Etwas mehr als die Hälfte der Kosten, die Eltern in Deutschland durch den Kauf von Nahrung und Kleidung, die Bezahlung von Energie oder die Gesundheitspflege für ihre Kinder entstehen, werden durch staatliche Leistungen ausgeglichen. Zu diesem Schluss kommt eine umfangreiche Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, die der „Leipziger Volkszeitung“ (Sonnabend-Ausgabe) vorliegt. Danach stehen den jährlichen sogenannten direkten Familienkosten in Höhe von rund 90 Milliarden Euro ein Ausgleich von fast 48 Milliarden Euro – etwa durch Kindergeld, Zuschüsse an Schüler oder die Eigenheimförderung – vom Staat gegenüber.
Beim Ausgleich entstehender Kosten im häuslichen Bereich halten sich Bund und Länder hingegen zurück. Grundlage der Berechnung sind Zahlen des Instituts der Wirtschaft (IW) aus dem Jahr 2008. Die Forscher gehen von rund 90 Milliarden Euro direkte Kosten für Kinder (Wohnung, Energie, Bildung, Verkehr) und 147 Milliarden indirekte Kosten für Kinder (Haushaltsführung, Sport, Fahrdienste, Hausaufgabenbetreuung) aus. Letztere werden nach Erkenntnissen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestag nur in Höhe von 30 Milliarden Euro kompensiert. Somit tragen Familien etwa 68 Prozent der indirekten Kosten für Kinder ohne staatliche Förderung selbst. Allerdings: Mit fast 79 Milliarden Euro investiert der Staat für Schulen oder Sozialversicherung auch in Dinge, die „einen direkten Nutzen für Kinder stiften“. Die Analyse kommt unter Berücksichtigung dieser und weiterer zusätzlicher Staats-Investitionen zu dem Schluss, dass von den direkten 169 Milliarden Euro Gesamtkosten für Kinder unter 18 Jahren, die von Eltern und Staat gemeinsam getragen werden, die Eltern 25 Prozent oder 42 Milliarden Euro allein schultern. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages stützt sich bei diesen Angaben auf Zahlen des Bundesfinanz- und des Bundesfamilienministeriums. Die Kostenbelastung von Familien im Vergleich zu kinderlosen Paaren und Singles hatte in jüngster Zeit zu neuen Forderungen nach einem zusätzlichen Beitrag zur Stabilisierung der Renten- und Pflegeversicherung geführt. Der Unions-Familienpolitiker Uwe Schummer forderte als Ergebnis der neuen Berechnungen und der Debatte um Sonderabgaben „eine Umwandlung des Ehegatten-Splittings in ein an den Kindern orientiertes steuerliches Familien-Splitting“. Das 1958 eingeführte Ehegattensplitting kostet den Staat jährlich mehr als 20 Milliarden Euro Einnahmen. Zudem schlug Schummer vor, das geplante Betreuungsgeld mit dem ebenfalls im Koalitionsvertrag von Union und FDP versprochenen Bildungskonto zu verknüpfen. „Wenn von Geburt an 150 Euro monatlich in ein lebensbegleitendes Bildungskonto gezahlt würden, ließe sich auch der koalitionsinterne Streit um die Fehlanreize beim Betreuungsgeld vermeiden“, meinte Schummer.