Wohin ist mein Geld verschwunden?
Diese Frage stellen sich sehr viele Anleger, wenn die Märkte den Rückwärtsgang einlegen. Aber jetzt mit dem alten Bonmot zu antworten – das Geld ist nicht verschwunden, es hat jetzt nur ein anderer – wäre zu einfach und auch falsch. Denn die Börse ist ein zu komplexes System mit zu vielen Einflussfaktoren, als dass Geld sich einfach in Luft auflösen oder es sich jemand aneignen würde.
Was ist eine Aktie?
Erinnern wir uns einmal, was eine Aktie eigentlich ist. Vereinfacht gesagt sind Aktien handelbare Unternehmensanteile und damit eine Urkunde über den Anteil am Kapital eines Unternehmens, das an der Börse geführt wird. Seit dem 17. Jahrhundert, seit der ersten Aktiengesellschaft in der Geschichte, der „Vereinigten Ostindischen Compagnie“, und dem ersten Börsenplatz, dem Kontor der Gesellschaft, werden Ein- und Umschreibungen, sprich Wertberichtigungen von Aktien vorgenommen. Und seit damals hat sich daran trotz aller Technik nichts geändert. Unternehmen, die in der Regel unter der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) firmieren, haben die Möglichkeit, über die Aktienmärkte Kapital einzusammeln. Dazu werden im Rahmen eines Börsengangs Aktien ausgegeben, sodass interessierte Anleger sich am Produktivvermögen eines Unternehmens, also an Gebäuden, Maschinen oder Patenten, beteiligen können. Das bedeutet, jede Aktie ist mit dem Wert des hinter dem Wertpapier stehenden Unternehmenswerts unterlegt.
Um Anteilseigner über die Geschäftsentwicklung auf dem Laufenden zu halten bzw. geplante Vorhaben vorzutragen, lädt der Vorstand einmal jährlich zur Hauptversammlung ein. Sofern das Unternehmen im Laufe des Geschäftsjahres Gewinne erzielen konnte, profitieren Aktionäre hiervon in Form einer Dividende, einer Gewinnausschüttung, wobei es aber auch Unternehmen gibt, die keine oder zeitweise keine Dividende trotz im Geschäftsjahr erzielter Gewinne zahlen, weil sie auf Wachstum (Investitionen, Übernahmen etc.) setzen oder Verbindlichkeiten zurückzahlen oder umschulden müssen. Weniger Schulden oder mehr Investitionen in eine renditeträchtige Zukunft führen zu einer gesunden Unternehmensbilanz. In diesen Fällen erzielen die Anleger vorerst die Rendite durch den gestiegenen Wert der Gesellschaft und dem damit einhergehenden steigenden Kurs der Aktie. So besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Gesellschaft später eine gesicherte Dividende zahlen kann.
Die Börse als Markt für Aktien
An der Börse werden nicht nur Aktien gehandelt. Aktien stellen dabei neben Anleihen, Zinsen und Währungen, Rohstoffen wie Gold Silber oder Rohöl, aber auch Getreide oder den berühmten Schweinehälften nur einen kleinen Teil der handelbaren Werte dar. Der größte Umsatz, nämlich 90 Prozent, wird dabei täglich auf dem Währungsmarkt erzielt.
Um einen fairen und transparenten Handel zu gewährleisten, gibt es außerdem exakt festgelegte Regularien und Institutionen, die die Transaktionen an der Börse überwachen. Das ist allein schon aufgrund des großen Umfangs der abzuwickelnden Geschäfte notwendig, damit Unregelmäßigkeiten vermieden werden.
Aber kommen wir zurück zu unseren Aktien: Anders als am Wochenmarkt gibt es bei der Börse keine vorab festgelegten Preise. Das bedeutet, die Preise entwickeln sich nach dem grundlegenden Gesetz der Marktwirtschaft, nach Angebot und Nachfrage teilweise im Sekundentakt. Eine Aktie wird von einem Unternehmen an der Börse zum ersten Mal angeboten (Erstzeichnung = Börsengang). Ist die Aktie einmal an der Börse notiert, dann ist sie dem freien Spiel der Märkte ausgesetzt, sie hat sich also im Kampf um die Kursentwicklung mit den anderen Teilnehmern am Markt zu behaupten. Das Kapital der Anleger wird dabei nur dann in diese Position fließen, wenn eine Rendite in Form von Kurswachstum zu erwarten ist und/oder eine angemessene Gewinnbeteiligung in Form einer Dividendenzahlung angenommen werden kann.
Allerdings müssen wir auch über die umgekehrte Entwicklung sprechen. Denn kommt es zu einem massenhaften Verkauf der Wertpapiere, weil schlechte Nachrichten (Gewinnwarnungen, pessimistische Quartalsberichte, Ausfälle von Großaufträgen etc.) im Umlauf sind, dann wird das Kapital massenhaft abgezogen, die Aktie verkauft, und die Kurse sinken.
Und auch der folgende Punkt ist wichtig: Gibt es keine kursrelevanten guten oder schlechten Nachrichten, wird die Aktie seitwärts laufen. Der Kursverlauf wird dann eine ziemlich waagerechte Linie bilden, die nur durch leichte Ausschläge in beide Richtungen abweicht. Das Kapital bleibt damit in der Position und wartet auf positive Nachrichten. Die Anleger gehen dann davon aus, dass die Gesellschaft gut arbeitet und es sich lohnt, investiert zu bleiben, weil es in Zukunft eine positive Nachricht geben wird, die die Kurse nach oben treibt und/oder weil eine hohe Dividende zu erwarten ist. Seitwärts laufende Aktien sind jedoch meist der Fall, denn es gibt nicht immer eine neue Übernahme, einen Gewinnsprung oder ein neues Produkt etc. zu vermelden.
Warum schwanken Aktien?
Das Auf und Ab an den Märkten kostet Nerven, vor allem Neueinsteigern, die sich das meist nicht erklären können. Sie haben mit einem kleinen Aktienpaket begonnen, vorher die wirtschaftlichen Hintergründe dazu recherchiert, den Chart studiert, die Jahresberichte und den Ausblick angeschaut etc. Alles war so prima, und eigentlich gab es keinen Grund dafür, dass der Wert plötzlich kippte und in den roten oder gar tiefroten Bereich abrutschte.
Abgesehen von den Problemen, die in der Verantwortung der Unternehmen selbst liegen, wie zum Beispiel schlechte Bilanzzahlen, Gewinnwarnungen oder Übernahmen ohne positiven Effekt und Ähnliches, die laut Aktiengesetz veröffentlicht werden müssen oder gerüchteweise in den Nachrichten und den vielen Chatforen auftauchen, spielen nämlich auch äußere Einflüsse eine Rolle, für die das Unternehmen keine Verantwortung trägt. Das können politische Einflüsse (Handelskrieg, Sanktionen, kriegerische Auseinandersetzungen usw.) sein oder aber solche, die aus den Entscheidungen der Zentralbanken her resultieren, wie zum Beispiel die Veränderung der Leitzinsen. Die Zahlen bestimmter Indizes wie der Geschäftsklimaindex und der Einkaufsmanagerindex sowie die Arbeitslosenstatistik etc. werden sehr oft zum Anlass genommen, in Größenordnungen zu kaufen und zu verkaufen. Der Preis des Schmierstoffs der Welt – Erdöl – hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Kurse der Aktien. Wenn Unternehmen hier schlechte Zahlen veröffentlichen, werden auch andere Gesellschaften der Branche oder der Zulieferindustrie gern in Mithaftung genommen.
Und so gibt es viele Indikatoren, die Einfluss auf die Kurse haben und mit den eigentlichen Aktienbewertungen nicht direkt etwas zu tun. Nun müssen wir aber wissen, dass die Volatilität (Marktschwankung) nicht in erster Linie von uns Kleinanlegern beeinflusst wird, sondern vielmehr von den großen Fonds, insbesondere den Hedgefonds, die mit einer verkauften oder gekauften Position Milliarden bewegen und damit ganze Börsen zum Beben bringen, wie es in der Vergangenheit schon des Öfteren geschehen ist. Das liegt vor allem an den voll automatisierten Handelssystemen, die stets reagieren, wenn bestimmte eingezogene Indikatoren (Limits, makroökonomische Kennziffern etc.) unter- bzw. überschritten werden. Schuld daran ist die zugrunde liegende Software, die in Bruchteilen von Sekunden reagiert. Dabei wird nicht das Warum hinterfragt, sondern einfach gehandelt. Das Problem hierbei ist die internationale Vernetzung der Software, die die Kurse häufig weit gen Süden oder gen Norden treibt. Meistens wird der Fehler jedoch sehr schnell erkannt, und alles normalisiert sich wieder in kurzer Zeit.
Verliert das Kapital wirklich an Wert?
Wer Aktien zu einem bestimmten Preis kauft, bekommt sie mit Spesen und Gebühren belastet in sein Depot eingebucht. Das ist der Ausgangswert für die Betrachtungen. So wie der Wert der Aktien an der Börse schwankt, wird auch das Depot das Auf und Ab nachzeichnen. Es wird aber noch kein Kapital im Depot bewegt, solange der Inhaber seine Papiere hält und nicht kauft und verkauft. Alles, was Anleger dabei in ihrem Depot sehen, sind Buchverluste bzw. Buchgewinne. Es geht auf der einen Seite also nichts verloren, und andererseits wird nichts gewonnen. Er bleibt demnach mit der nominalen Anzahl seiner Aktien (z. B. 100 Stück) am Unternehmen beteiligt. Nur der Buchwert passt sich in seinem Depot an, und der Wert seiner Beteiligung am Unternehmen ändert sich relativ. Die Gesellschaft bekommt vom Aktionär auch kein Kapital mehr oder verliert welches. Da aber alle an der Börse gehandelten Werte des Unternehmens sich verändert haben, hat sich auch der Gesamtwert entsprechend verändert.
Erst wenn der Anleger die Werte in seinem Depot veräußert, macht er damit Verlust bzw. Gewinn. Dem Unternehmen ist es dabei egal, ob der Kleinanleger die Aktien verkauft, denn wie gesagt: Nur die Großen der Branche sind interessant und marktbewegend.
Das monetäre Kapital vom Kauf der Aktien hat das Unternehmen zum damaligen Preis erhalten. Wenn die Anteile jetzt weniger wert sind, wird kein Geld vonseiten des Unternehmens gezahlt, um die Differenz auszugleichen. Umgekehrt ist aber auch kein Geld an das Unternehmen zu zahlen, wenn die Kursgewinne der Aktien eingestrichen werden. Das sind die normalen risikobehafteten Beteiligungen an einem Unternehmen. Nur wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet, ist das Geld zum großen Teil weg.
Fazit
Das Risiko einer Einzelanlage ist gerade für Kleinanleger, die sich neu für die Börse interessieren, sehr hoch. Deshalb empfehlen wir in jedem Fall, sich vorab über die Risiken von geplanten Anlagen zu informieren, nicht nervös zu werden, wenn es nach unten geht, und das eingesetzte Kapital zu streuen oder eben doch lieber auf einen gemanagten Fond (z. B. auf unseren NDAC-Fonds) zu setzen. Hier sind viele ausgewählte Substanzwerte aus unterschiedlichen Bereichen und Regionen versammelt. So stellt sich die Frage nach dem Verbleib des Kapitals in einer Krise nicht ganz so stark. – Und nach jeder Krise erfolgt ein Aufschwung.
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