Eine Verschmelzung von Kunst, Technologie und Respekt vor der Natur will das Projekt sein, das Schaulustige bis Mitte Januar allabendlich auf der piemontesischen Seite des Lago Maggiore bewundern können.
Kaum ist die Sonne hinter den Alpengipfeln versunken, taucht Lichtkunst zwei der kleinen Inseln in der Borromäischen Bucht in unwirklich intensive Farben. In zarten Grün- und warmen Rottönen, in Violett und Tintenblau erstrahlen die Fassaden der Häuser und Palazzi, der Kirchen und Restaurants. Bäume und Sträucher sehen ebenfalls aus, als hätten Sprayer sie gerade mit magischen Farben überzogen. Der See reflektiert die Szenerie und Schaulustigen am Ufer mag es scheinen, als tanzten die bunten Spiegelbilder mit dem Mondlicht auf dem Wasser lautlos einen Reigen.
Vom 15. November bis zum 12. Januar können Bewohner und Besucher auf der zur Region Piemonte gehörenden Seite des Sees die „Isole di Luce“ (Inseln des Lichts) täglich von 16.30 Uhr bis 00.30 Uhr bewundern. „Isole di Luce“ sei eine Veranstaltung mit geringer Umweltbelastung, „still und eindrucksvoll zugleich“, sagt Francesco Gaiardelli, Präsident des Distretto Turistico dei Laghi, Monti e Valli dell’Ossola.
Die touristische Saison entzerren
Mit der kunstvoll arrangierten Lichtshow möchten die Initiatoren nicht nur Einheimischen und Wintergästen ein Geschenk machen. Hinter dem Projekt, das künftig einen festen Platz im Veranstaltungskalender der Region haben soll, steht auch eine planerische Hoffnung. Es gilt, die touristische Saison zu entzerren, mehr Urlauber außerhalb der Hochsaison an den See zu locken und gleichzeitig die Überbeanspruchung seiner Hauptattraktionen während der Sommermonate abzumildern. Mit „Isole di Luce“ möchte man nun das Augenmerk einer großen medialen Öffentlichkeit auf den architektonischen und künstlerischen Reichtum der Region lenken – gerade dann, wenn die klassische Urlaubssaison vorbei ist, wenn sich die weltberühmten botanischen Gärten und Parks in die Winterpause verabschiedet haben.
Beide für dieses Projekt ausgewählte Inseln symbolisieren das, wofür der Lago Maggiore steht. Da ist einerseits die Isola Bella, das traumschöne Domizil einer alteingesessenen Adelsfamilie. Und, nur wenige hundert Meter entfernt, die Isola dei Pescatori, die Fischerinsel, auf der das uralte Gewerbe der Seefischerei über Jahrhunderte von einer Generation an die nächste weitergegeben wurde. Isola Bella, bis heute im Besitz der Familie Borromeo, präsentiert sich als über dem Wasser schwebende Schatztruhe barocker Kunst. Ihr zwischen 1631 und 1671 angelegter Garten ist weltberühmt. Seine zehn Terrassen, die im Laufe des Gartenjahres jeweils in unterschiedlichen Farben leuchten, faszinieren Besucher heute wie vor über 300 Jahren. Im Inneren des Palastes, der einen Großteil der Insel einnimmt, lässt sich eine imposante Reise durch Kunst und Geschichte unternehmen. Die Berthier-Galerie, Herzstück des Palasts, umfasst über 130 Gemälde, darunter Meisterwerke und einige Kopien großer Meister wie Raffael, Correggio und Tizian.
Blühende Fassaden
Die Isola dei Pescatori ist ein malerisches Dorf auf dem See. Hier lohnt es zu jeder Jahreszeit, sich im Labyrinth der autofreien Gassen treiben zu lassen und sich in authentischen Fisch-Restaurants zu stärken. Seit jeher gehört dieses Fleckchen Land im See zum Gebiet der Gemeinde Stresa. Illustre Persönlichkeiten, die hier in vornehmen Grand Hotels abgestiegen sind, haben Stresa schon im frühen 19. Jahrhundert berühmt gemacht. Neben Promis und Nobelherbergen in malerischen Badeorten haben vor allem üppig blühende Gärten das Image des Lago Maggiore geprägt. Blumen bekommen Schaulustige auch jetzt, während der Lichtinsel-Wochen, zu sehen. So werden auf die Fassaden des Palazzo Borromeo auf der Isola Bella ganz besondere Blumen projiziert. Die Lichtkünstler haben sie den Stillleben der Innendekoration „entnommen“. Stilisierte Gewächse, wie sie allabendlich auf den Palastmauern erscheinen, finden sich auf den Marmorverzierungen im Thronsaal, im Königinnen- und im Ankleidezimmer. Nun wachsen die Blumen der Kunst mitten im Winter über sich hinaus.
Foto: Archivio Fotografico Distretto Turistico dei Laghi – Marco Benedetto Cerini
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