Gut 76 Prozent der Deutschen lehnen das umstrittene Betreuungsgeld ab. In einer Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin „Focus“ sagte dieser Teil der Befragten, die dafür vorgesehenen Gelder sollten besser in den Ausbau der Kita-Plätze umgelenkt werden. 20 Prozent möchten an der Geldleistung für Familien, die ihre unter dreijährigen Kinder zu Hause betreuen, festhalten.
TNS-Emnid befragte für „Focus“ am 2. und 3. April 1.008 repräsentativ ausgewählte Personen. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) kritisierte das geringe Engagement und die mangelnde Transparenz der Länder beim Krippen-Ausbau. Die Länder machten ein „richtiges Staatsgeheimnis“ aus ihren Abweichungen von den Zielvorgaben, sagte Schröder „Focus“. „Vor lauter Begeisterung über das große Ziel hat man 2007 zu wenig Wert auf ein wirksames Controlling gelegt, das die realen Fortschritte zeigt“, so Schröder. Sie bemängelte auch, dass die Länder zuerst alle Bundesmittel abrufen dürfen und erst dann mit eigenem Geld in der Pflicht seien. „Das verlockt natürlich, mit den eigenen Anstrengungen länger zu warten als nötig.“ Laut dem Kinderfördergesetz gibt es ab August 2013 einen Rechtsanspruch auf Betreuung für alle Ein- bis Dreijährigen in Kitas oder bei Tagesmüttern. „Am Rechtsanspruch wird nicht gerüttelt“, betonte Schröder. Viele Kommunen und auch Länder werden den Anspruch aber nicht gewährleisten können. Insbesondere Nordrhein-Westfalen und viele Kommunen dort werden die Versorgungsquoten verfehlen. Ein „Focus“ vorliegender Überblick des Familienministeriums zeigt, wie unterschiedlich die Landkreise sich für den Krippen-Ausbau engagieren. Dabei schneidet der Kreis Mainz-Bingen am besten ab und konnte seine Betreuungsquote für Kleinkinder um 23 Prozent erhöhen. Stark zugelegt haben auch Städte wie Braunschweig, Erlangen und Dresden. Schlusslicht in punkto Ausbaudynamik sind demnach Wuppertal und Emden. Der CDU-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen, Oliver Wittke, machte unterdessen deutlich, dass die klassische Hausfrauen-Familie aus seiner Sicht der Vergangenheit angehört. „Heute geht es nicht mehr um Familie oder Beruf. Heute ist die Antwort klar: Beruf“, sagte er „Focus“. Die Politik müsse darauf reagieren und „dazu beitragen, dass es Beruf mit Kindern wird. Es ist unsere Pflicht, neben dem Beruf auch Familie möglich zu machen.“ Die CDU-Spitze in Nordhrein-Westfalen sieht im Betreuungsgeld Risiken. Norbert Röttgens oberster Wahlkampf-Manager warnte: „Die Einführung des Betreuungsgeldes darf nicht dazu führen, dass Kinder, die den Kita-Besuch dringend nötig hätten, künftig zu Hause bleiben.“ Wenn am Ende Kinder mit Defiziten weniger Förderung bekämen, sei „niemandem geholfen“, so Wittke. „Dann sollte man das Betreuungsgeld besser gar nicht erst einführen.“