Das Forschungsprojekt MENDEL im Technologieprogramm IKT für Elektromobilität vereinfacht die Nutzung von Elektrobussen im ÖPNV
Von insgesamt mehr als 35.000 Bussen im ÖPNV fuhren im vergangenen Jahr lediglich 140 Busse elektrisch, und auch die Neuanschaffungen laufen schleppend. Dabei könnte der Einsatz von alternativen, etwa elektrischen Antrieben, eine Menge CO2 einsparen. Das Forschungsprojekt MENDEL im Technologieprogramm IKT für Elektromobilität des BMWi hat nun erkundet, wie ein möglichst schnelles und unkompliziertes Laden von Elektrobussen funktionieren kann – ohne dass dabei das örtliche Stromverteilnetz in die Knie geht. Das Forschungsprogramm war offenbar erfolgreich, denn Software-Komponenten von allen sechs Konsortialpartnern befinden sich bereits ein halbes Jahr nach Projektende im Praxis-Einsatz.
Aufgelöst bedeutet MENDEL: „Minimale Belastung Elektrischer Netze Durch Ladevorgänge von Elektrobussen“. Im Projekt ging es darum, wie sich Kosten beim Aufbau und Betrieb der Ladeinfrastruktur und der Stromverbrauch von Bussen einsparen lassen. Gemeinsam haben die Konsortialpartner aus Forschungseinrichtungen und Wirtschaft seit 2016 den optimalen Betrieb von Elektrobussen theoretisch konzipiert und IT-Programme dazu entwickelt. Die entstandenenen Konzeptbausteine haben die Projektteilnehmer im Juli auf dem Testfeld „AIM“ des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit der Braunschweiger Verkehrs GmbH im Stadtgebiet mit Erfolg getestet.
„Zwei Ladestationen pro Buslinie reichen vollkommen aus“
Im Teilprojekt „Smart Grid“ haben die Projektpartner Software-Lösungen zur intelligenten Planung und Steuerung der Stromversorgung von Elektrobussen erarbeitet. Dazu entwickelten sie ein Programm, das aus den Infrastrukturdaten des Stromnetzbetreibers und Fahrplandaten die optimale Ladeinfrastruktur für das Zwischenladen in einem Busliniennetz ermittelt. Auf Basis dieser Daten optimiert eine weitere Software die Umläufe der Elektrobusse und die zeitliche Verteilung der Ladevorgänge. Dabei lässt sich die Ladedauer je nach Situation anpassen: Liegt beispielsweise ein kritischer Ladezustand im Elektrobus vor, so verlängert sich der Ladevorgang an der Haltestelle automatisch. Ist der Ladezustand der Elektrobus-Batterie dagegen hoch, so verringert sich der Aufenthalt an der Ladestation. Damit sinkt natürlich auch die Belastung im elektrischen Verteilnetz.
Eine wichtige Erkenntnis aus dem Projekt MENDEL ist, dass mehrere Ladestationen für E-Busse entlang einer Route nicht notwendig sind. „Eine Ladestation im Depot und eine weitere Ladestelle an der Endstation reichen – bei entsprechenden Wendezeiten – vollkommen aus“, sagt Dirk Weißer, Projektkoordinator von MENDEL. Während die Busse im Depot nach Dienstschluss voll aufgeladen werden, genügt an der Endhaltestelle eine teilweise Ladung, die ein schnellladender Pantograph in etwa sechs Minuten bewerkstelligen kann. Elektrobusse im Stadtverkehr bräuchten daher keine großen und schweren Batterien, da das Lademanagement die erforderlichen Reichweiten exakt erfasst.
Aus der Forschung in die Praxis: MENDEL-Software bereits im Einsatz
Das Teilprojekt „ITS“ von MENDEL hatte zum Ziel, die variablen Betriebskosten zu senken. So sind etwa die Anfahrvorgänge bei Elektrobussen besonders energieintensiv. Können diese reduziert werden, ließe sich viel Energie im Busbetrieb einsparen. Dazu priorisierte das MENDEL-Team den öffentlichen Verkehr, indem es die Ladezustände und geplante Ladezeiten der Elektrobusse berücksichtigt. Voraussetzung dabei ist die Integration des kommunalen Verkehrsmanagementsystems CCALL, das die Ampelschaltung in Echtzeit beeinflussen kann. Ist ein Elektrobus in diesem System angemeldet, so erhält er je nach Ladezustand, Verspätung und weiteren Kennzahlen eine optimale Ampelschaltung. Auch Verkehrsunternehmen aus der Region können die Priorisierung des öffentlichen Nahverkehrs, wenn sie sich mit einer Smartphone-App ins System einloggen.
„Insgesamt“, so MENDEL-Projektkoordinator Dirk Weißer von der Karlsruher INIT GmbH, „spricht aus technischer und aus IT-Sicht kein Grund gegen die Einführung von Elektrobussen in den öffentlichen Nahverkehr. Klar ist, dass das nicht zum Nulltarif zu haben ist.“ Für wichtig hält er es, sogenannte „kooperative Systeme“ wie etwa Systeme zur zentralen Verkehrsbeeinflussung in den Kommunen einzuführen, denn nur sie können für die wichtige Kommunikation zwischen aktueller Verkehrssituation und den Elektrobussen in Echtzeit sorgen. Optimierungspotenzial gebe es zudem noch bei der betrieblichen und organisatorischen Planung von Elektrofahrzeugen bei den kommunalen Verkehrsträgern. Wenn Kommunen Elektromobilität im öffentlichen Nahverkehr einführen wollten, so Weißer, dann müsse an erster Stelle ein planvolles und koordiniertes Vorgehen der Städte zusammen mit Verkehrsanbietern und Energieversorgern stehen.
Weitere Informationen zu „IKT für Elektromobilität“: www.digitale-technologien.de
Im Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität“: Einbindung von gewerblichen Elektrofahrzeugen in Logistik-, Energie und Mobilitätsinfrastrukturen“ fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) von 2016 – 2021 derzeit 23 Pilotprojekte mit ganzheitlichen Lösungskonzepten und beispielhaften Systemlösungen, die Technologien, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle integrativ berücksichtigen.
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