„Palim-palim, CRM wo bist Du?“

Vom Software-Märchen Customer Relationship Management
Von Rudolf F. Thomas

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Rudolf F. Thomas, Geschäftsführer THOMAS MARKETING CONSULTANT

„Rufen Sie uns an, für Sie regeln wir alles ganz bequem!“ Lieber nicht! „Palim-palim“, ich bin im einem der zahlreichen Telefonshops eines der zahlreichen Netzbetreiber! Personal sitzt, Kunden, soweit sie keinen Rolator dabei haben, stehen hintereinander schlange. Endlich darf ich hinter einen Monitor herantreten! Vor mir sitzt eine junge Dame die angestrengt auf den Bildschirm blickt. Ihre Körpersprache signalisiert „ja nicht ansprechen“. Eine Überdosis Eau de Toilette ergreift meinen Geruchssinn, während meine Augen aufgeklebte Fingernägel registrieren. Meine emotionale Wahrnehmung lässt nichts Gutes erahnen.
Der erste Eindruck ist entscheidend, so habe ich das einmal gelernt. Wer es nicht glaubt, der möge im Internet den „7-Punkte-Plan-Neukundengeschäft“ besagter Telefongesellschaft nachlesen. Von diesem Plan hat die Shop-Mitarbeiterin vermutlich noch nie etwas gehört. Selbst wenn, warum soll sie sich um einen Kundendialog bemühen? Sie sitzt gut auf ihrem Stuhl und ich stehe wie ein Bittsteller davor. „Sind Sie gesprächsbereit“, frage ich mit leichtem Unterton wachsender Empörung. „Ja, was kann ich für Sie tun?“ Ihr Blick klebt weiter am Monitor. Mir reicht es, ich spüre wie ich sauer werde und lasse deshalb die junge Frau einfach sitzen. Lieber nochmal anstehen als weitere Ignoranz ertragen, dachte ich mir.
„Palim-palim“, tatsächlich spricht mich eine andere Mitarbeiterin mit der Frage an, was sie für mich tun kann. Meine Firma plant einen Umzug in neue Geschäftsräume. „Kein Problem für uns“, macht mir die Frau Mut. Sie verspricht mir, alles wird wie besprochen ablaufen. Über vier Wochen an jedem zweiten Tag erhält meine Firma mit unterschiedlichen Ankündigungen Post von dem Telefonriesen. Dabei fällt auf, mit dem Adress-Management nimmt es das große Unternehmen nicht so genau. Es veranstaltet ein bürokratisches Verwirrspiel an dem Edmund Stoiber als oberster EU-Entbürokratisierer seine helle Freude haben könnte. Der Tag des Umzuges steht an! Ein Techniker meldet sich telefonisch um sein Erscheinen zwecks Leitungsprüfung anzukündigen. Zwei Stunden später ist er da und fragt mich, warum wir einen analogen Anschluss erhalten? „Plemplem, oder was?“ Tatsächlich steht in seinem Auftrag etwas von einem analogen Anschluss. „Palim-palim“, sofort wähle ich die Servicerufnummer! Nach längerer Wartezeit dringe ich an den Gehörgang einer Mitarbeiterin, die mir ebenfalls eine Rufnummer mit einem analogen Anschluss bestätigt. Sämtliche andere Rufnummern sind abgemeldet: kein Onlineanschluss mehr möglich – nix geht mehr!
„Palim-palim“, am nächsten Tag stehe ich im Telefonshop um mir besagte Dame, die mir einen reibungslosen Umzug versprach, vorzuknüpfen. Sie hatte Glück, sie war nicht anwesend. Keine ihrer Kolleginnen kann mir helfen. Tschüs Internetverbindung! Auf Wiedersehen Telefax! Wir mussten vier Wochen in ein Backoffice ausweichen bis die Telefongesellschaft unseren digitalen Anschluss wieder einrichtete. Auch in dieser langen Wartezeit erhielten wir fast täglich Post mit weiteren Terminankündigungen. Dabei vergaß das Telekommunikations-Unternehmen eine neue Zugangskennung fürs Internet zu übersenden, was nochmals eine Verzögerung von vier Tagen mit sich brachte.
„Palim-palim“, die Telefongesellschaft pflegt nicht alleine Kundenbeziehungen auf ganz individuelle Art und Weise. Der Umzug in neue Geschäftsräume forderte auch einen deutschen Pay-TV-Anbieter heraus. Auch dort gilt, „rufen Sie uns einfach an“. Wunderbare Welt der Automatic-Calls! „Wählen Sie die Eins, oder doch die Vier…?“ Nach Minuten-langem Telefon-Einmaleins spielen, meldet sich eine Mitarbeiterin in dem sie mich direkt mit meinem Vornamen ansprach. Halb so schlimm, kann passieren! In drei bis vier Tagen, so erfuhr ich, erhalte ich wegen der Umstellung von Satellit zu Kabel einen neuen Receiver nebst Smartcard zugesandt. „Palim-palim“, eine Woche später rief ich wieder bei Pay-TV an um zu fragen, wo denn der Receiver bleibt? Die Kollegin, so erfuhr ich, habe zwar die neue Adresse eingetragen, aber keinen Versandauftrag erteilt. Ist das nicht toll?
Zack, bereits weitere zwei Wochen später erhalte ich von Pay-TV einen Brief dessen Inhalt meine Lieferung „in den nächsten Tagen“ ankündigt. Wunderbare Welt des Bezahl-TV´s, wir warten noch immer auf das Päckchen mit dem Receiver nebst Smartcard. „Palim-palim“, anrufen will ich die langweilige Hotline nicht mehr. Die Musik taugt so viel, wie die sich ständig wiederholende Telefonwerbung zu 0,14/Min. aus dem deutschen Festnetz.
„Hallo Pay-TV, mit CRM habt ihr ganz eindeutig nichts am Hut, noch schlimmer, ihr habt, ähnlich wie die Telefongesellschaft, nichts kapiert!“ Beider Kundenkommunikation ist so zäh als gebe es keinen Wettbewerb, keinen liberalisierten Markt und vor allem keine Kunden.
Gibt die Leitungshoheit einer Telefongesellschaft das Recht mit Kunden nach alter Gutsherrenart zu verfahren? Genau genommen lässt das Telekommunikations-Unternehmen bei selbst verursachten Pannen, wie hier geschildert, den Kunden am ausgestreckten Arm verhungern. Welche Firma ist so plemplem und wechselt freiwillig von VDSL auf analog, stampft freiwillig seine Rufnummern ein um sich selbst vom Markt zu nehmen? Analog, so hat mir das ein Mitarbeiter erklärt, ist sowas von out, wir verkaufen das im Prinzip nicht mehr.
„Palim-palim, Pay-TV Deutschland!“ Ihr habt gegenüber der Telefongesellschaft den Vorteil, dass wir auf euer TV-Programm leicht verzichten können. Mangelhafte Kundenkommunikation bis hin zur fehlenden Leistungserfüllung hindert keinen von beiden am Abbuchen von Gebühren.
Völlig plemplem, die Telefongesellschaft stellt eigene Fehler dem Kunden auch noch als Einrichtungsgebühr in Rechnung. Was darf der gebeutelte Kunden machen, um gerechterweise an sein Geld zu kommen? Telefonieren, schreiben, Zeit investieren! Ergebnis? Keines! Eine Mitarbeiterin der Telefon-Beschwerdestelle meinte, ich solle über die schnelle Bearbeitungszeit von rund vier Wochen froh sein. „Aha, ich Kunde bin plemplem!“
Customer Relationship Management lebt von der Schnelligkeit, soll heißen, bevor der Kunde sich beschwert, hat ein gutes Unternehmen bereits gehandelt. CRM erfordert also entsprechend qualifiziertes Personal. Es geht nicht darum einen Haken unter das Kundengespräch zu machen, sondern das Anliegen des Kunden gewissenhaft bis zu dessen Zufriedenheit zu bearbeiten.
„Palim-palim Telefonkonzern!“ Was betreibt ihr für eine Personalpolitik? Wer schult eigentlich eure Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Shops? Augenkontakt, gar den Kunden mit Namen ansprechen ist wichtiger als jeder Style der Fingernägel. Jeder Kunde verdient Respekt! Kommunikative- und fachliche Kompetenz lässt sich nicht mit raumgreifendem Duft aufdringlicher Eau de Toilette kompensieren. Apropos Teleshop-Mitarbeiterinnen, hier liegt in Sachen Gleichstellung ganz offenkundig ein Missverständnis vor: Ihr seid nicht gleicher als die Kunden!
„Palim-palim, CRM wo bist Du?“ Gibt es Dich überhaupt, oder haben diejenigen Recht, die den ganzen Zauber mit der Kundenbeziehung für ein Software-Märchen halten? Auch wenn sämtliche CRM-Consultants an die Decke gehen, für diese These spricht tatsächlich einiges: Nach wie vor wissen Unternehmen nicht wirklich, was sie mit CRM anfangen sollen. Sie haben keine erkennbare Strategie, kein Konzept, einfach keinen Plan, geschweige geeignetes Personal. Genau dafür, so scheint es in vielen Fällen, wird lieber in Software – weniger in Menschen investiert. Eine neue Software weckt bei Entscheidungsträgern noch immer Begeisterung, egal ob sie fürs Unternehmen Sinn macht, oder eben nicht.
Das Beispiel Pay-TV zeigt, wie sehr das Unternehmen noch in den Kinderschuhen des Telefonmarketings steckt und wie weit es noch von einem funktionieren CRM entfernt ist. Wenn ich Kunden erst mit meiner vorgeschalteten Automatic-Call spielen lasse, um sie anschließend minutenlang warten zu lassen, dann ist das für Kunden nichts anderes als eine Zumutung, aber kein CRM. Und wenn der Kunde seinem eigenem Auftrag mehrmals hinterher telefonieren muss, dann bewegt sich so ein Unternehmen trotz aller technischer Ausstattung auf dem Niveau der 70er Jahre. In seiner Außendarstellung gibt sich Pay-TV allgemein als modernes TV-Entertain-Unternehmen. Dieses Bild fällt mit der Wahl der Service-Hotline wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Überwiegend weisen Geschäftsberichte besagter TV-Unternehmen Rote Zahlen von Aber-Millionen Euro aus. Was sagt uns das alles? „Palim-palim, ihr seid noch gar nicht richtig bei den Kunden angekommen!“
„Wir sind allein, allein“, so singt die Gruppe Polarkreis 18 und im Chor würden bestimmt zahlreiche Telefonkunden sofort mit einstimmen. Ein Lied singen können alle die im Teleshop länger herumstehen müssen als gemeinhin Kunden zumutbar ist. Wer trotz Besuch des Shops hinterher noch ewig die Service-Hotline anwählen muss um zu erfahren „da kann ich Ihnen nicht helfen“, der fragt sich für was er wen und warum bezahlt. Erst recht, wenn er immer wieder von irgendeinem nervigen Call Center angerufen wird, welches einen scheinbar noch günstigeren Tarif feil bietet. Wie wenig diese „Kunden-Manager“ von Kunden verstehen, die sie angeblich managen, zeigt allein schon der Akquisitionszyklus. Glaubt einer im Dunstkreis einer Telefongesellschaft, Kunden wollen wöchentlich Tarife ändern, wenn sie in Wahrheit kein Vertrauen zum Unternehmen haben? Zweifelhaft ist, ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den wohlklingenden „7-Punkte-Plan-Neukundengeschäft“ schon einmal gelesen haben? Dort steht unter Punkt 3 „Durch Vertrauen eine echte Beziehung aufbauen“. Schön geschrieben, fehlt nur noch die Umsetzung.
„Palim-palim“, wie soll sich Vertrauen zu einer echten Beziehung entwickeln, wenn Kunden ständig andere Ansprechpartner haben? Werfen wir dazu noch einen Blick auf Punkt 5 eines Mitarbeiterleitfadens zur Verbesserung der Kundenbeziehung: „Die Kundenbeziehung effizient vertiefen. Nichts geht über eine langfristige Beziehung. Schließlich sind treue Kunden die besten, denn Kundenpflege ist ungleich kostengünstiger als die Akquise eines Neukunden. Mit Servicenummern und Contact Center Lösungen als Managed Services machen wir Ihnen die perfekte Betreuung Ihrer Kunden leicht.“ „Palim-palim CRM“, da haben wir sie wieder die Reduzierung auf Software-Lösungen hinter der sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter verschanzen kann.
Ist also pauschal betrachtet CRM nur ein Märchen, eine Erfindung gewiefter Softwareentwickler? Es gibt einige Unternehmen die CRM ernst nehmen und sogar versuchen es mit viel Vernunft schrittweise zu implementieren. Mindestens genauso viele haben den Gedanken an CRM samt ihrer Software in die Tonne getreten. Unterm Strich betrachtet, hat die Mehrheit derer, die in Unternehmen Customer Relationship Management einführen wollen, so gut wie keine Ahnung. Betrachten wir uns mittelständische Unternehmen etwas genauer, so ist es dort um das Kundenmanagement auch nicht besser bestellt. Das wissen auch die CRM-Software-Anbieter, die unterwegs sind, um mit Nachdruck kleinere – und mittlere Unternehmen von ihren einzigartigen Solutions zu überzeugen. Gelingt das, dann kommt bei vielen der Tag X im Unternehmen, an dem die Mitarbeiter CRM wie eine Seuche verfluchen. Was bleibt ist die Software; das war es dann mit dem Abenteuer CRM.
Die Grundsatzfrage, die sich jeder stellen muss lautet, bin ich als Unternehmer zusammen mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter CRM-fähig? Wer glaubt, eine Software regelt die Kommunikationsfähigkeit des Einzelnen, der irrt gewaltig.
CRM ist zwar kein Märchen, eher ein teurer Irrgarten der Kundenkommunikation aus dem es nur schwer ein Entrinnen gibt.

THOMAS MARKETING CONSULTANT – Marketing, Medien, Public Relations.
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