Magazin: NSU-Ermittlungen führen in Neonazi-Szene Bayerns

Bei den Ermittlungen zur Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) verfolgt die Polizei eine neue Spur in die rechtsextremistische Szene Bayerns. Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet, prüfen die Ermittler, ob der 2005 untergetauchte Neonazi Gerhard I. aus Zirndorf in Franken von den Mordplanungen der NSU-Terroristen Uwe M., Uwe B. und Beate Z. wusste. „Dieser Hypothese gehen wir derzeit nach“, bestätigte ein Fahnder „Focus“.

Bei der Durchsicht alter Ermittlungsakten stießen die Ermittler „Focus“ zufolge auf ein Flugblatt, das I. am 26. August 2000 in Nürnberg an Autofahrer aus Ostdeutschland verteilt hatte. In dem an die „mitteldeutschen Volksgenossen“ gerichteten Text rief dieser das „Unternehmen Flächenbrand“ aus. In dem Flugblatt heißt es: „1. September 2000 – von jetzt ab wird zurückgeschossen.“ Das Blatt endete mit dem Satz: „Weitere Anordnungen abwarten (Mittwochsdossier beziehungsweise Angriff)“. Nach Einschätzung der Ermittler könnten die Passagen auf die unmittelbar danach beginnende Verbrechensserie des NSU hindeuten. Der erste Mordanschlag fand am 9. September 2000 in Nürnberg statt, wo I. kurz zuvor die Handzettel verteilt hatte. Die Formulierung „Mittwochsdossier beziehungsweise Angriff“ halten die Ermittler „Focus“ zufolge für interessant, weil mehrere der insgesamt zehn Morde mittwochs verübt wurden. Dass I. direkten Kontakt zu dem NSU-Trio hatte, gilt als unwahrscheinlich. Aktenkundig sind laut „Focus“ jedoch enge Verbindungen des fränkischen Neonazis zu dem früheren NPD-Funktionär Ralf W. aus Jena. Er gilt als wichtigster Helfer der Terrorgruppe und soll dem untergetauchten Trio Schusswaffen besorgt haben. Die Ermittler halten es für möglich, dass W. seinen fränkischen Kameraden über bevorstehende Aktionen gegen Ausländer informierte. Die Beweisführung gestaltet sich „Focus“ zufolge schwierig. W. sitzt in Haft und schweigt. I. ist seit seinem Abtauchen auf der Flucht. Er wurde letztmals 2006 in Finnland gesehen.