Da es Chinas Automobilherstellern bislang nicht gelungen ist, serientaugliche batteriegetriebene Personenfahrzeuge zu bauen, rückt die Regierung von ihnen ab und plant eine Neuausrichtung der Autoindustrie, wie aus einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey hervorgeht, die der Tageszeitung „Die Welt“ (Donnerstagausgabe) vorliegt. „In China gibt es einen Richtungswechsel und einen nüchternen Blick auf die eigene Automobilindustrie. Den Chinesen ist klar geworden, dass sie ihre ehrgeizigen Ziele, die mit dem reinen Batterieauto verbunden waren, wohl nicht so schnell erreichen werden“, sagt Christian Malorny, Partner bei McKinsey.
In der Studie kommen Malorny und weitere Autoexperten von McKinsey zu dem Ergebnis: „Das rein batteriebetriebene Elektroauto, für das sich Hersteller und Regierung seit Jahren engagieren, dürfte in China als Alternative zum Pkw mit Verbrennungsmotor erst nach 2020 wirtschaftlich attraktiv werden.“ Die Volksrepublik brauche eine „neue Elektroauto-Strategie“. Bei den internationalen Autoherstellern dürfte dies von großem Interesse sein. Sie forschen seit Jahren intensiv und mit Milliardenaufwand an Alternativen zum Verbrennungsmotor und Elektrofahrzeugen. Und ausgerechnet jetzt, da die ersten Modelle bezahlbar und damit marktreif sind, erklärt Regierungschef Wen Jiabao, man sei „nicht mehr sicher, ob sich diese Fahrzeuge letztlich durchsetzen“. Peking ist nicht mehr so ganz entschlossen, dieser Art von Fahrzeugen zum Durchbruch zu verhelfen. „Es gibt derzeit in der Volksrepublik eine intensive Diskussion auf Regierungsebene, in der Wissenschaft und Industrie, in welche Richtung es mit der heimischen Autobranche weitergehen soll“, sagt Malorny. Der größte Hoffnungsmarkt für die „Stromer“ könnte sich als gigantische Enttäuschung entpuppen – womöglich mit schwerwiegenden Folgen: „Ohne die Nachfrage, die man in der Volksrepublik erwartet, würde es das Elektroauto so heute nicht geben und schon gar nicht den weltweiten Hype, den die rein batteriegetriebenen Fahrzeuge verursacht haben“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer der Zeitung. Wird es die erwartete große Nachfrage in Fernost nicht geben, komme auf einige Hersteller gewaltiger Abschreibungsbedarf zu, prophezeit er. „Vor allem Renault, Nissan oder Mitsubishi wird das treffen, diese Hersteller haben stark auf Batterieautos gesetzt.“ Chinas Staats- und Parteiführung hat mit den rein batteriegetriebenen Fahrzeuge versucht, die Abhängigkeit von Ölimporten und die Umweltprobleme in den Griff zu bekommen. Außerdem sollte es damit möglich sein, eine eigene weltmarktfähige Autoindustrie aufzubauen ohne den Rückstand gegenüber westlichen und japanischen Herstellern bei den Verbrennungsmotoren aufholen zu müssen. Fahrzeuge mit Elektroantrieben sind von der Konstruktion her zwar leichter in den Griff zu bekommen, dennoch haben die chinesischen Hersteller bislang die ehrgeizigen Vorgaben der Regierung nicht erfüllen können. Trotz konsequenter Industriepolitik, massiver Kaufanreize und ambitionierter Infrastrukturausbaupläne sei der chinesische Elektroautomarkt über erste Anfänge nicht hinaus gekommen, meint Axel Krieger, McKinsey-Partner und Co-Autor der Studie. „Seit 2009 wurden in China 6.700 Elektroautos verkauft. Das steht in keinem Verhältnis zu den Plänen der Regierung, bis 2015 eine halbe Million Elektroautos auf chinesische Straßen zu bringen.“ Die Enttäuschung in China sei groß, dass man selbst die technischen Schwierigkeiten, die es bei Konstruktion und Entwicklung von reinen Elektroautos gibt, bislang nicht gemeistert habe, sagen die McKinsey-Experten. Peking setzt daher nun verstärkt auf Fahrzeuge, die über Verbrennungsmotoren verfügen, die einen Generator antreiben, der wiederum Akkumulator und Elektromotor mit Strom versorgt – sogenannte „Range Extender“, die technisch überschaubar sind. „Wir gehen davon aus, dass sich mit dem Range-Extender-Auto schon ab 2014 ein Markt für Elektromobilität in China entwickeln kann“, so Automobilexperte Malorny.