Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen derzeit sechs Mitglieder aus der Geschäftsführung und aus dem Umfeld der Unternehmensgruppe RWI RealWertInvest. Die Unternehmensgruppe RWI hatte Investoren den Erwerb von gesellschaftsrechtlichen Anteilen an zahlreichen Betreiber-Gesellschaften zum Betrieb von sogenannten Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen angeboten. Anfang Januar 2012 hat die Staatsanwaltschaft Dresden nunmehr alle Investoren/ Gesellschafter angeschrieben und erste Informationen über die Möglichkeiten eines sogenannten Rückgewinnungshilfeverfahren übermittelt. Die wichtigsten Antworten auf die Fragen, die das Potsdamer Büro der Sozietät ilex Rechtsanwälte & Steuerberater Anfang Januar 2012 erreicht haben, haben wir nachstehend zusammengefasst.
Was versteht man unter einem Verfahren zur Rückgewinnungshilfe?
Die Vermögenssicherung zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe ist ein in der Strafprozessordnung geregeltes Verfahren, um aus dem Vermögen der im Strafverfahren Beschuldigten bewegliche Gegenstände, Grundstücke oder sonstiges Vermögen in Beschlag zu nehmen. Ziel dieses Verfahrens ist es, den Strafgeschädigten, d. h. den Investoren/ Gesellschaftern der RWI Betreibergesellschaften, den Ersatz ihres Schadens zu ermöglichen.
Worin liegt die Crux?
Der von der Strafprozessordnung vorgesehene Ablauf sieht vor, dass jeder Geschädigte selbst aktiv werden muss, wenn er an sein Vermögen heran will. Wenn geschädigte Anleger deshalb die gezahlten Gelder ganz oder in Teilen zurückerhalten wollen, muss als erstes ein vollstreckbarer Titel erwirkt werden, d. h. der Anleger muss aktiv per Gerichtsverfahren seine Forderung sichern. Dies muss konkret gegen diejenigen Personen erfolgen, bei denen die besagten Vermögenswerte gesichert worden sind. Mit Hilfe eines Vollstreckungstitels kann dann mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rangwahrend gepfändet werden.
Reicht es aus, wenn ich gepfändet habe?
Selbst wenn Geschädigte einen Vollstreckungstitel erwirkt haben und anschließend im Wege der Vollstreckung die Pfändung betreiben, reicht dies angesichts der Besonderheiten des strafprozessualen Rückgewinnungshilfeverfahren jedoch in der Regel nicht aus, um dem Geschädigten die Rückerstattung seines Vermögens zu ermöglichen. Die Antwort auf oben genannte Frage lautet also eindeutig: Nein! Bei den typischen Kapitalanlagenbetrugsfällen pfänden meist mehrere Geschädigte nacheinander. Um hier rangwahrend an die attraktive Stelle der sehr frühen Pfändung der Staatsanwaltschaft vorzurücken, muss regelmäßig noch ein gesondertes Zulassungsverfahren vor einem Strafgericht absolviert werden. Das Verfahren der Rückgewinnungshilfe und seine prozessualen Besonderheiten gilt deshalb als ein Rechtsgebiet für Spezialisten.
Was bedeutet der sogenannte „Gläubigerwettlauf“?
Bei der Anspruchsdurchsetzung im Wege der Rückgewinnhilfe gilt das Prinzip: „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Die zügige Erwirkung eines Vollstreckungstitels vor Gericht hat regelmäßig zwei grundlegende Voraussetzungen: a) sollten die Investoren/ Gesellschafter wissen, wie man zügige an die dazu unbedingt erforderlichen Informationen gelangt. b) setzte die Beratung in diesem Bereich prozessuale Kenntnisse über das Führen von Arrestverfahren voraus. Die Komplexität des Sachverhaltes lässt es ratsam erscheinen, sich rechtlich von spezialisiert arbeitenden Rechtsanwälten beraten zu lassen.
Was passiert, wenn ich nichts tue?
Erfolgen keine Maßnahmen durch den Geschädigten, erhalten die Beschuldigte im Strafverfahren möglicherweise die von der Staatsanwaltschaft gesicherten Vermögenswerte wieder zurück. Die Staatsanwaltschaft Dresden formulierte dies so: „Erfolgen seitens der Geschädigten keine Maßnahmen, erhalten die Beschuldigten die gesicherten Vermögenswerte wieder zurück. (…) Die Aufrechterhaltung der staatsanwaltlichen Sicherungsmaßnahmen ist zudem zeitlich begrenzt.“ Ein häufig anzutreffender Irrtum besteht in der fehlerhaften Annahme, die Staatsanwaltschaft verteile die gesicherten Gelder gleichmäßig an die Geschädigten. Ein Verteilungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft findet vielmehr nicht statt, sondern es ist Sache der Betroffenen sich um eine Titulierung der Forderung zu kümmern.
Dr. Ulrich Schulte am Hülse
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bank- und Kapitalmarktrecht