Deutsche Behörden wollten Gaddafi-Sohn schonen

Die Behörden haben den lange in München lebenden Sohn des früheren libyschen Despoten Muammar al-Gaddafi entgegen der bisherigen Darstellung der Staatsregierung doch bevorzugt behandelt. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Montagsausgabe) berichtet, legte das Auswärtige Amt dem bayerischen Innenministerium nahe, bei der Einreise von Saif al-Arab Gaddafi ein Auge zuzudrücken. Der damals 24-Jährige war 2006 mit einem italienischen Touristenvisum nach München gekommen und hätte sich neue Aufenthaltspapiere besorgen müssen, was er aber nicht tat.

Wie Justizministerin Beate Merk (CSU) nun auf Anfrage der Landtags-Grünen mitteilte, sei wegen der „erheblichen außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik in Libyen“ kein Visumverfahren gegen Gaddafi eingeleitet worden. Dieses Argument führte das Auswärtige Amt in einem Schreiben vom 10. Juli 2007 an das Innenministerium an. Darin wies es selbst darauf hin, dass Gaddafi junior nicht mit den erforderlichen Papieren eingereist war. „Im Rahmen der Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde“ solle aber auf die Nachholung des Visumverfahrens verzichtet werden, hieß es aus Berlin. Das Außenministerium hielt die Erteilung einer einjährigen Aufenthaltserlaubnis für „angemessen“. Auch später kam Gaddafi problemlos an Aufenthaltsgenehmigungen; auf die sonst üblichen sicherheitsrechtlichen Befragungen verzichteten die Behörden. Den freundlichen Umgang mit dem Wüstensohn beeinträchtigte auch nicht dessen gleichgültige Einstellung gegenüber deutschem Recht: Bis 2010 wurde gegen ihn elfmal ermittelt. Wie berichtet, ging es neben diversen Verkehrsdelikten auch um Waffenschmuggel bis hin zur Anstiftung zum Mord. Abgesehen von den Verkehrssachen blieb dies alles folgenlos, weil kein Tatverdacht festgestellt wurde.