Die Politik bestimmt die Märkte

Wenn es immer wieder heißt, politische Börsen haben kurze Beine, so müssen wir feststellen, dass diese These momentan ein wenig diskussionswürdig scheint.

Das hat mit der Komplexität der Ereignisse zu tun. Was hatten die Märkte nicht alles wegzustecken in den letzten Monaten.
Beginnen wir mit dem aktuell gefährlichsten Brandherd.

Der Iran – Gibt es einen Krieg um die Straße von Hormus?

Zwei Schiffe vor dem Iran sind attackiert worden. Die USA geben dem Iran die Schuld, der Iran widerum beschuldigt die USA, eine Operation unter fremder Flagge durchgeführt zu haben, eine sogenannte false flag operation. Dabei steht noch nicht einmal fest, wer überhaupt der Täter war. Doch egal, wer Recht hat, die Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung ist dadurch stark gestiegen, zumal die beiden Vorfälle vor der Küste Irans bei Weitem nicht die ersten sind. Neu ist jedoch die extrem scharfe Reaktion vonseiten der USA auf diese Vorfälle. Denn wie wir wissen, hat der US-Präsident schon eine Flotte vor dem Iran in Stellung gebracht. Ein solcher Vorfall ist genau das, was die Situation zur Eskalation brachte. Unsere älteren Leser werden sich dabei sicher an den Zwischenfall im Golf von Tonkin erinnern, der, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach, Auslöser des Vietnamkrieges war. Wer Trumps Verhalten gegenüber dem Iran bisher also nur als Verhandlungstaktik betrachtet hat, der muss jetzt einen reellen Krieg für die Region befürchten.

Die Folge wäre, dass der Nahe Osten wieder in Flammen stände, wodurch auch der Erdölpreis exorbitant steigen würde. Und das träfe dann die Industrie und die Privatverbraucher gleichermaßen hart. Dass sich der Goldpreis aufgrund der möglichen Auseinandersetzung erhöht, wäre eine weitere Folge. Beides jedenfalls zieht Gelder aus den Aktienmärkten ab, ebenso wie eine Umschichtung in Anleihen sicherer Staaten. Aber am meisten hätten die Menschen in der Region unter den Kriegsfolgen zu leiden.

Boris Johnson – Nachfolger von Premierministerin Theresa May?

Der Rücktritt der unglücklich agierenden Theresa May brachte einen Mann an die vorderste Front in London, der als Hardliner im Brexit-Streit mit der EU gilt. Ungewöhnlich, aber für ihn auch nicht weiter verwunderlich, gab ihm der amerikanische Präsident auch noch den sprichwörtlichen Ritterschlag, als er sich für ihn als Nachfolger aussprach. Unter Johnson wird der harte Brexit Realität werden. Die Europawahlen gewannen in Großbritannien die harten Brexiteer um Nigel Farage – ein Fingerzeig dafür, welche Gruppe in Downing Street Nr. 10 bald das Sagen haben wird.

Auch wenn die EU sich erst wieder neu sortieren muss (sprich Postengeschacher), sollte sie sich dabei wirklich beeilen, sonst stehen die 40 Milliarden Euro Ausgleichszahlungen der Briten an die EU auch noch im Feuer. Denn Donald Trump höchstpersönlich hat die Briten aufgefordert, diese Schulden als Verhandlungsmasse zurückzuhalten. Großbritannien geht so vielleicht am Ende mit einem vorteilhaften Handelsvertrag mit den USA als glänzender Sieger hervor und bringt damit weitere Mitgliedsländer der EU wirklich zum Nachdenken. Das wäre dann ganz schlecht für die europäischen Aktien.

Italien – Defizitverfahren, was nutzt es?

Die drittgrößte Volkswirtschaft wird regiert von einer Koalition aus Rechts- und Linkspopulisten, die sich von Brüssel drangsaliert fühlt. Wir haben die hohe Staatsverschuldung schon ein paar Mal thematisiert. Jetzt soll die Regierung mit einem Defizitverfahren diszipliniert werden. Ausgang nach Jahren erst einmal ungewiss. Was es bringt, sind womöglich hohe Strafzahlungen, die Rom aber gar nicht hat – also neue Schulden.

Letztlich wird sich Brüssel auch hier wieder als ein Tiger erweisen, der als Bettvorleger landet.
Dass etwas getan werden muss, steht außer Frage – aber nicht so; das sollten die Eurokaten in Brüssel nach den Ergebnissen der Europawahlen endlich begreifen.

Hongkong – Massenproteste gegen chinesische Regierung

Etwas weiter weg, aber trotzdem auch entscheidend für die Märkte, sind die Massenproteste gegen die Zentralregierung in Peking wegen eines höchst umstrittenen Auslieferungsabkommens mit der chinesischen Regierung. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns, dass Hongkong weitreichende Rechte für 50 Jahre zugestanden wurden, als die Kronkolonie 1998 von den Briten an China zurückgegeben wurde. Wie diese Rechte aber genau auszulegen sind, darüber wird derzeit vehement gestritten.

Dieses Abkommen liegt jetzt auf Eis. Die Frage, was das Ganze nun mit dem Marktgeschehen zu tun hat, lässt sich auch wieder mit der Trump’schen Politik der weitergehenden Härte gegenüber China erklären.

Ende Juni könnten sich US-Präsident Trump und Chinas Präsident Xi zwar auf dem G20-Gipfel treffen, doch bislang ist nur zu lesen, dass sich die Positionen beider Seiten verhärtet hätten und derzeit keine konstruktiven Gespräche stattfinden würden. Also wird der Handelskrieg zwischen beiden Seiten mit all seinen negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft weitergeführt werden.

Fazit

Das und vieles andere haben die Märkte durchgeschüttelt, und wir werden weiterhin stürmische Zeiten erleben. Dabei sind wir noch gar nicht auf Deutschland eingegangen. Auch bei uns läuft nicht mehr alles rund. Allen Kleinanlegern ist daher zu raten, ihre Investments mehr in Fonds umzuschichten. Die breite Diversifizierung sollte ein guter Schutz gegen stürmische Zeiten an den Märkten sein.

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