Im nordrhein-westfälischen FDP-Führungsstreit haben sich Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel und Gerhart Baum auf die Seite von Spitzenkandidat Christian Lindner geschlagen und gehen somit auf Distanz zum FDP-Bundesvorsitzenden Philipp Rösler. Die drei Politiker haben unter dem Titel „Für ein neues Denken“ einen Wahlaufruf zugunsten Lindners verfasst, berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in seiner Samstag-Ausgabe. Der Text, der in dem Blatt erstmals veröffentlicht wird, ist auch eine indirekte Attacke gegen den FDP-Bundesvorsitzenden Philipp Rösler.
In dem Aufruf der ehemaligen Parteivorsitzenden, Vizekanzler und Minister wird Rösler mit keinem Wort erwähnt. Vielmehr wird Lindner, der als FDP-Generalsekretär im Streit mit Rösler zurückgetreten war, ausdrücklich der Rücken gestärkt: Er habe „viel Respekt für die Konsequenz erfahren, mit der er seine Überzeugung wichtiger nimmt als politische Ämter“. Zudem stützen die drei prominenten Liberalen die Forderung Lindners nach einer Neuorientierung der Partei. Sie fordern, die FDP brauche eine „klare Besinnung“ auf ihre Ziele. Darunter zählen sie „Bürgerrechte, soziale Marktwirtschaft und Toleranz“ – Themen, die in Röslers Strategie bisher wenig Platz fanden. Genscher, Kinkel und Baum unterstützen als ehemalige Vizekanzler, Außen-, Justiz- und Innenminister auch nachdrücklich die Abwendung von der Forderung nach Steuersenkungen und begrüßen, dass Lindner „klargestellt“ habe, dass „die Befreiung des Staates aus der Abhängigkeit der Finanzmärkte Priorität vor neuen Aufgaben für den Staat und zunächst auch vor wünschenswerten Entlastungen hat.“ Dem NRW-Wahlkämpfer Lindner trauen die drei Parteiveteranen zu, dass er „die große Tradition der Liberalen in Nordrhein-Westfalen neu aufnimmt“.