Vertreter der Provisionsfront brauchen Lesehilfe
Verbund Deutscher Honorarberater begrüßt Eckpunkte des BMELV
Die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) am 13. Juli 2011veröffentlichten 10 Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung des Berufsbildes der Honorarberatung sind in deutscher Sprache gehalten und klar formuliert. Bei einigen Interessenvertretern des Finanzvertriebs führt soviel Transparenz jedoch zur Verwirrung.
– Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), liest aus den Eckpunkten die Abschaffung des Berufsstandes der Versicherungsvermittler mit untauglichen sozialistischen Regulierungen.
– Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) sieht in seiner Stellungnahme als Hauptziel die Verbesserung des Verbraucherschutzes, „unter gleichzeitiger Erhaltung des Wettbewerbs der Vermittlungs- und Beratungswege“ und kritisiert jedoch zugleich die Anregung des BMELV, daß die Bundesregierung mit dem Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung die Öffentlichkeit über die Wesensmerkmale und Vorteile der Honorarberatung aufklären solle. Er versäumt dabei zu erwähnen, daß die Bevölkerung seit Gründung der Bundesrepublik ausschließlich über eine Form der Vermittlervergütung informiert wurde: die Provision.
– Die Produkt- und Serviceplattform con.fee AG verlautbart in Reaktion auf die Eckpunkte, dass Mischmodelle demnach weiterhin möglich sind. Davon steht jedoch, im Interesse aller echten Honorarberater, kein Wort im BMELV-Papier.
Der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) stellt entsprechend fest:
Unterschiedlichste lobbyistische Bestrebungen der seit Jahrzehnten vom Provisionsmodell partizipierenden Interessengruppen haben sich, zumindest aktuell, nicht durchsetzen können. Das Wort Verbraucherschutz aus dem Mund von Gesellschaften und Lobbyisten, die bisher tagein, tagaus diesem entgegengehandelt haben, ist eine erneute Verbrauchertäuschung.
Grundsätzliche Stellungnahme
In der Anlagepraxis ist es in jedem Fall sinnvoll, wenn Verbraucher zwischen den klassischen Provisionsmodellen und einem Honorarberatungsmodell wählen können. Besonders wichtig ist hier, dass der Verbraucher jeweils unmittelbar erkennen kann, mit wem er es zu tun hat und wie er die Interessenlage des Beraters einzuschätzen hat. Diese zu erkennen, ist für private Anleger oftmals nicht so einfach, denn derzeit agieren etliche unterschiedliche „Berater“ in der Finanzbranche. Für Verbraucher hängt es vielfach vom Zufall ab, ob sie an einen seriösen Berater geraten oder an einen als „Berater“ getarnten Produktverkäufer. Deshalb ist es generell zu befürworten, dass für jede Vertriebsform ein einheitlicher Begriff gesetzlich normiert wird, der dann auch zwingend gegenüber den Verbrauchern verwandt werden muss.
Berater / Vermittler-Kennzeichnung
Ob das im Eckpunktepapier des Verbraucherschutzministeriums vorgeschlagene Begriffssystem mehr Klarheit schafft, bleibt abzuwarten. Vorgesehen ist hier, dass es neben dem Versicherungs- auch noch den Anlage- und den Darlehensberater geben soll. Als Oberbegriff für Berater, die alle Sparten anbieten, soll der Begriff des „Finanzberaters“ eingeführt werden. Der Bundesverband Deutscher Honorarberater (BVDH) favorisiert den Begriff des Honorarberaters als Oberbegriff jeweils mit einem Klammerzusatz, für welche Produktgruppen eine Spezialisierung vorliegt. Ausreichend wären danach der Honorarberater (Versicherungen) sowie der Honorarberater (Finanzanlagen), wobei letztgenannter auch den Bereich der Darlehensberatung abdecken sollte. Daneben wäre es sinnvoll, wenn sich Versicherungsvermittler und Finanzanlagenvermittler ebenfalls nur noch als solche bezeichnen dürften.
Provisionsabgabeverbot
Die Erfahrungen der Versicherungsberater haben gezeigt, dass es lebensfremd ist, Beratung und Produktverkauf vollständig trennen zu wollen. Sofern eine objektive, an den Interessen des Verbrauchers ausgerichtete Beratung einen Produktbedarf erkennen lässt, muss auch ein Berater in der Lage sein, diesen Bedarf zu erfüllen. Entscheidend für den Honorarberater ist, dass seine Vergütung nicht von der Vermittlung eines Produkts abhängt, sprich er muss kein Produkt verkaufen, um etwas zu verdienen. Aus diesem Grund ist es nur konsequent, dass er sämtliche Provisionen, die er gegebenenfalls von dritter Seite für die Vermittlung eines Produkts bekommt, komplett an den Kunden weiterreichen muss. Nur so kann ein Missbrauch vermieden werden. Vor diesem Hintergrund ist es auch gerechtfertigt, dass im Versicherungsbereich das Provisionsabgabeverbot nur für Honorarberater fällt. Andernfalls würden verbraucherunfreundliche Mischmodelle etabliert.
Regulierung in der Gewerbeordnung?
Für Versicherungen existiert mit dem Versicherungsberater bereits eine Regulierung. Hier ist lediglich die Begrifflichkeit anzupassen. Für den Bereich der sogenannten freien Anlageberatung ist nur eine Regulierung sinnvoll, die den Honorarberatern die Möglichkeit verschafft, zu sämtlichen Finanzinstrumenten beraten zu dürfen. Eine Regulierung in der Gewerbeordnung wäre absolut kontraproduktiv, weil danach nur Empfehlungen zu Investmentfonds getätigt werden dürften. Die aktuellen Diskussionen im Rahmen der Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts zeigen aber, dass die freien Finanzberater zukünftig nahezu die gleichen Pflichten zu erfüllen haben, wie nach dem Kreditwesengesetz regulierte Finanzdienstleistungsinstitute. Sie werden zukünftig die Wohlverhaltens- und Organisationspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) einzuhalten haben und jährlich durch einen Wirtschaftprüfer geprüft werden. Auch werden sie künftig zwingend eine Sachkundeprüfung ablegen und eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung vorhalten müssen. Trotz dieses massiven Mehrs an Pflichten werden sie allerdings bei einer Regulierung in der Gewerbeordnung nach wie vor die gleichen Rechte wie zuvor haben. Sie dürfen nur zu Investmentfondsprodukten und geschlossenen Beteiligungen beraten. Dies ist für Honorarberater und deren ganzzeitlichen Beratungsansatz zu wenig.
Bank & Honorarberatung
Zu begrüßen ist, dass das Ministerium sich in dem Eckpunktepapier des Problems der Honorarberatung durch Banken angenommen hat und eine praktikable Lösung in die Diskussion einbringt. So sollen Banken, die die Honorarberatung anbieten wollen, entweder einen strikt getrennten Geschäftsbereich oder ein Tochterunternehmen gründen. Zusätzlich müssen angemessene Grundsätze aufgestellt werden, um zu verhindern, dass haus- und konzerneigene Produkte nicht bevorzugt werden. Auch hier gilt, dass ein als Beratung getarnter Produktverkauf schwerlich im objektiven Anlegerinteresse liegen kann. Dies gilt erst Recht, wenn nur hauseigene Produkte zum Einsatz kommen. Dieser systemimmanente Widerspruch kann nur durch eine strikte Trennung der unterschiedlichen Vertriebssysteme erreicht werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Im Rahmen der Qualitätsoffensive Verbraucherfinanz war es einhellige Meinung aller Branchenvertreter, dass Verbraucher über Finanzthemen besser aufgeklärt und umfassend informiert werden müssen. Vor diesem Hintergrund ist es als erster Schritt in diese Richtung zu begrüßen, wenn die Öffentlichkeit über die Wesensmerkmale und Vorteile der Honorarberatung aufgeklärt wird. Das Eckpunktepapier enthält insgesamt gute Ansätze, dieses Ziel zu erreichen und zugleich für die betroffenen Berater mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Ob sich die Honorarberatung langfristig gegen die klassische Provisionsvermittlung durchsetzen kann, wird der Markt entscheiden.
Info: Die im Jahr 2000 gegründete VDH GmbH Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) ist der führende Service- und Solutionsprovider für die Honorarberatung in Deutschland und Österreich. Er hat in den letzten Jahren maßgeblich das Berufsbild des Honorarberaters geformt und weiter entwickelt. Zu seinen mehr als 400 angeschlossenen Partnerunternehmen mit über 1.350 Beratern zählen Privatbanken, Vermögensverwalter, Financial Planner und freie Berater. Der VDH etablierte in den letzten zehn Jahren durch den Aufbau der gesamten Infrastruktur die Honorarberatung in Deutschland. Hierzu zählen die MiFID- und VVG-konforme Beratungstechnologie, Abrechnungssysteme inkl. der automatisierten Erstattung von Kickbacks, Vertragsmuster, Honorarmodelle und -Ordnung, sowie die gesamte Honorar-Produktwelt mit mehr als 250 Produktgebern. Derzeit betreuen die dem VDH angeschlossenen Beratungsunternehmen über 1 Mrd. Euro Wertpapiervermögen, sowie mehr als 800 Mio. Euro Versicherungsbeitragssumme. Die Entwicklung des Berufsbildes „Honorar-Berater“ zum Standesberuf gehört zu den erklärten Zielen des VDH.
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