Wie ein Hamburger Bürgerpanel sich mit Fragen von Integration
Am Samstag, den 12.10.2024 trafen 50 repräsentativ ausgewählte Bürger:innen bei der zweiten Veranstaltung des Dialogformats CoSaturday mit Expert:innen zum Thema „Wie kann Integration (in Hamburg) gelingen?“ in der Factory Hammerbrooklyn zusammen. Organisatorin der wissenschaftlich begleiteten Veranstaltungsreihe ist Cociety, ein Zusammenschluss von zehn gemeinnützigen zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Das höchst aktuelle Thema wurde jeweils in Kleingruppen von allen Teilnehmenden aus den vier Blickwinkeln Wirtschaft (Impulsgeberin Dr. Friederike Föcking, Sozialbehörde Hamburg), Kultur (Impulsgeber Dr. Özgür Özvatan, Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung/Humboldt Universität), Soziales (Impulsgeberin Dr. Seyran Bostanci, Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung) sowie Politik (Impulsgeber Kubilay Dertli, Spezialist für Fachkräfteeinwanderung) diskutiert. Kontroverse Zukunftsszenarien, die zum Zwecke der Auseinandersetzung mit möglichen Entwicklungen in der Zukunft galten, wie:
– die mögliche Einführung eines ethnischen Kastenwesens in Deutschland
– verpflichtende Bildungspatenschaften für Migrant:innen
– Bestplatzierungen im PISA-Test für das Hamburger Schulsystem Dank der bewussten Nutzung der Vorteile kultureller Vielfalt in Hamburgs Klassen
– ein Ende des Fachkräftemangels im Hamburger Gesundheitswesens Dank gezielter Rekrutierungsmaßnahmen ausländischer Fachkräfte
sorgten für emotionale und kontroverse Diskussionen.
In einem anschließenden gemeinsamen Plenum, der sog. Fishbowl-Diskussion, wurden mit dem teilnehmenden Bürgerpanel unter Einbindung von Impulsgeber:innen Kubilay Dertli und Manuela Maurer (mehrfach ausgezeichnetes Social Business Chickpeace) alltagsnahe Ideen und persönliche Erfahrungen wie Integration gelingen kann, besprochen.
„Beim CoSaturday wurde deutlich, dass Integration, entgegen der oft gängigen Darstellung, ein WIR-Konzept ist. Bestehend aus der Seite der Zugewanderten und der Seite der Aufnahmegesellschaft. Was beide Seiten eint, ist, dass es immer um die Integrationsbereitschaft sowie die Integrationsmöglichkeiten geht. Offenheit auf beiden Seiten ist ein zentraler Erfolgsfaktor sowie eine Balance aus Anpassung und Veränderung“, erläutert Dr. Marina Beermann, Geschäftsführerin von Cociety zusammen. Und weiter: „Dialogkonzepte wie CoSaturday können dazu beitragen, persönlich wahrgenommene Bedrohungen und Ängste im Kontext von Integration zu entschärfen!“
Ursachen für Konfliktpotential in Integrationsfragen
Die Ergebnisse der empirischen Abfragen, die die teilnehmenden Bürger:innen während des Tages ausfüllten, zeigten, wo die größten Konfliktpotentiale gesehen werden. „Eine überraschende Erkenntnis aus dem Dialogformat war für uns u.a., dass die soziale Dimension mit Aspekten wie Bildung, Wohnen, Sprache und Gesundheitsversorgung aus Sicht der Teilnehmenden das größte Konfliktpotential aufweist“, ergänzt Anna Keremen, Projektmanagerin Cociety. „Gefolgt von Aspekten aus dem Bereich der kulturellen Dimension“. Durch die Diskussionen innerhalb der sozialen Diskussion wurde deutlich, dass die Mehrheit der Teilnehmenden das Bildungssystem, den Wohnungsmarkt und die Gesundheitsversorgung als nicht funktionsfähig und robust genug hält, um zusätzliche Anforderungen, die eine Integration Zugewanderter erforderlich macht, leisten zu können. Diskriminierungserfahrungen als Barrieren von Partizipation und Integration sowie mögliche als unfair empfundene Übervorteilungen und Sonderrechte von migrantischen oder ausländischen Menschen wurden deutlich. Dr. Seyran Bostanci, plädierte in diesem Kontext für mehr gelebte Empathie im Miteinander: „Schuldzuweisungen führen nicht dazu, dass wir unser System verbessern und uns auf eine postmigrantische Zukunft vorbereiten.“
CoSaturday: Dialogformat zur Förderung gesellschaftlicher Resilienz
Das Begegnungsformat CoSaturday wird über die Dauer von zwei Jahren wissenschaftlich evaluiert: Das ausgewählte Bürgerpanel und Expert:innen treffen sich basierend auf einem eigens konzipierten Format zum offenen Austausch zu vier Themen, die sich an aktuellen gesellschaftlichen Konfliktpunkten orientieren. 50 weitere Personen nehmen als soziodemographische Zwillinge nach dem sog. Control & Treatment Ansatz nicht am Dialogformat teil. So kann gemessen werden, wie und ob sich die persönlichen Einstellungen der Teilnehmenden beim CoSaturday im Vergleich zur Control-Gruppe bei ,Triggerthemen“ verändern, als auch die Fähigkeit im Umgang mit gesellschaftlichem Wandel im Allgemeinen. Das Ziel des innovativen Projekts von Cociety ist die langfristige Stärkung der Resilienz in der Gesellschaft, u.a. durch die Förderung von Bürger:innenbeteiligung und Dialog zu polarisierenden Themen.
„Der heutige Tag hat uns erneut vor Augen geführt, wie stark wir in unseren eigenen Blasen leben und wie wenig Berührungspunkte und Austausch wir im Alltag mit einem breiten Spektrum der Hamburger Gesellschaft haben. Es wurde deutlich, dass es Kraft und Mut erfordert, diesen Dialog zu konfliktbeladenen Themen zu tätigen.
Dennoch ist dieser Austausch wertvoll, auf menschlicher Ebene und, um komplexe Sachverhalte besser verstehen zu können. Im Rahmen des CoSaturday-Projektes gelingt es uns junge und alte Menschen, sowohl Arme als auch Reiche, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sowie Wähler:innen aller Parteien zusammenzubringen, um über gesellschaftlich relevante Probleme zu diskutieren und uns trotz unserer Andersartigkeit als Teil unserer gemeinsamen Gesellschaft zu begegnen“, fasst Cociety“s Geschäftsführerin Dr. Marina Beermann zusammen.
Cociety möchte mit Initiativen für eine resiliente Gesellschaft das Lager- und Inseldenken aufbrechen und den Kontakt zu Menschen mit anderen Lebensrealitäten als der eigenen herstellen und fördern. Der nächste CoSaturday zu einem gesellschaftlich relevanten Thema findet im März 2025 statt.
Weitere Informationen:
Website: https://www.co-ciety.org/
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Anna Keremen, Projekt Managerin Cociety
Telefon: 040-6461-8813, Email: anna.keremen@co-ciety.org
Über Cociety – Initiativen für eine resiliente Gesellschaft
Cociety ist ein Zusammenschluss von zehn gemeinnützigen, zivilgesellschaftlichen Organisationen aus den Bereichen Natur-, Umwelt- und Klimaschutz, Kultur und Bildung sowie internationale Entwicklungszusammenarbeit. Alle Gründungsmitglieder von Cociety verbindet u.a. die Förderung von Prof. Dr. Michael Otto, der Cociety im Herbst 2022 ins Leben gerufen hat. Das Ziel von Cociety ist es, die Wirksamkeit der Initiativen sowie die gesellschaftliche Resilienz zu stärken. Mit innovativen Projekten und Formaten wie den „CoSaturdays“ setzt sich Cociety aktiv für eine lebendige und widerstandsfähige Gesellschaft und Demokratie in Hamburg und darüber hinaus ein. Cociety ist eines von zehn „Resilience Future Labs“ innerhalb der EU, die von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon Europe mit der FUTURESILIENCE Finanzhilfevereinbarung Nr. 101094455 gefördert werden.
Kontakt
Cociety – Initiative für eine resiliente Gesellschaft
Anna Keremen
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040-6461-8813
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