IMC Krems beteiligt sich an bahnbrechender Studie, die Daten aus der Drittperspektive von Social Media Nutzer*innen einbezieht
Krems, Österreich, 09. Juli 2024: Verbraucher*innen, die soziale Medien nutzen, reagieren auf Interaktionen zwischen Micro-Influencern und dem Gastgewerbe, wenn Letztere in einem „kollaborativen“ Umfeld agieren (kostenloses Essen/Unterkunft vs. Erwähnung des Gastgewerbes in sozialen Medien). Interessanterweise deuten die Ergebnisse einer Studie, die von einem internationalen Forschungsteam, darunter auch die IMC Hochschule für Angewandte Wissenschaften Krems, durchgeführt wurde, darauf hin, dass die Verbraucher*innen das „kollaborative“ Verhalten von Micro-Influencern eher ablehnen, weil sie es als unfair oder ungleich empfinden. Die Interpretation der Ergebnisse durch die Forschenden, die kürzlich in der renommierten Q1-Fachzeitschrift Journal of Tourism and Hospitality Management veröffentlicht wurden, trägt dazu bei, die Anwendung der sogenannten Equity-Theorie zu erweitern, indem sie die Perspektive der Social Media-Nutzer*innen als dritte Partei einbezieht.
Die Equity-Theorie – Theorie zum Gleichheitsprinzip der Gerechtigkeit – ist eine Motivationstheorie, die besagt, dass Menschen in sozialen Beziehungen nach Fairness streben, indem sie ihre eigenen Bemühungen und Belohnungen mit denen anderer vergleichen. Das Gefühl, im Vergleich zu anderen ungerecht behandelt zu werden, erzeugt Unzufriedenheit, die zu Verhaltensänderungen führen kann, um das empfundene Ungleichgewicht auszugleichen. Auf der Grundlage der Equity-Theorie analysiert die vorliegende Studie die Wahrnehmungen und Reaktionen einer dritten Partei (Verbraucher*innen, die soziale Medien nutzen) auf den Austausch zwischen der nehmenden Partei (Social Media Micro-Influencer) und der gebenden Partei (Restaurants) in „Kollaborationsszenarien“ des Gastgewerbes. Während die Praktiken von bezahlten Influencern in der bestehenden wissenschaftlichen Literatur gut untersucht wurden, stellt das Phänomen der Zusammenarbeit mit unbezahlten Micro-Influencern bislang eine Grauzone dar, da theoretisch und empirisch unklar ist, wie sie das Nutzerverhalten beeinflusst. Giancarlo Fedeli vom Institut Tourismus, Wein Business und Marketing am IMC Krems und seine Kollegen Zhuowei (Joy) Huang von der Sun Yat-sen University (China) und Mingming Cheng von der Curtin University (Australien) haben sich diesem bisher wenig erforschten Thema angenommen – und einige interessante Fakten herausgefunden.
Die Wahrnehmung der Verbraucher*innen: Handeln Micro-Influencer unethisch?
Im ersten Teil der Studie analysierten die Forschenden Nutzerkommentare zu YouTube-Videos, die Kollaborationsszenarien zwischen Micro-Influencern und kleinen Gastgewerbebetrieben zeigen. Unbezahlte Micro-Influencer mit 10.000 bis 100.000 Followern neigen dazu, intensiv mit ihren Anhänger*innen zu interagieren und werden von Online-Nutzer*innen als authentisch, vertrauenswürdig und überzeugend wahrgenommen. Sie werden oft von kleinen Unternehmen bevorzugt, die es sich nicht leisten können, für Partnerschaften zu bezahlen. Giancarlo Fedeli erklärt: „Wir haben fünf Videos mit mehr als 6.200 Kommentaren analysiert und schließlich 326 Kommentare, die persönliche Ansichten über Micro-Influencer widerspiegeln, in unsere Analyse einbezogen. Die Mehrheit der Verbraucherreaktionen konzentrierte sich eindeutig auf die Tatsache, dass es unethisch ist, wenn Influencer um kostenlose Mahlzeiten oder Unterkunft bitten.“ Es wurden drei Hauptdimensionen dieser Klassifizierung identifiziert – „Vertrauensverlust“, „unangemessenes Verhalten“ und „unethische Praktiken“. Die erste Dimension drückt die Besorgnis aus, dass „kollaboratives“ Verhalten den Wert der Wahrheit untergräbt – beispielsweise führt die Weigerung, Micro-Influencern kostenlose Mahlzeiten anzubieten, zu schlechten Bewertungen auf ihren Social Media-Kanälen. „Unangemessenes Verhalten“ bedeutet, dass die Bitte um Zusammenarbeit durch Micro-Influencer nicht als lohnende Investition für das Restaurant angesehen wird – ein „Like“ in den sozialen Medien rechtfertigt kein kostenloses Essen. Die Kommentierenden waren auch der Meinung, dass Micro-Influencer mit ihren Inhalten Geld verdienen und ihren Lebensstil vermarkten sollten, anstatt „unethische Praktiken“ anzuwenden, um kostenlose Dingen zu erbitten. Interessanterweise unterstützte nur eine kleine Anzahl von Kommentaren die „ethische“ Perspektive des „normalen Geschäftslebens“, wobei der Schwerpunkt auf der Tatsache lag, dass die Bitte um eine kostenlose Mahlzeit/einen kostenlosen Aufenthalt als Gegenleistung zur Werbung für das Unternehmen eine gängige Geschäftspraxis im Marketing ist.
Die Reaktion der Verbraucher*innen: Beeinflussen unterschiedliche Kollaborationsszenarien ihre Einstellung gegenüber Micro-Influencern?
Auf der Grundlage der Ergebnisse des ersten Teils der Studie entwickelten die Forschenden einen 2×2-Versuchsplan, in dem 2 Faktoren als abhängige Variablen definiert wurden, was zu 4 verschiedenen Kollaborationsszenarien führte: Der erste Faktor war die Reaktion der Geber (Restaurant) auf die Kooperationsanfrage der Micro-Influencer („akzeptieren“ oder „ablehnen“). Der zweite Faktor bezog sich auf die Online-Kommentare der Empfangenden (Micro-Influencer), d.h. positive oder negative Kommentare. Die dritte Partei waren die Verbraucher*innen, die zwar nicht direkt beteiligt, aber sehr wohl Teil des Austauschs waren. „Bei unseren Experimenten“, beschreibt Prof. Fedeli, „sahen sich unsere Teilnehmer*innen – die Verbraucher*innen – ein kurzes Video an, in dem ein Micro-Influencer im Austausch für ein Bild auf seiner Instagram-Seite um ein kostenloses Essen in einem Restaurant bat. Anschließend wurde jeder der 438 Teilnehmer*innen einem der vier Kollaborationsszenarien zugewiesen und gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, um die kognitiven und verhaltensbezogenen Ergebnisse gegenüber dem Micro-Influencer zu analysieren.“ Das Forschungsteam stellte zwei Hauptergebnisse fest: Erstens stimmten die Teilnehmer*innen übereinstimmend zu, dass das „Kollaborationsverhalten” des Micro-Influencers unangemessen war und den Wert der Wahrhaftigkeit oder Authentizität seines Beitrags untergrub – unabhängig davon, ob der Influencer positive oder negative Kommentare in den sozialen Medien hinterließ. Zweitens wurden das Vertrauen der Teilnehmer*innen in den Influencer, ihre ethische Wahrnehmung der Fairness gegenüber dem Restaurant und ihr Verhalten danach, signifikant höher bewertet, wenn der Influencer positive Kommentare anstatt negativer Kommentare hinterließ. Generell deuten die Ergebnisse beider Teile der Studie darauf hin, dass die Verbraucher*innen – basierend auf den Grundsätzen der Equity-Theorie – die „Zusammenarbeit“ von Micro-Influencern mit Gastgewerbebetrieben eher als ungleich oder unfair wahrnehmen. Darüber hinaus berichteten die Verbraucher*innen, dass die Micro-Influencer als besonders unethisch wahrgenommen werden, wenn das Gastgewerbeunternehmen die Zusammenarbeit verweigert und danach negative Kommentare online gestellt werden.
Diese Studie leistet mehrere wichtige Beiträge zur bestehenden Tourismusliteratur, indem sie die Equity-Theorie verwendet, um das Phänomen der kollaborativen Interaktionseffekte im Gastgewerbe und die damit verbundenen ethischen Fragen zu beleuchten. Sie erweitert die Anwendung der Theorie vom Gleichgewicht zwischen Gebenden und Nehmenden auf weitere Interessengruppen, bezieht die Auswirkungen sozialer Medien mit ein und hebt die Rolle der Nutzer*innen sozialer Medien bei der Bewertung der Gerechtigkeit hervor. Zukünftige Forschung sollten das Experiment für verschiedene Gastgewerbeprodukte und Social Media-Plattformen wiederholen, um Unterschiede im gesamten Tourismussektor und zwischen verschiedenen Online-Zielgruppen zu untersuchen.
Originalpublikation: Trouble in paradise? Collaboration behavior and ethics of micro-influencers in the hospitality industry. Zhuowei(Joy) Huang, Giancarlo Fedeli, Mingming Cheng. Journal of Hospitality and Tourism Management 59 (2024) 25–35. https://doi.org/10.1016/j.jhtm.2024.03.005
IMC Krems in Kürze
Das IMC Krems ist eine international ausgerichtete „University of Applied Sciences“ im Herzen Niederösterreichs. Sie ist mit 180+ Partneruniversitäten, weltweit über 1.000 Partnerunternehmen und rund 3.000 Studierenden aus 90 Ländern am Standort Krems sowie mehr als 700 Studierenden an 5 internationalen Standorten eine Hochschule mit Schwerpunkten in Internationalisierung, Praxisorientierung und Innovation. Auch Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind in der dynamischen, modernen Bildungseinrichtung zeitgemäße Fokusthemen über alle Studienprogramme hinweg. Derzeit werden 28 Vollzeit- bzw. berufsbegleitende Studiengänge (Bachelor & Master) und ein Lehrgang in den Schwerpunkten Wirtschaft, Gesundheit und Naturwissenschaften & Technik angeboten.
Das IMC Krems arbeitet eng mit Forschung und Wirtschaft zusammen – aktuell laufen an der Hochschule zahlreiche Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von mehreren Millionen Euro. Mit den Vorlesungssprachen Englisch und Deutsch, Berufspraktika im In- und Ausland, internationalen Austauschprogrammen und Auslandssemestern werden Studierende bestens auf eine nationale oder internationale Karriere vorbereitet. Ausgezeichnet: Hohe Anerkennung über Österreichs Grenzen hinaus genießt das IMC Krems durch diverse Auszeichnungen wie das CHE-Hochschulranking, Times Higher Education (THE) Impact Ranking und Positive Impact Rating (PIR) (weiters IQNet und Quality Austria für erfüllte ISO-Standards, Diploma Supplement Label), Zertifikate (evalag), Mitgliedschaften (FHK, AACSB, EFMD, ÖAWI, EAIE) und Akkreditierungen von internationalen Organisationen. Laut den Rankings genießt das IMC Krems besonders hohe Weiterempfehlungsraten und punktet als beliebte Arbeitgeberin. Die aktuellen Zahlen & Fakten finden Sie unter Facts & Figureshttps://www.fh-krems.ac.at/fachhochschule/medienportal/presse/#facts-figures
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