Bei einer so genannten Handschuhehe ist einer der beiden künftigen Ehepartner nicht selbst vor Ort. Eine solche in Afghanistan geschlossene Stellvertreterehe kann auch in Deutschland anerkannt werden. Die Tatsache einer Handschuhehe ist dann kein Grund für die Aufhebung der Ehe.
Die beiden afghanischen Staatangehörigen hatten im Januar 2022 in ihrem Heimatland geheiratet. Es handelte sich um eine Handschuhehe. Der Ehemann lebt seit 2015 in Deutschland. 2019 hatte sich das Paar verlobt und den Kontakt über regelmäßige Videotelefonate gehalten.
Einige Monate nach der Hochzeit war die Frau nach Deutschland geflüchtet. Nachdem das Paar rund drei Wochen gemeinsam bei einem Bekannten gelebt hatte, wurde die Frau aufgrund einer Selbstmeldung und ihrer eigenen Alterseinschätzung als unbegleitete minderjährige Jugendliche in Obhut genommen.
Der Mann wollte die Aufhebung der Ehe erreichen. Seine Frau habe die Ehe mit ihm nur geschlossen, um ein Visum zu erhalten. Nach ihrer Einreise nach Deutschland habe sie sich jünger gemacht als sie tatsächlich sei und unter einem anderen Namen einen Asylantrag gestellt. Es sei ihr ausschließlich darum gegangen, ein Aufenthaltsrecht für Deutschland zu erhalten. Erst im September 2022 habe sie ihm erklärt, sie wolle auf keinen Fall mit ihm zusammenleben.
Ist eine Handschuhehe in Deutschland gültig?
Die Richter lehnten eine Aufhebung ab und schieden die Ehe. Sie hatten keinen Zweifel an der Gültigkeit der Eheschließung, auch wenn es sich hierbei um eine Handschuhehe handelte. Gegen die Anerkennung der in Afghanistan geschlossenen Ehe sprächen keine wesentlichen Grundsätze des inländischen Rechts. Keiner der beiden Ehepartner habe angegeben, dass die Heirat nicht seinem Willen entsprochen habe. Daher gebe es keine Anhaltspunkte dafür, aus diesem Grund die Ehe nicht anzuerkennen. Auch an der Volljährigkeit der Frau gebe es keine ernsthaften Zweifel. Ihre eigenen Angaben zu ihrem angeblichen Geburtsdatum seien nicht plausibel.
Ein Aufhebungsgrund nach afghanischem Recht liege ebenfalls nicht vor. Dazu zähle unter anderem die Nichterfüllung einer Bedingung. Über die konkrete Ausgestaltung der Ehe hätte das Paar unstreitig keine Gespräche geführt. Darüber hinaus hätte der Mann ausreichende Erkenntnisquellen gehabt, um eine mögliche andere Motivation der Frau in Erfahrung zu bringen. Zudem sei es gut möglich, dass sich der Wunsch der Frau, allein zu leben, erst im Lauf der allein bewältigten Flucht nach Deutschland gebildet habe.
Oberlandesgericht Frankfurt am 04. April 2024 (AZ: 6 UF 204/23)
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