Der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden Württemberg hat bereits am 17. Februar 2012 eine grundlegende Entscheidung zur Genehmigungsfähigkeiten eines Mobilfunkmastes getroffen. Dabei rückte das Gericht das Tatbestandsmerkmal der Ortsgebundenheit im Rahmen des § 35 BDSG in den Mittelpunkt seiner Entscheidung und zwingt künftige Bauherren dazu, bei der Standortwahl hohe Sorgfalt anzulegen und diese Anstrengungen v.a. zu dokumentieren. ilex erklärt die Hintergründe.
1. Die Entscheidung
Ein privates Unternehmen plante die Errichtung eines Mobilfunkmastes und dies auf einem eigenen Grundstück im Außenbereich der Gemeinde Durlangen (Ostalbkreis). Die Gemeinde hatte die beantragte Baugenehmigung nicht erteilt, woraufhin das Unternehmen Klage erhob und vom Verwaltungsgericht Stuttgart Recht bekam. Hiergegen legte die Gemeinde Berufung ein und gewann schließlich vor dem OVG Baden-Württemberg. Damit erhält das Unternehmen vorerst keine Baugenehmigung. Allerdings hat das OVG Baden-Württemberg die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, welche Anforderungen an die Ortsgebundenheit einer der öffentlichen Versorgung dienenden Mobilfunkanlage zu stellen sind. Die Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils eingelegt werden.
Das OVG Baden-Würrtemberg begründete seine Entscheidung jedenfalls wie folgt: Die Zulässigkeit im Außenbereich richte sich nach § 35 BauGB. Das hier geplante Vorhaben sei aber nach dieser Vorschrift nicht zulässig. Insbesondere ist es – entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Stuttgart – nicht privilegiert nach dem § 35 Absatz 1 Nr. 3 des Baugesetzbuches – kurz BauGB. Eine Privilegierung nach dieser Norm setzt u.a. voraus, dass dem Vorhaben öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und dass das Vorhaben der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient. Zwar erkennt das OVG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung an, dass der Mast eine der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienende Anlage im Sinne dieser Vorschrift ist. Dennoch fehle es an dem ebenfalls erforderlichen Merkmal der Ortsgebundenheit.
Dieses Merkmal – so das OVG Baden-Württemberg – erfordere nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die jeweilige Anlage – hier also der Mobilfunkmast – gemessen an ihrem Gegenstand ausschließlich an dem beabsichtigten Ort betrieben werden könne. Der beabsichtigte Ort müsse geographische und geologische Merkmale aufweisen, auf die das Vorhaben angewiesen ist.
Diese zwingende Ortsgebundenheit war im vorliegenden Fall – nach Ansicht der Richter des 8. Senates – nicht gegeben. Denn es gebe auch im Innenbereich mehrere mögliche und zulässige Standorte, an denen die Funktion des Mobilfunkmastes erfüllt werden könne.
2. Rückschlüsse für Bauherren
Sollte die Entscheidung – im Falle einer Revision – dennoch Bestand haben, gilt folgendes: Bauherren – im Falle von Mobilfunkmasten wohl besser Investoren und/oder Unternehmen genannt – müssen bei vergleichbaren Vorhaben sehr viel mehr Sorgfalt bei der Standortwahl an den Tag legen. Die Suche nach vergleichbaren Standorten im nahgelegenen Innenbereich sollte professionell durchgeführt und v.a. dokumentiert werden. Anschließend kann eine rechtliche Absicherung durch entsprechende Begutachtung erfolgen. Im Idealfall geschieht dieser Vorgang gemeinsam mit der Baufaufsichtsbehörde.
3. Rückschlüsse für Gemeinden und Bauaufsichtsbehörden
Bauaufsichtsbehörden und – so sie denn keine Bauaufsicht ausüben – Gemeinden müssen künftig beachten, dass die Prüfung der Zulässigkeit eines Vorhabens sich noch stärker an der Frage der Ortsgebundenheit ausrichten sollte. Ein proaktiver Umgang, etwa die Beteiligung an der Standortsuche kann hier das Investitionsklima für die jeweilige Gemeinde aber entscheidend verbessern. Denn wenn Investoren künftig Ängste vor Bauvorhaben im Außenbereich haben, kann ihnen diese Angst damit genommen werden, dass die Gemeinde sich proaktiv an der Findung einer rechtssicheren Lösung beteiligt.
4. Fazit
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, sodass ein Fazit nur vorsichtig gezogen werden kann. Entscheidend ist, dass das Tatbestandsmerkmal der Ortsgebundenheit nunmehr starke Auswirkungen auf die Art und Weise der Standortwahl hat, insbesondere auf deren Prüfdichte. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich auch ein proaktives Miteinander aller Seiten.
Dr. Stephan Gärtner
Rechtsanwalt
www.ilex-recht.de