SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat für den Fall eines Rücktritts von Bundespräsident Christian Wulff Neuwahlen gefordert. „Wenn nach Horst Köhler noch einmal ein Bundespräsident zurücktritt, müsste es Neuwahlen geben“, sagte Nahles der „Bild am Sonntag“. „Bei einem Wulff-Rücktritt muss sich Angela Merkel dem Votum der Wähler stellen. Ich vermute, dass sie genau deshalb das offene Wort über Wulff vermeidet. Die Affäre Wulff ist jetzt auch eine Affäre Merkel“, so die SPD-Generalsekretärin weiter.
Nahles hält es für durchaus möglich, dass Wulff sein Amt niederlegen muss: „Wulff hat sich in ein Geflecht aus Halbwahrheiten verstrickt, und es wird jeden Tag unwahrscheinlicher, dass er die Kraft hat, sich daraus zu befreien. Ich habe erhebliche Zweifel, dass er diese Affäre übersteht.“ Eine dritte Entschuldigung könne sie sich jedenfalls nicht mehr vorstellen, so Nahles. „Die Frage des Rücktritts entscheidet sich daran, ob Wulff sich in seinem Interview vor der Wahrheit gedrückt hat.“ Schlimm wäre ein Rücktritt für Deutschland, „weil die Krise um den Präsidenten zusammenfällt mit einer Krise der Regierung, die nach nur zwei Jahren in bereits sechs Ministerien den Minister ausgetauscht hat. Unter dieser Regierung sind die bürgerlichen Werte morsch geworden.“ Nachfolger Wulffs, so Nahles weiter, müsste eine überparteiliche Persönlichkeit werden: „Es kann dann nur um einen überparteilichen Kandidaten gehen.“ Sie werde allerdings vor einem Rücktritt keine Namen nennen, so Nahles. „Wir wollen das Amt schließlich nicht komplett versenken.“ Zugleich ging die SPD-Generalsekretärin in „Bild am Sonntag“ mit dem Verhalten Wulffs in der Kredit-Affäre hart ins Gericht: „Das Amt des Bundespräsidenten gehört nicht Christian Wulff. Im Amt bleiben – egal was passiert? Diese Haltung ist nicht akzeptabel. Wulff hat es geschafft, sich selbst und das Amt in kürzester Zeit auf Zwergenniveau zu schrumpfen. Wer will denn von diesem Präsidenten noch ein Bundesverdienstkreuz verliehen oder eine Urkunde ausgehändigt bekommen?“ Nahles forderte Wulff zudem auf, einer Veröffentlichung seines Anrufs auf der Mailbox von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann zuzustimmen: „Dieser Bundespräsident hat ein chronisch unsauberes Verhältnis zur Wahrheit. Christian Wulff muss jetzt endlich alles auf den Tisch legen und einer Veröffentlichung seines Anrufs auf der Mailbox von `Bild`-Chefredakteur Kai Diekmann zustimmen. Nur so kann sich der Bürger selbst ein Bild machen.“ Kritik übte Nahles auch an den kostenlosen Urlaubsreisen des Präsidenten: „Hier geht es um den Klüngel einer Bussi-Bussi-Gesellschaft in Unternehmerkreisen. Da entsteht das Problem von Gefälligkeiten für diese Unternehmer. Man kann in die Situation kommen, für solche Gefälligkeiten etwas zurückgeben zu müssen. Ein Beamter darf nicht mal mehr eine Flasche Wein als Geschenk annehmen. Müllwerker müssen Geschenke ablehnen. Da kann sich ein Ministerpräsident gefälligst zwei Wochen ein Ferienhaus mieten und selbst bezahlen. Alles andere ist doch lächerlich.“