„Fuck Cancer“ steht auf dem Schild in Katrins Arm. Sie ist 33 Jahre alt. Mal ist sie traurig, mal kämpferisch, manchmal packt sie auch die Wut. „Cancer“, der Scheiss-Krebs droht der jungen Frau, das Leben zu nehmen. Dabei hat sie eine kleine Tochter, einen Mann, Eltern, Freunde, die sie lieben und die nichts Anderes wollen, als dass Katrin lebt. Deshalb starten Familie und Freunde jetzt zusammen mit der Stefan-Morsch-Stiftung einen Aufruf, Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke wie Katrin zu leisten. Termin: Sonntag, 2. Dezember, 12 bis 17 Uhr, im Bürgerhaus, Weiperath 12, in Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich).
Katrin ist keine Frau, für die Steine im Weg bislang besondere Bedeutung hatten. Geradlinig hat sie ihre Ziele verfolgt: Mit 16 Jahren eine Ausbildung als Augenoptikerin gemacht, direkt danach den Meister-Lehrgang. Beruf, Familie, Freunde, Musik … alles unter einen Hut – kein großes Thema. Im Frühjahr 2018 hat Katrin ständig Husten. Sie fühlt sich unwohl. Dann hustet sie plötzlich Blut. Ein Alarmzeichen – auch für die Ärzte. „Lungenentzündung“ wäre die harmlosere Diagnose gewesen. Stattdessen hat ihre Krankheit einen Namen, der schon kaum auszusprechen ist: „Non-Hodgkin B-Zell Lymphom“, ein bösartiger Tumor.
Den Torturen einer Chemotherapie stellt sich die Augenoptiker-Meisterin: „Ich will meine Tochter aufwachsen sehen“, sagt sie ihrem Vater Erhard Reinhard, der so stolz auf seine Tochter wirkt. Zusammen mit seiner Frau Annelie, mit Katrins bester Freundin Sarah Steinmetz und vielen Freunden und Helfern, stürzt er sich in die Aufgabe einen Aufruf für Katrin und andere Patienten zu starten, die möglicherweise nur durch eine Stammzellspende gerettet werden können.
„Fuck Cancer“ möchten auch die schreien, die zusehen müssen, wie Patienten ihre Haare verlieren. Die dabei Angst bekommen, dass sie ihre Lieben verlieren. 11.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Leukämie oder einer anderen bösartigen Krankheit, die möglicherweise nur durch eine Stammzellspende geheilt werden kann. Sie brauchen die Zellen eines fremden Menschen, der die gleichen genetischen Merkmale hat, und bereit ist, Menschen wie Katrin ein neues blutbildendes System zu schenken.
Die Chance, einen solchen Lebensretter zu finden, liegt im schlimmsten Fall bei 1: mehreren Millionen. Deshalb sollen sich am Sonntag, dem 1. Advent, im Weiperather Bürgerhaus möglichst viele junge, gesunde Menschen unter 40 Jahren als potenzielle Lebensretter bei der Stefan-Morsch-Stiftung, der ersten Stammzellspenderdatei Deutschlands, als Spender registrieren lassen. Mit jedem gesunden Erwachsenen, der sich mit Hilfe einer Speichelprobe typisieren lässt, wächst die Chance, Leben zu retten.
Das Leben von Katrin, ihrer Tochter, ihres Mannes, ihrer Eltern und das der Freunde steht derzeit Kopf. Nichts ist mehr wie es war. Trotzdem versucht man, einen Hauch von Alltag aufrechtzuerhalten, für die die nicht begreifen können, warum Katrin im Moment nicht da sein kann, wo ihr Platz als Mama, Frau, Tochter, Freundin, Kollegin ist.
Schon am Samstag, 10. November, beim Martinsumzug in Weiperath wird die Jugendgruppe des Ortes Spendendosen aufstellen und Geld sammeln. 300 Euro haben sie schon in der Dose. Es soll noch wesentlich mehr werden. Denn jede Typisierung muss mit 40 Euro pro Spender von der gemeinnützigen Stefan-Morsch-Stiftung finanziert werden. Eine Möglichkeit also für all diejenigen zu helfen, die aufgrund des Alters (über 40 Jahre) oder eigener Erkrankungen nicht mehr als Spender in Frage kommen. Geldspenden werden aber auch beim Konzert in der Kirche am Samstag, 24. November, gesammelt. Ein Teil des Erlöses will der Musikverein Weiperath für die Typisierung spenden.
Das Orga-Team will schließlich am Sonntag, 2. Dezember, 12 bis 17 Uhr, ganz viele Menschen zwischen 16 und 40 Jahren motivieren, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. Der Krebs darf nicht siegen.
Spendenkonto Stichwort „Hilfe für Katrin“ Kreissparkasse Birkenfeld: IBAN: DE35 5625 0030 0000 0797 90 SWIFT‐BIC: BILADE55XXX
Ist eine Online-Registrierung möglich?
Über die Homepage der Stefan-Morsch-Stiftung (www.stefan-morsch-stiftung.de) kann man sich jederzeit als Stammzellspender erfassen lassen. Über die Startseite kommt man zur Einwilligung. Dort müssen einige Gesundheitsfragen beantwortet werden. Nach dem Ausfüllen der Erklärung bekommt man ein Registrierungsset mit genauer Anleitung zugeschickt. Für Spender, die jünger als 40 Jahre sind, entstehen dabei keine Kosten.
Was passiert bei einer Stammzelltransplantation?
Wird ein passender Spender gefunden, kontaktiert die Stefan-Morsch-Stiftung den Spender. Er oder sie werden erneut gefragt, ob sie freiwillig und unentgeltlich für einen unbekannten Patienten spenden möchten. Dann folgt eine Reihe von Voruntersuchungen, um herauszufinden, ob er wirklich der optimale Spender ist. Gleichzeitig soll ausgeschlossen werden, dass der Spender ein gesundheitliches Risiko eingeht. Die Mitarbeiter der Stiftung beraten und begleiten den Spender während dieser ganzen Vorbereitungsphase. Jegliche Kosten für die Untersuchungen, die Versicherung sowie An- und Abreise zum Entnahmeort werden übernommen.
Dann beginnt die entscheidende Phase vor der Transplantation: Mit der Übertragung von Stammzellen bekommt der Patient ein neues blutbildendes System. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark. Um sie zu übertragen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Entnahme peripherer Blutstammzellen aus dem Blut – ähnlich wie bei einer Plasmaspende oder Dialyse. Dazu wird dem Spender einige Tage lang ein körpereigener Botenstoff verabreicht, der die Stammzellen aus dem Knochenmark in das Blut übergehen lässt. In einer Entnahmestation werden dann die Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert bzw. zentrifugiert. Apherese heißt dieses Verfahren, das heute am häufigsten angewandt wird.
Bei der klassischen Methode – der Knochenmarkspende – entnehmen Mediziner die Stammzellen aus dem Beckenknochen des Spenders. Dieser Eingriff dauert zirka eine Stunde. Über die Art der Spende entscheidet der Stammzellspender. Weder der Spender noch der Patient erfahren zu diesem Zeitpunkt, wer der andere ist. Spender und Empfänger bleiben in jedem Fall bis zum Ablauf von zwei Jahren anonym. Erst danach besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.
Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg: Parallel zur Vorbereitung des Spenders wird in der behandelnden Transplantationsklinik der Patient vorbereitet. Das bedeutet: Sein Immunsystem wird komplett ausgeschaltet bzw. stark heruntergefahren – durch Bestrahlung oder/und Chemotherapie. Wenn er sich jetzt mit einem Virus infiziert oder es aus irgendeinem Grund mit der Stammzellspende nicht klappt, ist sein Leben massiv gefährdet. Susanne Morsch, Vorstandsvorsitzende der Stefan-Morsch-Stiftung: „Eine Transplantation ist immer eine letzte Chance. Für den Patienten ist dies eine hoch belastende Therapie.“