Zeitung: Hartz-IV-Empfänger gehen beim Betreuungsgeld leer aus

Hartz-IV-Empfänger sollen nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochsausgabe) vom Betreuungsgeld nicht profitieren. Nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition wird ihnen die neue Leistung zwar ausgezahlt. Anschließend soll der Betrag aber in voller Höhe vom Arbeitslosengeld II abgezogen werden.

Eine entsprechende Regel soll in den Gesetzentwurf aufgenommen werden, den das Familienministerium erstellt. Die Regelung könnte den Streit in der Koalition entschärfen. Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte am Dienstag, „das Betreuungsgeld muss angerechnet werden“. Eine solche Regel gebe es ja auch beim Kindergeld. Das Familienministerium wollte die geplante Anrechnung weder bestätigen noch dementieren. Ein Sprecher wies darauf hin, dass man sich zu den Details des Gesetzentwurfes erst äußern werde, wenn er fertig sei. In Kreisen der Unionsfraktion hieß es jedoch, die Verrechnung werde in dem Gesetz „sicher eine Rolle spielen“. Schon bei der Sitzung des Koalitionsausschusses im November seien die Teilnehmer „implizit davon ausgegangen, dass es eine Anrechnung geben wird“. Bei dieser Sitzung hatten Union und FDP beschlossen, für Eltern, die ihr Kind nicht in eine Krippe geben, im Jahr 2013 ein Betreuungsgeld einzuführen. Es soll zunächst 100 Euro monatlich für Einjährige betragen. Von 2014 an sollen dann 150 Euro für ein und zwei Jahre alte Kinder gezahlt werden. Bei der jetzt geplanten Regelung würden Hartz-IV-Empfänger das Betreuungsgeld zwar erhalten, anschließend würde es ihnen aber in voller Höhe von der Hartz-Leistung abgezogen. In Regierungskreisen hieß es, dies sei rechtlich auch gar nicht anders möglich. Zum einen könne man Eltern, die Hilfe-Empfänger seien, das Betreuungsgeld nicht verweigern. Zum anderen sei Hartz IV aber eine reine Mindestsicherung. Wenn sich das Einkommen um die 150 Euro Betreuungsgeld erhöhe, müsse die Hartz-Leistung zwangsläufig entsprechend sinken. Deswegen gebe es diese Anrechnungsregel auch beim Elterngeld. Gegen das Betreuungsgeld gibt es in der Koalition erheblichen Widerstand. Ende März hatten 23 CDU-Abgeordnete in einem Brief an ihren Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder angekündigt, im Parlament gegen die neue Familienleistung zu votieren, falls diese unverändert zur Abstimmung gestellt wird. Mit der Anrechnung der neuen Leistung könnten viele Kritiker befriedet werden. Die Familienpolitiker hatten durch das Betreuungsgeld Fehlanreize befürchtet: Eltern aus prekären Familien könnten sich wegen der Barleistung dafür entscheiden, ihr Kind nicht in eine Krippe zu geben, obwohl genau diese Kinder vom Besuch einer solchen Einrichtung besonders profitieren würden. Durch den Ausschluss von Hartz-IV-Empfängern wäre dieses Problem zum Teil gelöst. Die Haushaltspolitiker wiederum hatten die hohen Kosten des Betreuungsgeldes beklagt, dafür sind von 2014 an jährlich 1,2 Milliarden Euro veranschlagt. Durch die Einsparungen bei den Hartz-Leistungen würden die Ausgaben sinken. Einige Sicherheitspolitiker sehen in dem Betreuungsgeld einen weiteren Anreiz für den Zuzug in das deutsche Sozialsystem. Mit der Anrechnung würde es diesen Anreiz nicht geben. Auch die FDP könnte zufrieden sein: Die Liberalen hatten das von der CSU durchgesetzte Betreuungsgeld nur widerwillig akzeptiert. Gewinnerin der Lösung wäre auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen: Ihr Etat würde um die Minderausgaben bei Hartz IV entlastet. Im Haushalt des Familienministeriums würde sich dagegen nichts ändern, da das Betreuungsgeld ja zunächst gezahlt werden muss.