Ignoriert die Staatsanwaltschaft Berlin das Legalitätsprinzip?

Sehr geehrter Frau Staatsanwältin Falkenstein,

zuerst einmal danke, dass Sie 2021 Ermittlungen gegen die Degewo aufgenommen haben, nachdem ich Strafanzeige über meinen Anwalt erstattet habe. Sie sahen Anfangs anscheinend genug Gründe dafür, um ein Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Personenkreis (der in Wirklichkeit ja schon teilweise bekannt ist) bei der Degewo zu eröffnen.

Die Ermittlungen wurden dann aber leider von Ihnen eingestellt (ohne das aktiv gegen einen Tatverdächtigen bei der Degewo je ermittelt wurde), da Ihnen plötzlich ein Verfahrenshindernis eingefallen ist. Der Strafantrag wurde laut Ihnen nicht fristgemäß eingebracht. Sie begründen Ihre Entscheidung dann noch zusätzlich:

„Darüber hinaus wird das besondere öffentliche Interesse im Sinne des § 230 Abs. 2 StGB vorliegend nicht bejaht, da die Strafverfolgung vorliegend kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist und durch die Tat keine erheblichen Verletzungen verursacht wurden“.

Frau Staatsanwältin Falkenstein, Sie sagen also das Degewo-Mieter „keine erheblichen Verletzungen“ durch das Einatmen von Asbestfasern erlitten haben. Wollen Sie persönlich dafür bürgen, dass „keine erheblichen Verletzungen“ der Lunge aufgetreten sind? Haben Sie sich je mit der Asbestthematik beschäftigt?

Frau Staatsanwältin, glauben Sie wirklich das die Aufklärung grob fahrlässiger Handlungen von Führungspersonen bei der landeseigenen Wohnungsgesellschaft DEGEWO, nicht im öffentlichen Interesse sind? Das Legalitätsprinzip ist Ihnen sicherlich bekannt, oder?

Legalitätsprinzip Definition:

„Die Staatsanwaltschaft ist zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens verpflichtet, sobald ihr konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat bekannt werden. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob die Staatsanwaltschaft von dem Verdacht einer Straftat durch eine Strafanzeige oder auf anderem Weg Kenntnis erlangt.“

Quelle: Justizportal Niedersachsen

Die Pflicht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht also völlig unabhängig von meiner Strafanzeige. Es wäre somit Ihre Pflicht, Frau Staatsanwältin, Ermittlungen in jedem Fall aufzunehmen, WEIL Sie eindeutig von mir in Kenntnis darüber gesetzt wurden, dass ein Personenkreis bei der Degewo grob fahrlässig gehandelt hat, was zu gravierenden Folgen für viele Mieter führen kann / geführt hat.

Die Verwendung von Asbest wurde 1993 nicht umsonst bundesweit verboten. Es gibt keinen Grenzwert für Asbest. Desto mehr man davon einatmet, desto höher ist auch die Gefahr das man in Zukunft schwer krank wird. Nur weil es den äußeren Anschein hat, dass man gesund sei, bedeutet das nicht das man in Zukunft gesund bleibt. Selbst wenn nur ein Mieter zu Schaden gekommen ist (was nicht realistisch ist), ist das Grund genug die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft zu ziehen.

Was bedeutet grob fahrlässig?

„Nach § 276 Absatz 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Grobe Fahrlässigkeit liegt dementsprechend vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, indem schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden sowie das nicht beachtet wird, was im vorliegenden Fall jedem hätte einleuchten müssen.“ Quelle: Lexikon Juraforum.de

Macht man sich durch fahrlässiges Handeln strafbar?

„Im Strafrecht ist gem. § 15 StGB [Strafgesetzbuch] ist fahrlässiges Handeln nur dann strafbar, wenn das Gesetz es ausdrücklich mit Strafe bedroht. Deshalb sind eine fahrlässige Sachbeschädigung oder ein fahrlässiger Diebstahl nicht strafbar, wohl aber die fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) oder die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB).“ Quelle: Lexikon Juraforum.de

Frau Staatsanwältin, indem Sie Ermittlungen gegen einen teils schon bekannten Personenkreis bei der Degewo eingestellt haben (bzw. es wurde ja nie ernsthaft ermittelt), haben sie diesem Personenkreis praktisch Immunität gewährt. Dieser Personenkreis muss also keine Konsequenzen fürchten, wenn auch in Zukunft Mieter durch grob fahrlässige Handlungen gefährdet werden. Ihre Begründung ist nicht schlüssig und ein Schlag ins Gesicht von uns Betroffenen.

Mieter von landeseigenen degewo-Wohnungen werden seit Jahrzehnten über die lauernde Asbestgefahr in den eigenen vier Wänden in Unwissenheit gelassen.

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