Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat davor gewarnt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein NPD-Verbot kippen könnte. „Ich sehe dies als Prozessrisiko. Das wird mit Sicherheit die Urteilsfindung des Bundesverfassungsgerichts in einem möglichen NPD-Verbotsverfahren beeinflussen“, sagte Stahlknecht der Tageszeitung „Die Welt“ (Freitagausgabe).
Der Gerichtshof in Straßburg könnte nach einer Klage der NPD feststellen, dass ein Verbot „unverhältnismäßig“ sei. „Denn in anderen europäischen Ländern gibt es weit größere rechtsextreme Parteien“, sagte Stahlknecht. Die beabsichtigte „Abschaltung“ der V-Leute des Verfassungsschutzes in der NPD-Spitze stehe dafür, dass man die Chancen für ein Verbotsverfahren seriös und professionell prüfen wolle. „Wenn fest steht, dass das gesammelte Material für ein Obsiegen im Prozess vor dem Verfassungsgericht reicht, dann wird niemand darum herumkommen, ein NPD-Verbotsverfahren durchzuführen“, sagte Stahlknecht. Er rechnet damit, dass ein solches Verfahren „bis zu fünf Jahre“ dauern wird. „Sollten wir vor dem Verfassungsgericht scheitern, weil das politische Wollen vor dem juristischen Können steht, dann wäre der Schaden für Deutschland auch international enorm“, sagte Stahlknecht. Er hat gemeinsam mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) einen „Kriterienkatalog“ für eine Beweisführung gegen die NPD erarbeitet, der auf der Sonder-Innenministerkonferenz am 22. März in Berlin präsentiert werden soll. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der Zeitung, dass Deutschland „selbstverständlich“ auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte berücksichtigen müsse. Er persönlich sehe zwar keine Bedenken, „wenn wir vor dem Bundesverfassungsgericht mit einem NPD-Verbot erfolgreich sind.“ Aber die Gefahr, dass Gerichte unterschiedlich entscheiden würden, sei „immer gegeben“. Herrmann sprach sich zudem dagegen aus, V-Leute des Verfassungsschutzes aus sämtlichen Parteigliederungen der NPD abzuziehen. „Das wäre ein zu großes Sicherheitsrisiko“, sagte Herrmann der Zeitung. Denn die Sicherheitsbehörden müssten genau wissen, was „unsere Verfassungsfeinde planen und unternehmen.“