Ältere Kühlgeräte, beispielsweise Kühl- oder Gefrierschränke, werden immer noch mit Kältemitteln wie etwa R12 betrieben, die sehr umwelt- und klimaschädliche Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) enthalten. Damit diese nicht in die Umwelt gelangen, ist eine fachgerechte Entsorgung in einem geschlossenen System notwendig. Daneben stellen die vermehrt verwendeten brennbaren Kältemittel hohe Anforderungen an die Betriebssicherheit. Zusätzlich steigt die Anzahl ausgedienter Klimageräte, welche mit hohem Druck im Kältekreislauf betrieben werden. Die hierfür von den Entsorgern eingesetzte Aufbereitungstechnik wurde bisher von wenigen verfügbaren Herstellern geliefert, was nicht immer dem gewünschten, spezifischen Einsatzzweck diente und dadurch einen zusätzlichen Engineering- und Anpassungsaufwand bis zur gewollten Performance zur Folge hatte. Die Erdwich Zerkleinerungs-Systeme GmbH hat nun auf Basis ihrer jahrelangen Erfahrung mit der Realisierung von Kühlgeräte-Recyclinganlagen eine neuartige Absauganlage konstruiert. Die vollautomatische KAA100 saugt sowohl Kältemittel als auch Verdichter-Öl in einem einzigen Arbeitsschritt aus intakten, aber auch defekten Kühlgeräten und Klimaanlagen ab. Die Anlage erfüllt die ATEX-Richtlinie 2014/34/EU, ist geprüft gemäß der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) und ist TA Luft-konform. Auf Wunsch plant und verwirklicht das Engineering-Unternehmen aber auch komplette Kühlgeräte-Aufbereitungsanlagen inklusive Separier- und Zerkleinerungsmaschinen sowie der Abluftreinigungstechnik in einem geschlossenen System.
Rund 3 Mio. Kühlgeräte werden laut eines Berichts der Deutschen Umwelthilfe von März 2020 jährlich in Deutschland entsorgt. Probleme stellen vor allem die als Kältemittel eingesetzten FCKW und andere Fluorierte Gase (F-Gase) dar, die – wenn unsachgemäß entsorgt – ein Treibhauspotential entfalten, das circa demjenigen von 2,7 Mio. t CO2 entspricht. Recyclingunternehmen, welche für die Zerkleinerung der Kühlgeräte zuständig sind, mussten bei den benötigten Anlagen bisher jedoch auf mehrere Hersteller zurückgreifen, was den Aufwand bei der Entwicklung und Inbetriebnahme erheblich erhöhte. „Bis jetzt bot der Markt keine Lösung getreu dem Motto ‚Alles aus einer Hand‘“, erklärt Harald Erdwich, Geschäftsführer der Erdwich Zerkleinerungs-Systeme GmbH. „Die Betriebe mussten die Anlagen für die Stufe 1 – also die Absaugung der Kältemittel – separat erwerben, was die Koordination bei der Projektabwicklung erschwerte und oft auch einen größeren Platzbedarf sowie einen höheren Wartungsaufwand zur Folge hatte.“
Absauganlage basiert auf jahrzehntelanger Engineering-Erfahrung
Erdwich selbst wurde zusätzlich durch einen namhaften Kunden auf die Problematik aufmerksam gemacht und dazu angehalten, darauf mit einer der Situation gerecht werdenden Eigenentwicklung zu reagieren. Das Unternehmen aus dem bayerischen Igling hat jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung von projektspezifischen Aufbereitungs- und Zerkleinerungsanlagen; Absauganlagen gehörten bisher nicht dazu. Da der Anlagenbauer jedoch zahlreiche Kühlgeräte-Aufbereitungsanlagen in aller Welt realisiert hat und die Anforderungen genauestens kennt, war es bis zur Entwicklung einer Kältemittel-Absauganlage, die sowohl in Fremdanlagen als auch in Eigenanlagen von Erdwich integriert werden kann, nur ein kleiner Schritt. „Wichtig war uns bei der Konstruktion vor allem, dass die Anlage unterschiedlichen Anforderungen gerecht wird“, berichtet Erdwich. „Deshalb haben wir unsere Entwicklung über ein Jahr lang ausgiebig bei einem unserer Kunden getestet und auch Extremsituationen wie dem gleichzeitigen Absaugen von mehreren Klimageräten mit hohem Systemdruck ausgesetzt, damit die Absauganlage unter den verschiedensten Bedingungen einsatzfähig bleibt.“
Der Absaugprozess in der sogenannten Stufe 1 erfolgt dabei nach einem festen Schema: Zunächst werden manuell alle losen Teile wie Kabel mit Steckern, Obstschalen, Glas, Lebensmittelreste und – im Fall von Kühltruhen – Schadstoffe wie beispielsweise Quecksilberschalter entfernt. Anschließend wird das Kühlgerät auf einem Kipptisch platziert. Der Kältekreislauf wird mittels Anstechzange an der tiefsten Stelle angestochen und gleichzeitig gegenüber der Außenluft abgedichtet. Alternativ bietet ERDWICH auch eine weiterentwickelte Bohrkopftechnologie zum direkten Selbstansaugen und Anbohren des Kältekompressors an. Dabei entfällt bei dieser Art der Absaugung das Ankippen des Kühlgeräts.
Ölabscheider trennt zuverlässig Fest- und Flüssigphase
Da Kältemittel die Umwelt besonders belasten können, muss bei der Entsorgung möglichst behutsam vorgegangen werden. „Dafür wird das Kältemittel-Öl-Gemisch über VA-Rohrleitungen zunächst in einen Entspannungsbehälter abgesaugt“, erklärt Erdwich. „Dadurch ist die Anlage in der Lage, auch Kältemittel mit höheren Drücken aus Klimaanlagen gefahrlos abzusaugen.“ Anschließend gelangt das Gemisch in den Ölabscheider, wo die Flüssigphase (Öl) von der Gasphase (Kältemittel) getrennt wird. Da der Ölabscheider die Bestandteile jedoch nicht zu 100 Prozent voneinander trennen kann, wird das Öl in einen zusätzlichen Heizbehälter transportiert. Nach dem Erreichen eines vorher festgelegten Füllstands wird das Öl schließlich auf 90 °C erhitzt. Die Dauer des Erhitzungsvorgangs kann dabei individuell eingestellt werden. Durch dieses Vorgehen werden auch die letzten verbliebenen Kältemittelreste sauber vom Öl getrennt.
Während das Öl in einen Ölsammelbehälter gepumpt wird, erfolgt die Verdichtung und Sammlung der Kältemittel aus dem Ölabscheider sowie dem Heizbehälter zunächst in zwei dafür vorgesehenen Behältern. Diese werden mit Hilfe von Wärmetauschern gekühlt, um einen Anstieg des Drucks im Inneren der Behälter zu verhindern. Abschließend werden sie in kundenseitige Entsorgungsgebinde transportiert. Die Abfüllung erfolgt auch hier wieder abhängig vom jeweiligen Füllstand und wird automatisch gesteuert. Zuletzt wird das Kühlgerät nach Trennung von Anstechzange oder Bohrkopf und Heraustrennen des Kompressors an die nachfolgende Aufbereitungstechnik weitergeleitet, sodass die Kühlgeräte zerkleinert und die Feststofffraktionen wie Eisen, Aluminium, Kupfer, Kunststoffe sowie Isolierschaum voneinander getrennt werden können.
Integrierter Stickstofferzeuger kontrolliert Sauerstoffgehalt
„Insbesondere bei der Absaugung defekter Kühlmittelkreisläufe kann es vorkommen, dass Luft von außen in das System gelangt“, berichtet Erdwich. „Aus diesem Grund wurde ein Stickstofferzeuger integriert, der abhängig vom Sauerstoffgehalt bis zu 99,5 Prozent reinen Stickstoff zuführt.“ Dadurch wird der im Explosionsschutz-Gutachten festgelegte Sauerstoffhöchstwert von 8 Prozent stets unterschritten und jegliche Gefahr für Mitarbeiter ausgeschlossen.
Da die in das System eingetretene Luft jedoch nicht verdichtet werden kann und einen Druckanstieg in den Sammelbehältern auslöst, wird sie geregelt über Ventile ausgeleitet, nochmals mittels Aktivkohlefiltern oder ähnlichen Komponenten gefiltert, um beispielsweise Kältemittelreste zu entfernen, und anschließend an die Umgebungsluft abgegeben. Die jeweiligen Zustände wie Füllstände der Anlage lassen sich dabei schnell auf einen Blick über die Bedienoberfläche erfassen. Auf diese Weise können sowohl VHC-/VFC-Kältemittel wie beispielsweise R12, R22, R134a, R290, R407c, R410a und R600a als auch das Kältemittel-Öl problemlos abgesaugt und umweltgerecht entsorgt werden.
Absauganlage erfüllt hohe Sicherheitsstandards
Die Kältemittel-Absauganlage ist TÜV-zertifiziert, TA Luft-konform und entspricht allen relevanten Vorschriften wie dem AwSV-Gutachten sowie der ATEX-Richtlinie 2014/34/EU für Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen. „Recyclingunternehmen müssen immer flexibler auf neue Entwicklungen und Gesetzesverschärfungen reagieren, um unterschiedlichste Geräte effizient und umweltschonend aufbereiten sowie die Rohstoffe in den Materialkreislauf zurückführen zu können“, erläutert Erdwich. „Wir wollten deshalb eine Anlage konstruieren, die sich einfach in bereits bestehende Prozesse integrieren lässt und mit der Umweltunternehmen langfristig für verschiedene Zukunftsszenarien gerüstet sind, ohne ständig in neue Anlagentechnik investieren zu müssen.“
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