Die Folgen der Trockenheit fielen regional sehr unterschiedlich aus
In einzelnen Regionen sind die Erntemaschinen noch auf den Äckern unterwegs, aber in weiten Teilen ist die Getreideernte 2019 abgeschlossen. Wie fällt die Bilanz im AGRAVIS-Arbeitsgebiet aus? Hier ein Überblick:
Ostfriesland mit Erträgen und Qualitäten zufrieden
Die Ernte in Ostfriesland ist aktuell zu rund 85 Prozent eingefahren und war erwartungsgemäß gut, wie Stefan Pielsticker, Geschäftsführer der AGRAVIS Ems-Jade GmbH, und sein Team festhalten: „Die Qualitäten und Erträge sind bisher weitestgehend überdurchschnittlich und unsere Erwartungen wurden somit erfüllt.“ Die späte Trockenheit hatte also keine negativen Auswirkungen auf die ostfriesische Ernte. „Dank der Küstennähe haben wir eine bessere Wasserversorgung im Boden“, erläutert Pielsticker. Ebenso gut sehen die Maisbestände derzeit aus. Der Mais wird in Ostfriesland grundsätzlich nicht gedroschen, sondern gehäckselt, um Futter- und Biogasmais zu erzeugen. Generell ist es um die Grundfutterversorgung der Landwirte besser bestellt als im Vorjahr, jedoch waren die letzten Schnitte im Grünland aufgrund der Hitze nicht sehr ergiebig.
Erwartungen an Weizen und Raps in Niedersachsen unterschritten
Vor Beginn der diesjährigen Ernte waren die Ertragserwartungen im Gebiet der AGRAVIS Niedersachsen-Süd GmbH (ANS) relativ hoch. So fiel der frühe Start in die Gerstenernte besonders gut aus. „Mit über 70.000 Tonnen Gerste lag die erfasste Menge am Ende deutlich über den Erwartungen und auch über dem Fünfjahresschnitt“, weiß Joachim Wassmann, Getreidehändler der ANS. Auch die Qualität überzeugte mit guten Hektolitergewichten. Die hohen Temperaturen im Juni hatten die Erntezeitpunkte enger zusammengeführt. Während Roggen und Triticale noch mit guten Erträgen und Qualitäten gedroschen wurden, zeichnete sich beim Weizen ein sehr heterogenes Bild ab. Im Segment Brotweizen landete knapp die Hälfte der Weizenmenge, als A-Weizen kamen lediglich gute 10 Prozent in die Lager. Überwiegend aufgrund niedriger Proteinwerte wurde in Niedersachsen gut ein Drittel als Futterweizen erfasst. Der Hitzestress hat scheinbar vorwiegend die späteren Weizensorten getroffen, die besonders nach der Vorfrucht Rüben 2 bis 3 Tonnen Ertrag pro Hektar weniger erbrachten. Eine noch größere Enttäuschung gab es beim Raps. Die Erträge sind noch schlechter als wegen der verringerten Aussaatfläche ohnehin befürchtet. So wenig Raps wurde in den vergangenen 15 Jahren in der Region nicht geerntet. Joachim Wassmann resümiert: „Die gesamte Ernteerfassung im Arbeitsgebiet der AGRAVIS Niedersachsen-Süd blieb damit durch die Einbußen beim Schwergewicht Weizen und durch den Rückgang beim Raps deutlich unter dem fünfjährigen Mittel.“
Erfassungsmengen im Osten nicht zufriedenstellend
Die extreme Trockenheit im Juni und Juli hat wie erwartet die Ernteergebnisse in den östlichen Bundesländern beeinträchtigt – allerdings regional unterschiedlich ausgeprägt. „Die Erfassungsmengen waren nicht zufriedenstellend“, resümiert Wilhelm Winkelmann, Agrarhändler bei der Baro Lagerhaus GmbH. Zwar sei das Ergebnis besser als im Vorjahr, liege aber unter dem Jahr 2017, „und das war auch schon schlecht“, so Winkelmann. Vor allem im Erfassungsgebiet entlang der Elbe habe der Ernteertrag sehr unter der Trockenheit gelitten. Dort, wo relativ normal geerntet werden konnte, wie in den Höhenlagen Sachsens und Thüringens, sind die Proteingehalte vergleichsweise niedrig – für Winkelmann ein Indiz für die Auswirkungen der Düngeverordnung. Die historisch kleine Aussaatfläche hat beim Raps dafür gesorgt, dass die Ernte entsprechend gering ist. Und die Erwartungen an die Maisernte sind trockenheitsbedingt in Ostdeutschland ebenfalls alles andere als euphorisch. In einigen Regionen seien erste Bestände aus der Not heraus bereits gehäckselt worden, berichtet Wilhelm Winkelmann.
Ostwestfalen: Extreme Ertragsschwankungen beim Weizen
„Die Haupternte ist fast abgeschlossen, die letzten fünf Prozent stehen noch auf dem Acker“, fasst Stefan Bobbert, Außendienst der AGRAVIS Kornhaus Ostwestfalen GmbH, den aktuellen Stand zusammen. „Im Vergleich zur Dürre geprägten Ernte 2018 konnten wir relativ normale Erträge einfahren. Vor allem das Ertragsvolumen bei Gerste war über alle Standorte durchweg sehr gut und stabil“, resümiert Bobbert zufrieden. „Beim Weizen sind dagegen je nach Region extreme Ertragsschwankungen zu verzeichnen. Der Stoppelweizen lag meist bei nur etwa 7 bis 7,5 Tonnen pro Hektar, wobei Weizenbestände mit einem früheren Aussaattermin generell besser dastanden.“ Dabei hatten die Bestände zunächst gute Voraussetzungen, die Trockenheit Ende Juni/Anfang Juli hat das Wurzelwerk und damit den Nährstofftransport der Pflanzen jedoch nachhaltig geschwächt. Die Folge: nicht ausreichende Proteingehalte bei zirka 65 Prozent der Weizenbestände. Das Gesamtergebnis fällt dennoch positiv aus: „In Summe haben wir beim Weizen ertragsmäßig eine normale Ernte zu verzeichnen. Insgesamt gibt es etwas weniger Brotweizen, das Futtergetreide dominiert.“ Enorme regionale Streuungen gab es auch beim Raps, der „das dritte Jahr in Folge aufgrund schlechter Aussaatbedingungen und lückenhafter Bestände keine guten Erträge brachte. Teilweise lagen diese bei unter 3 Tonnen pro Hektar“, so Bobbert. Der Experte fürchtet, dass die Anbauflächen künftig um 10 bis 15 Prozent sinken. Für die anstehende Maisernte stehen die Prognosen in Ostwestfalen aktuell gut: „Die Maisbestände stehen top da, in unseren Kernbereichen gibt es keine Dürreschäden. Der Mais ist aber weiterhin auf regelmäßige Niederschläge angewiesen“, betont Stefan Bobbert, der eine normale Abreife zwischen Ende September und Mitte Oktober erwartet.
Westfalen-Süd erwartet stabile Ernteergebnisse
Im Gebiet der AGRAVIS Kornhaus Westfalen-Süd GmbH ist die Getreideernte so gut wie abgeschlossen. Die Ernteergebnisse für die Gerste sind erwartungsgemäß stabil ausgefallen. 8 bis 8,5 Tonnen pro Hektar konnten die Landwirte im süd-östlichen Ruhrgebiet sowie im Sauer- und Siegerland ernten. „Damit sind wir sehr zufrieden“, sagt Frederik Fischer-Neuhoff. Er ist beim Kornhaus für den Handel mit Getreide verantwortlich. Die Erntemenge beim Weizen erfüllte ebenfalls die Erwartungen mit durchschnittlich 9 Tonnen pro Hektar. Dennoch trübt sich das Gesamtergebnis ein. Denn das Korn weist qualitative Mängel auf. „Der Proteingehalt ist sehr schwankend“, erklärt Fischer-Neuhoff. Vielfach betrage er nur 10 Prozent. Ein Teil der Ernte ist dadurch nicht für die Mehlproduktion zu gebrauchen und lediglich für die Futter- und Alkoholproduktion verwendbar. Zwei Ursachen macht der Getreide-Experte hierfür verantwortlich: die Trockenheit und die Verschärfung der Düngeverordnung. In Südwestfalen stehen die Maispflanzen fast überall noch. Im Gegensatz zu anderen Regionen fällt die Ernte wohl solide aus. Klar ist aber auch: „Höchsterträge werden beim Mais in dieser Saison nicht erreicht.“ Wie bereits befürchtet, bleibt der Raps ein Sorgenkind. Lediglich 3,3 Tonnen pro Hektar wurden im Durchschnitt in der Region geerntet. Das sind 1,5 Tonnen weniger als in guten Jahren. Zusätzlich mussten Landwirte mehr Pflanzenschutz einsetzen und recht niedrige Erzeugerpreise in Kauf nehmen. Das macht den Raps für viele Landwirte nicht mehr wirtschaftlich. Nach einem guten ersten Schnitt des Grünlands ist die Enttäuschung beim zweiten Schnitt umso größer. „Die Ernte war nicht berauschend“, betont Fischer-Neuhoff. Eine Folge der Trockenheit. Dadurch wird es aller Voraussicht vielerorts beim Grundfutter knapp werden.
Unterdurchschnittliche Ergebnisse in Franken
„Die Wintergerste war in unserem Gebiet die beste Kultur, es gab gute bis sehr gute Erträge“, sagt Andreas Grambs von der AGRAVIS Bamberg GmbH über die Ernte in Franken. Der wenige Raps, der noch auf den Feldern stand, habe auch noch sehr schlechte Erträge gebracht, sodass weitere Landwirte ihren Rapsanbau einstellen dürften, vermutet Grambs. Bei Triticale und Weizen gab es in Franken ein sehr heterogenes Bild: von sehr schlechten bis guten Erträgen, aber im Großen und Ganzen war es eine eher unterdurchschnittliche Ernte. Die Eiweißwerte beim Weizen lagen zum größten Teil über 13 Prozent, beim Hektoliter-Gewicht wurden die Werte für A-Weizen des Öfteren nicht erreicht. „Beim Mais“, so Andreas Grambs, „rechnen wir wegen der sehr starken Trockenheit mit durchschnittlichen Ertragseinbußen von 20 bis 30 Prozent.“
Die AGRAVIS Raiffeisen AG ist ein modernes Agrarhandelsunternehmen in den Segmenten Agrarerzeugnisse, Tierernährung, Pflanzenbau und Agrartechnik. Sie agiert zudem in den Bereichen Energie und Raiffeisen-Märkte einschließlich Baustoffhandlungen sowie im Projektbau. Die AGRAVIS-Gruppe erwirtschaftet mit mehr als 6.500 Mitarbeitern 6,6 Mrd. Euro Umsatz und ist als ein führendes Unternehmen der Branche mit mehr als 400 Standorten überwiegend in Deutschland tätig. Internationale Aktivitäten bestehen über Tochter- und Beteiligungsgesellschaften in mehr als 20 Ländern und Exportaktivitäten in mehr als 100 Ländern weltweit. Unternehmenssitze sind Hannover und Münster.
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