Brutto-Öko-Produkt (BÖP): Neue Messgröße zur Bewertung des Wohlstands

Die historisch verwurzelte ökonomische Messgröße, das Bruttoinlandsprodukt (BIP), erweist sich angesichts der aktuellen Herausforderungen einer Welt, die von der Klimakrise und schwindenden Ressourcen geprägt ist, als unzureichend. In diesem Kontext gewinnt das Konzept des Brutto-Ökosystemprodukts zunehmend an Bedeutung. Während das BIP bisher hauptsächlich die Wertschöpfung durch Güter und Dienstleistungen quantifizierte, ist es an der Zeit, neue Maßstäbe einzuführen, um den wahren Wert verschiedener Leistungen abzubilden. Die lang etablierte Rolle des BIP wird infrage gestellt, da sie den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Verschiedene Ansätze werden diskutiert, um das BIP zu ersetzen oder zumindest zu ergänzen. In nahezu allen diskutierten Modellen steht die verstärkte Berücksichtigung des ökologischen Fußabdrucks und anderer Umweltauswirkungen im Mittelpunkt, um eine umfassendere Darstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu ermöglichen. Die schweizerische MABEWO AG vereint unter ihrem Dach Unternehmen, die an der Entwicklung und dem Betrieb von nachhaltigen Produktionsverfahren arbeiten, um Ressourcen zu schützen, langfristig Effizienz und Nachhaltigkeit zu fördern.

Alternative Wohlfahrts-Indikatoren

Dr. Schreiber: Das Land China hat ein Brutto-Ökosystemprodukt als Maßstab für ökologische Nachhaltigkeit eingeführt. Untersuchungen zeigen, dass die Luftqualität in Peking in den letzten Jahren erheblich besser geworden ist, als in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Jörg Trübl: Als Umweltingenieur betrachte ich Technologie zunächst einmal als politisch neutral. Die Veränderungen in den Luftqualitätsparametern zwischen Peking und Neu-Delhi sind zweifellos aufschlussreich. Durch eine autokratische Steuerung ist es gelungen, die Luftqualität in der Hauptstadt Chinas erheblich zu verbessern, während Indien, als demokratisches Land, diesen Schritt in den letzten zehn Jahren nicht geschafft hat. Das mag dahin stehen. Wichtig ist ein offener Blick in die Zukunft. Wir sollten uns darauf konzentrieren, die Umweltschutzherausforderungen durch den intelligenten Einsatz von Technologie zu bewältigen, wie es die MABEWO Gruppe mit ihren technologischen Lösungen für die Landwirtschaft anstrebt.

Dr. Schreiber: Könnten Sie erläutern, welchen Hintergrund das Brutto-Ökosystemprodukt hat?

Jörg Trübl: Das Brutto-Ökosystemprodukt stellt eine Ergänzung zum Bruttoinlandsprodukt aus der Volkswirtschaft dar. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dient als Maßstab für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Diese wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft ist jedoch keineswegs umweltneutral. Um der Natur einen monetären Wert zuzuordnen, müssen die ökologischen Auswirkungen in die wirtschaftlichen Bilanzen einbezogen werden. Diese Debatte findet weltweit statt und verdankt ihren Ursprung maßgeblich Persönlichkeiten wie der US-Forscherin Gretchen Daily von der Stanford Universität oder dem „Dasgupta-Bericht“ aus dem Jahr 2021, verfasst von Professor Sir Partha Dasgupta in Großbritannien. Dieser Bericht beleuchtet die ökonomischen Konsequenzen menschlichen Handelns auf die Umwelt.

Dr. Schreiber: Jetzt gibt also das Brutto-Ökosystemprodukt der Natur einen Wert?

Jörg Trübl: Das Brutto-Ökosystemprodukt umfasst alle Güter und Dienstleistungen, die von Ökosystemen generiert werden und nicht aus wirtschaftlicher Produktion stammen. Die aktuellen wirtschaftlichen Kosten müssen die Auswirkungen auf die Natur berücksichtigen. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür liefert der Dasgupta-Bericht. Auf über 600 Seiten hat dieser Bericht überzeugend dargelegt, dass unsere gegenwärtige Art der Ressourcennutzung etwa 1,6 Erden erfordern würde. Eine ökonomische Analyse berücksichtigt daher die Umweltauswirkungen und ermöglicht eine ehrliche Bewertung der Vor- und Nachteile menschlichen Handelns. Nur so können wir zu fundierten und rationalen Entscheidungen gelangen.

Bewertungsmaßstab Brutto-Ökosystemprodukt

Dr. Schreiber: Wie errechnet sich das Brutto-Ökosystemprodukt?

Jörg Trübl: Der Natur und deren Nutzung beziehungsweise Schädigung werden Werte zugewiesen. Dieses System ist komplex, weil es die Berechnungen der Selbstreinigungskraft der Erde berücksichtigen muss – ein Konzept, das uns aus dem Bereich des Gewässerschutzes bekannt ist. Ein gewisser Grad an Verunreinigungen und Störungen wird von dem System toleriert. Traditionell werden Umweltherausforderungen gesetzlich durch Grenzwerte und Mengenbeschränkungen geregelt, während die Wirtschaft frei agiert, jedoch durch Gesetze reguliert wird. Der chinesische Lösungsansatz ist die Berechnung von Folgen des wirtschaftlichen Handelns durch Einbeziehung in politische Entscheidungen. In China wurde ab Oktober 2022 ein landesweit gültiger Standard für die Berechnung des BIP eingeführt. Interessanterweise werden lokale Entscheidungsträger nicht mehr allein auf Grundlage des Bruttoinlandsprodukts ihrer Region bewertet, sondern auch anhand des Brutto-Ökosystemprodukts als zusätzlichem Bewertungskriterium.

Dr. Schreiber: Das kann in einem autokratischen System einfacher implementiert werden?

Jörg Trübl: Das vermag ich nicht zu beurteilen; aber es ist ermutigend zu sehen, dass sowohl Forscher als auch politische Entscheidungsträger Mechanismen entwickeln, um Umweltkosten und Umweltschäden in wirtschaftliche Überlegungen einzubeziehen. Als Umweltingenieur war ich global tätig. Ich hatte beispielsweise mit Herausforderungen wie der Deponieentgasung zu tun. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen zur nachträglichen Sanierung von Umweltschäden aus der Vergangenheit. Als der Abfall einfach auf Deponien abgeladen wurde, wurden diese späteren Umweltkosten nicht berücksichtigt.

Dr. Schreiber: Was ist denn die Lösung bei der Deponieentgasung?

Jörg Trübl: Die Deponieentgasung bezieht sich auf den Prozess der Erfassung und Behandlung von Methanemissionen aus Mülldeponien. Methan ist ein hochpotentes Treibhausgas, das etwa 25-mal stärker zur globalen Erwärmung beiträgt als Kohlendioxid (CO). Die MABEWO AG hat innovative Technologien entwickelt, um diese schädlichen Emissionen einzufangen und in erneuerbare Energie umzuwandeln, indem Methan als Brennstoff zur Stromerzeugung genutzt wird.

Ökologischer Umbau der Wirtschaft – USA starten großes Investitionsprogramm

Dr. Schreiber: Wie wird es denn mit dem Konzept des „Brutto-Ökosystemprodukts“ in Zukunft weitergehen?

Jörg Trübl: Global wird diskutiert und geforscht. Schweden plant, den Ansatz der wirtschaftlichen Steuerung über das Brutto-Ökosystemprodukt in einer Studie zu untersuchen. Die Politik geht auch hier – vielfach öffentlich wenig diskutiert – weiter und versucht, Vorreiter zu sein. Die USA haben ein großes Investitionsprogramm zum ökologischen Umbau der Wirtschaft im Januar 2023 gestartet. Auch China und die Europäische Union möchten nicht zurückbleiben. Der „European Green Deal“ skizziert den Weg zur CO-neutralen Wirtschaft bis 2050 durch den Einsatz intelligenter Technologien und Investitionen. Dies ist durchaus machbar. Im Moment sind uns die Amerikaner in Bereich Investitionen etwas davon geeilt.

Über den Autor und Verantwortlich:

Personalberater und Honorardozent Dr. Rainer Schreiber, mit Studium der Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten Finanzierung, Controlling, Personal- und Ausbildungswesen. Der Blog schreiber-bildung.de bietet die Themen rund um Bildung, Weiterbildung und Karrierechancen. Sein Interesse liegt in der beruflichen Erwachsenenbildung und er publiziert zum Thema Personalberatung, demografischer Wandel und Wirtschaftspolitik. Du erreichst uns unter abowi.com.

Die MABEWO AG steht für Nachhaltigkeit. „Make a better world“ investiert in die Zukunft und entwickelt innovative Technologien, um die größten Herausforderungen unserer Zeit zu lösen: Klimaschutz, Energiewende, Ressourcenschonung und Lebensmittelversorgung. Herr Jörg Trübl ist ausgebildeter Umweltingenieur und verfügt über 20 Jahre praktische wirtschaftliche Erfahrung in der Unternehmensführung als Berater, Coach und CEO von KMUs in Europa.

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