Die von der Bundesregierung beschlossene Kürzung der Solarstrom-Subventionen könnte sich auf lange Sicht in einen Vorteil für die Fotovoltaik-Branche verwandeln. Das geht aus Berechnungen des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln (EWI) hervor, die der Tageszeitung „Die Welt“ (Mittwochausgabe) exklusiv vorliegen. Danach bedeutet die Umstellung der Einspeisevergütung auf eine monatliche Degression nur in diesem und im kommenden Jahr eine echte, zusätzliche Kürzung der Einspeisevergütung.
Danach schlägt der Nachteil in einen Vorteil um. Denn ab 1. Januar 2014 wird Solarstrom aus Dachanlagen um vier Prozent, ab 2015 sogar um 22 Prozent höher vergütet, als es nach dem bisherigen Fördersystem des „atmenden Deckels“ der Fall gewesen wäre. Selbst Strom aus großen solaren Freiflächenanlagen würde ab 2015 im Vergleich zur heutigen Regelung dann höher vergütet. Dieser Befund gilt allerdings nur für den Fall, dass es bei dem derzeitigen Zubau an Solarmodulen von mehr als 7,5 Gigawatt pro Jahr bleibt. Sollte dies nicht der Fall sein, kommt es zu einer deutlichen Verschlechterung. Der Energieexperte des Verbraucherzentralen Bundesverbands (VZBV), Holger Krawinkel, rechnet allerdings mit einem weiterhin starken Zubau von Solarmodulen in Deutschland. „Ich kann nicht erkennen, warum es jetzt bei solaren Hausdachanlagen zu einem geringeren Wachstum kommen soll“, sagte Krawinkel der Zeitung. Die kurzfristig vorgezogene Absenkung der Einspeisevergütung werde seiner Einschätzung nach dazu führen, dass der Kostendruck neben den Modulherstellern endlich auch Zulieferer und das Handwerk erfasst und dadurch Solarinvestitionen weiterhin attraktive Renditen einbringen. „Weil die Einspeisevergütung jetzt erstmals unter das allgemeine Strompreisniveau fällt, bleibt die Montage von Solaranlagen für Immobilienbesitzer auf jeden Fall hoch lukrativ.“ Nach der bisherigen Regelung im Erneuerbare Energien-Gesetz hängt die Höhe der Einspeisevergütung von der jeweiligen Zubaumenge von Solarmodulen in Deutschland ab. Bei hohen Zubauraten sinkt die Vergütung demnach um insgesamt 24 Prozentpunkte pro Jahr. In den vergangenen beiden Jahren wurden jeweils rund 7.500 Megawatt zugebaut – was den Zielkorridor der Bundesregierung um mehr als das Doppelte übertraf und die langfristige Belastung der Verbraucher auf über 100 Milliarden Euro katapultierte. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatten sich deshalb vergangene Woche darauf geeinigt, die Solarsubventionen neu zu regeln. Wie sich nach den EWI-Berechnungen zeigt, handelt es sich bei den neuen Sätzen jedoch nur dann auch langfristig um eine echte Kürzung, wenn der Solarzubau in den „Zielkorridor“ von bis zu 3.500 Megawatt gedrückt werden kann. Bleibt es aber bei der derzeitigen hohen Zubaurate, steht die Solarindustrie ab 2014 großenteils sogar besser da. „Der Versuch, ein fest definiertes Mengenziel mithilfe von staatlich gesetzten Preissignalen zu erreichen, erweist sich insbesondere in der Fotovolatik als äußert schwierig“, sagte der Direktor des EWI, Marc Oliver Bettzüge, im Gespräch mit dem Blatt. „Es wird Zeit, über ein Fördersystem für Erneuerbare Energien nachzudenken, das europaweit einheitlich wirkt und im Gegensatz zum bestehenden Erneuerbare Energien-Gesetz technologieneutral gestaltet ist“, so der EWI-Chef. „Bei einem Festhalten an der nationalen Förderpolitik laufen wir sonst Gefahr, den europäischen Binnenmarkt für Energie auszuhebeln.“