Die SPD plant, in den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonie das bisher auf dem kirchlichen „Dritten Weg“ ausgeschlossene Streikrecht zuzulassen. „Für uns Sozialdemokraten ist ein Streikverbot nicht akzeptabel“, sagte die kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese, der Tageszeitung „Die Welt“ (Mittwochausgabe). Es müsse, so Griese, „nach Wegen gesucht werden, auf denen unter Beibehaltung des Dritten Weges das Streikrecht in Caritas und Diakonie gewährleistet werden kann“.
Griese umriss gegenüber der Zeitung die Strategie der SPD bei dem Thema: Ausgangspunkt müsse demnach die Frage sein, „was uns soziale Arbeit wert ist“, seit sich „die Refinanzierungsbedingungen der kirchlichen Träger wegen des erhöhten Kostendrucks und der Konkurrenz durch private Träger erheblich verschlechtert haben“. Für Griese folgt daraus erstens, „zu einem Branchentarifvertrag Soziales zu kommen, um für alle Mitarbeiter faire Löhne zu verankern. An diesem Vertrag sollten sich Ver.di und ebenso die privaten Anbieter beteiligen und die Kirchen sollten sich verpflichten, ihn zu übernehmen“. Zweitens müssten innerhalb der Diakonie „die Rechte und Arbeitsmöglichkeiten der Mitarbeiter gestärkt“ sowie „Ausgründungen und dauerhafte Leiharbeit abgestellt werden“. Und drittens dürften „sich Diakonie und Caritas nicht dem Streikrecht verschließen“. Widerspruch kam vom Leiter des kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dem Göttinger Staatsrechtler Hans Michael Heinig. „Die einzelnen Elemente des Dritten Weges im kirchlichen Arbeitsrecht und des Tarifvertragssystems lassen sich nicht beliebig miteinander kombinieren“, sagte Heinig dem Blatt. Der Dritte Weg sei „Ausdruck der christlichen Dienstgemeinschaft, und diese Dienstgemeinschaft beruht essenziell auf dem Ausschluss des Arbeitskampfrechts. Dazu passt das Streikrecht einfach nicht“. Heinig forderte stattdessen, dass Caritas und Diakonie „das Ideal der Dienstgemeinschaft theologisch ernst“ nehmen, „in allen Bereichen faire Parität zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern garantieren sowie für Ausgründungen und Leiharbeit restriktive Regelungen schaffen“. Heinig ließ aber offen, ob diese Neubefestigung des Dritten Weges bei der Diakonie in Zeiten verschärfter Konkurrenz gelinge. Wenn „der Dritte Weg scheitert“, dann, so Heinig, „bleibt nur der Rückzug der Kirche aus dem sozialen Markt oder der konsequente Wechsel auf den Zweiten Weg mit einem Streikrecht zumindest für Teilbereiche“.