbau das System der landwirtschaftlichen Sozialversicherung mit Alterssicherung, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung. Der Sitz der neuen Hauptverwaltung wird in Kassel sein.

Die Schaffung eines bundesweiten Trägers ist die Antwort des Gesetzgebers auf den anhaltenden Strukturwandel in der deutschen Landwirtschaft. Die Anzahl der Beschäftigten und der Betriebe in der Landwirtschaft ist seit Jahren rückläufig. Weniger Erwerbstätige haben natürlich auch weniger Beitragszahler zur Folge und somit wächst die Belastung für die Beitragszahler. In den nächsten Jahren wird sich diese Lage aufgrund des demographischen Wandels noch zuspitzen.

Mit der Neuorganisation soll die Effizienz des Systems erhöht werden und die Zukunftsfähigkeit der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sicher stellen. Des Weiteren soll durch die Bildung einer einheitlichen Sozialversicherung die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen auf regionaler Ebene durch unterschiedlich hohe Beiträge zur Unfall- und Krankenversicherung gleich strukturierter Betriebe abgebaut werden. Für die neu geschaffene Solidargemeinschaft müssen jetzt auch ganz neue Maßstäbe der Beitragsbemessung in der landwirtschaftlichen Unfall- und Krankenversicherung geschaffen werden, die für das ganze Bundesgebiet gelten. Zwar hat der Gesetzgeber dafür einen Rahmen vorgegeben, aber innerhalb dieses Rahmens hat die Selbstverwaltung des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ein Gutachten zur Umsetzung eines einheitlichen Beitragsmaßes in Auftrag gegeben.

Bis zum Jahr 2017 ist eine gleitende Anpassung der Beiträge an den neu zu ermittelnden Beitrag vorgesehen, damit eine finanzielle Überforderung der Betriebe vermieden wird. In der Satzung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sind Härtefallregelungen vorgesehen, um in Einzelfällen unzumutbare Beitragserhöhungen in der Übergangszeit auszuschließen.

In den Jahren 2012 bis 2014 unterstütz die Bundesregierung die Umstrukturierung der Agrarsozialpolitik mit 150 Millionen Euro und unterstreicht somit die Bedeutung der Landwirtschaft. Wohin die Gelder fließen ist noch unklar. Es ist zu vermuten, dass mit den 150 Millionen Euro Verwaltungskosten des Umstrukturierungsprozesses bestritten werden.

Eine zweite Neuerung birgt das Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung bei der sogenannten Hofabgabeverpflichtung.

Seit 1957 sieht die Hofabgabeklausel den Verkauf, die Übergabe an Nachkommen oder die langjährige Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebes als Bedingung für den Bezug einer Regelaltersrente oder auch einer Altersrente wegen Erwerbsminderung vor. Bisher ist auch die Abgabe des Hofes an die Ehefrau nur möglich, wenn diese mindestens 10 Jahre jünger als der Landwirt ist. Vom Gesetzgeber wurde die Hofabgabeklausel mit von strukturpolitischen Erfordernissen begründet und die Förderung der Übergabe an die jüngere Generation gefördert.

Viele Landwirte, denen kein geeigneter Nachfolger zur Verfügung steht, verzichten gezwungenermaßen auf ihre Rente und bewirtschaften stattdessen ihren landwirtschaftlichen Betrieb weiter. Kinderlose Landwirte werden ebenso wie Frauen durch diese Regelung benachteiligt. Viele Frauen können nur dann ihre Rente erhalten, wenn ihr Mann den Hof abgibt, ohne dass sie dies beeinflussen könnten. Zudem sind die von den Landwirten eingezahlten Beiträge in die Alterskasse der Landwirte für sie verloren, wenn sie den Hof nicht abgeben. Dies stellt einen enteignungsgleichen Eingriff dar. In Deutschland steht diese Regelung seit langem in der Kritik.

Bei der Neuordnung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung vor, wird an der Hofabgabeklausel im Grundsatz festgehalten. Folgende Modifizierungen sind aber im Gesetz enthalten, die insbesondere der Abgabe unter Ehegatten zugute kommt:

  • Zulässigkeit einer Hofabgabe unter Ehegatten ohne Altersgrenze,
  • Erleichterung des Ausscheidens aus Personengesellschaften und juristischen Personen.
  • Die gewerbliche Tierhaltung auf den zurückbehaltenen Flächen wird beim Rentenbezug gestattet.