Günstige Zeit? Schrottimmobilie oder Betongold?

Rechtsfragen rund um Immobilienkäufe als Kapitalanlage und Renditeobjekt – wie die Rechtsordnung Verbraucher in Deutschland schützt. Gastbeitrag von Thomas Friese, Unternehmensberater, Berlin, Oldenburg

Mit dem Erwerb von Immobilien wollen Verbraucher einen stabilen und sicheren Vermögenswert für die Zukunft schaffen. Immobilienkäufe stellen elementare Lebensentscheidungen für die meisten Menschen dar. Das Eigenheim als Glück allein, aber nicht vergessen werden darf, dass sich „Immobilie“ vom lateinischen „immobilis“ (unbeweglich) ableitet. Immobilienbesitzer sind gebunden und Eigentum verpflichtet. Wann ist die richtige Zeit für eine Bindung mit Verpflichtungen vor allem wenn es um Immobilien als Renditeobjekt geht?

Liebe vergeht – Hektar besteht

Sieben Millionen Deutsche sind Immobilieneigentümer und vermieten diese. Diese haben ungefähr einen Wert von 1.2 Billionen Euro. Das sind beeindruckende Zahlen.

Ziele des Immobilieneigentums – solide, stabil und konservativ

Aus langjähriger Erfahrung weiß der Autor als Unternehmensberater: Mit dem Erwerb von Immobilien wollen Verbraucher einen stabilen und sicheren Vermögenswert für die Zukunft schaffen. Dazu investieren Anleger das lang ersparte Geld immer häufiger in Immobilien, weil diese mit ihrer Bausubstanz einen nachhaltigen und sicheren Vermögenswert darstellen und von den Schwankungen auf dem internationalen Geldmarkt nicht unmittelbar berührt werden. Mit Immobilien und Immobilien als Renditeobjekt sind Verbraucher seit Jahrzehnten gut über die Runden gekommen. Diese Bausubstanz sollte jedoch ihr Geld wert sein, über die Jahre stabil bleiben und durch Mieteinnahmen regelmäßige Einnahmen erwirtschaften, die den Kaufpreis wieder einspielen sowie darüber hinaus eine wirtschaftlich sinnvolle Rendite erzielen.

Horrorfall – Schrottimmobilie

Doch was passiert, wenn dies nicht der Fall ist, weil man eine sogenannte „Schrottimmobilie“ erworben hat? Zwar hat der Betroffene Ansprüche gegen den Verkäufer, weil dieser einem nicht das verkauft hat, was vereinbart war und das Gekaufte auch seinen Preis nicht wert ist. Doch allzu oft sind die Verkäufer zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme leider insolvent, unbekannt verzogen oder einfach nicht liquide.

Erster Tipp: die Solidität des Verkäufers prüfen und sich nur auf Verträge einlassen, die von bewährten und bekannten Vertragspartnern angeboten werden.

Bankenhaftung

Für Anleger stellt sich dann die Frage: Kann ich die finanzierende Bank, die sich ja im Rahmen der Kreditgewährung die Immobilie als Beleihungsobjekt für sich geprüft hat, in Anspruch nehmen? Muss das Darlehen bei der Bank in voller Höhe zurückgezahlt werden, wenn der gezahlte und finanzierte Kaufpreis erheblich vom objektiven Verkehrswert abweicht?

Grundsätzlich gilt: Banken haften nicht wie der Verkäufer!

Zunächst ist einmal festzuhalten, dass die Bank nicht der Verkäufer der Immobilie ist und mit dem eigentlichen Verkauf und einer etwaig vorangegangenen Kapitalanlageberatung somit zunächst einmal nicht viel zu tun gehabt haben dürfte. Gegen den Verkäufer haben die Verbraucher bei den klassischen „Schrottimmobilien“ vielerlei Ansprüche, weil dieser sie „übers Ohr gehauen hat“. Mit diesem Vertragspartner haben Sie als Verbraucher den Kaufvertrag geschlossen. Erst im Nachhinein stellt sich oftmals heraus, dass es sich über eine überteuerte oder mangelbehaftete Immobilie handelt. Der Darlehensvertrag mit der Bank ist vom Kaufvertrag zu unterscheiden und rechtlich betrachtet ein zweiter, völlig unabhängiger Vertrag. Folgerichtig lässt die Rechtsprechung daher die finanzierende Bank nicht in jedem Fall der Finanzierung von einer überteuerten Immobilie haften.

Banken haften jedoch unter bestimmten Voraussetzungen

Festzuhalten ist: Die Bank gewährt in der Regel nur das Darlehen und berät den Käufer nicht über den Kauf oder das Kaufobjekt selbst. Daher ist die Bank zunächst einmal grundsätzlich nicht verpflichtet, den Käufer über irgendetwas hinsichtlich der Immobilie aufzuklären. Es sei denn, bestimmte Konstellationen sind erfüllt, dann ist eine Bankenhaftung attraktiv für Immobilienkäufer, wenn die Bank regelmäßig wirtschaftlich stark ist und sich einem Haftungsprozess vor einem Landgericht in Deutschland nicht entziehen kann.

Haftung der Bank – Beispiele

Wenn die Bank bezüglich des Kaufes gegenüber dem Käufer jedoch eine Aufklärungspflicht hat und diese verletzt, haftet die Bank aber auch gegenüber dem Käufer. Dies bestätigt auch die jüngere Rechtsprechung. So hat eine Bank in den folgenden Fällen eine Aufklärungspflicht und wenn sie diese verletzt, haftet sie dafür.

Die Bank hat einen konkreten Wissensvorsprung bezüglich der Risiken des Vorhabens

Wenn die Bank bezüglich des Immobilien-Vorhabens gegenüber dem Käufer einen Wissensvorsprung hat, muss sie den Kunden darüber aufklären und haftet, wenn sie den Kunden nicht aufklärt.

Wissensvorsprung der Bank: Bank lässt Immobilienkäufer in die Falle laufen

Die Bank muss sich bei einem Wissensvorsprung die Äußerungen und damit die arglistige Täuschung gegenüber dem Darlehensnehmer von Dritten zurechnen lassen, sodass sie in dem Fall haftet. Ein Wissensvorsprung liegt zum Beispiel vor, wenn die Bank weiß, dass der Verkäufer in wirtschaftlich schlechter Lage ist, sie Hauptgeldgeber des Verkäufers ist und ein hohes Risiko des Scheiterns des Vorhabens besteht (So ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29.05.1978 – II ZR 173/77). Ein solcher Wissensvorsprung wird bei einer institutionellen Zusammenarbeit von Darlehensgeber und Immobilienverkäufer immer vermutet. Warum ist die Beweislast wichtig? Ein Gericht muss überzeugt werden. Das gelingt natürlich nicht immer. Bei einer institutionellen Zusammenwirken wird vermutet, dass die Bank die Situation des Verkäufers kennt.

Institutionelles Zusammenwirken

Die Frage ist jedoch, wann ein solches institutionelle Zusammenwirken vorliegt? Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.05.2006 – XI ZR 06/04 arbeitet die Bank mit dem Verkäufer/Vermittler institutionell zusammen, wenn eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen ihnen besteht und der Verkäufer seine Käufer desselben Objekts wiederholt an die Bank vermittelt oder ihm Anträge und Unterlagen der Bank zur Vorlage beim Käufer überlassen werden. Dem Kreditnehmer wird also im Zusammenhang mit den Verkaufsunterlagen der Kreditantrag vom Verkäufer vorgelegt, die Finanzierung also von ihm angeboten und die Bank ist zur Übernahme der Finanzierung bereit. In solchen Fällen wird der Wissensvorsprung der Bank vermutet, sodass eine Haftung wahrscheinlich erscheint.

Sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung – „krass zu teuer“

Auch wenn der Kaufpreis sittenwidrig überhöht ist, kann die Bank bei einem institutionellen Zusammenwirken aufgrund dieser Sittenwidrigkeit haften, wobei da jedoch bewiesen werden muss, dass die Bank die sittenwidrige Überhöhung kannte oder kennen musste (so hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden am 23.10.2007 – XI ZR 167/05 sowie am 15.06.2010 – XI ZR 318/09).

Derzeit setzt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Grenze der sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung mit ca. 90 Prozent Überhöhung gegenüber dem objektiven Verkehrswert an.

Ein solcher Beweis ist jedoch nicht nötig, wenn der Käufer vom Verkäufer arglistig getäuscht wurde. Rückschlüsse auf die Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer können sich auch schon daraus ergeben, dass die Bank zu bankinternen Zwecken den Beleihungswert ermittelt und dieser evident vom Kaufpreis abweicht. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 27.05.2008 – XI ZR 132/07, dass gerade der Beleihungswertermittlung besonderes Gewicht zukommt, um der Bank das Wissen um die Täuschung zuzurechnen. Da Banken eigentlich immer den Beleihungswert im Rahmen einer internen Bewertung für sich selbst (nicht für den Darlehensnehmer!) für ihre Sicherheiten ermitteln, hätte die Bank Sie als Anleger daher beim Kauf einer „Schrottimmobilie“ eventuell über einen sittenwidrigen Kaufpreis aufklären können – und müssen, sofern sich bei der internen Beleihungswertermittlung Anhaltspunkte ergeben. Hat sie dies nicht getan, könnte die Bank dafür haften.

Zurechnung von Äußerungen bei Einsatz eines (Darlehens)Vermittlers

Zudem haftet eine Bank beispielsweise auch, wenn sie die Kreditverhandlungen einem Dritten überlässt. Dies wird oft sogar schriftlich festgehalten, indem sich die Bank von Kunden bei der Finanzierung einer Immobilie auf Ihren Vordrucken bestätigen lässt, dass ein persönliches Gespräch mit einem namentlich benannten Vermittler stattgefunden hat, in welchem der Vermittler die Finanzierung mit dem Bankendarlehen erläutert und falsche Angaben gemacht hat. So entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 14.11.2000, XI ZR 336/99: „Übernimmt ein Vermittler, gleichgültig ob selbstständig oder nicht, mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, so wird er in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten.“

Der Vermittler handelt in dem Fall, in dem er das Darlehen der Bank dem Käufer erläutert, für die Bank und die Bank muss sich folglich seine Äußerungen und Handlungen zurechnen lassen. Täuscht der Vermittler dabei über Tatsachen, ist diese Täuschung auch der Bank zuzurechnen.

Die Bank äußert sich zur Planung, Durchführung oder dem Vertrieb des Immobilienprojekte – sozusagen die Bank macht Werbung

Die Bank haftet außerdem, wenn sie ihre Rolle als kredit vergebende dritte Partei überschreitet und sie sich selber aktiv an dem Vertrieb von Immobilien beteiligt hat, indem eine Beratung durch einen Verkäufer der Bank erfolgt ist, der sich zur Planung, Durchführung oder dem Vertrieb des Immobilienprojekte geäußert hat.

Die Bank gewährt dem Bauträger, als auch dem Käufer, einen Kredit und verwickelt sich in einen Interessenkonflikt.

Die Bank muss den Kunden darüber aufklären, wenn sie sich aufgrund ihrer ungewöhnlichen Einbindung in das Immobiliengeschäft in einem Interessenkonflikt befindet, weil sie dem Bauträger einen Kredit gewährt und durch das Darlehen an den Käufer die Verbindlichkeiten der Bauherren reduzieren wieder will. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 17.12.1991 – XI ZR 8/91 sowie neuer vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04.

Die Bank schafft oder begünstigt einen Gefährdungstatbestand – eher selten

Die Bank ist auch zur Aufklärung verpflichtet und haftbar bei Verletzung diese Pflicht, wenn sie einen Gefährdungstatbestand schafft oder begünstigt. Nach einem Urteil vom Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04 m.w.N.) ist dies zum Beispiel dann der Fall, wenn die Bank einem Dritten die Möglichkeit gewährt, Darlehen Gelder auf ein anderes, nicht vorgesehenes Konto umzuleiten.

Die hier genannten Beispiele sind nur einige von vielen Beispielen, in welchen die Bank aufgrund einer falschen oder unterlassenen Aufklärung haftet. Daneben gibt es noch unzählige weitere Fälle, welche in diese Kategorien fallen können.

Rechtsprüfung angezeigt

Um zu prüfen, ob Ansprüche bestehen ist angesichts der Komplexität des Themas fachliche Beratung durch einen qualifizierten Juristen angezeigt. Diese umfassende Rechts- und Risikoeinschätzung kann hier nicht vorgenommen werden.

Sicherheit Immobilie als Kapitalanlage auf „Betongold“ setzen?

Beim Thema Immobilien kann es Normalbürger schnell teuer zu stehen kommen durch Unwissenheit, Überteuerung und Betrügereien mit unzähligen Fallstricken. Oftmals werden Verbraucher als leichtgläubig eingeschätzt und unseriöse Angebote genauestens auf diese angesetzt. Vorsicht ist geboten, lieber einmal mehr prüfen. Die Themen finanzielle Absicherung, risikoarme Investments, Nachhaltigkeit und Langfristigkeit wünschen sich Verbraucher. Die Frage, die immer wieder im Raum steht ist, ob Investments in Immobilien zum „Betongold“ werden? Wenn es ums Geld geht, gibt es bekanntlich viele Vorurteile: An der Börse wird Geld verbrannt oder Gold gilt als sicherer Hafen. Eine Studie der London Business School und der Schweizer Bank Credit Suisse enthüllt, dass diese Vorurteile sich nicht halten. In der Studie verglichen die Forscher unterschiedliche Anlageklassen seit 1900, insgesamt 23 Länder und drei Kontinente. Das Ergebnis: Aktien machten das Rennen als rentable Anlage mit 91 Prozent der weltweiten Märkte, Gold nur 0,7 Prozent und Immobilien schnitten in dem Vergleich durchschnittlich mit 4,8 Prozent nach Berücksichtigung der Inflation ab. Was lernen wir daraus: Der Aktienmarkt ist für viele zu kompliziert, aber Eigentum verpflichtet. Um jährliche Renditen zu erzielen braucht jede Immobilie einen Kümmerer für Pflege und regelmäßige Sanierungsmaßnahmen, dann entwickelt sich die Immobilie zum „Betongold“.

V.i.S.d.P.:

Thomas Friese
Projektentwickler & Immobilienexperte

Über Thomas Friese:
Der Immobilienexperte und Projektentwickler Thomas Friese, Berlin/ Oldenburg (Niedersachsen) ist einer Ausbildung im steuerlichen Bereich seit Mitte der siebziger Jahre im Bereich Immobilienentwicklung und Vermarktung tätig.

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