Lorenzo Bini Smaghi, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), hat die deutsche Kritik an der Notenbank in scharfer Form zurückgewiesen. „Die Unabhängigkeit der EZB gilt immer – nicht nur, wenn sie das tut, was die verschiedenen Beobachter gern hätten oder nicht“, sagte Bini Smaghi im Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Auf die Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten dürfe die Notenbank keine Rücksicht nehmen.
Auch die Vertreter der nationalen Notenbanken müssten Disziplin wahren, da sie nicht die Repräsentanten ihres Landes seien, sondern in persönlicher Kapazität ernannt worden seien. „Wenn es in der Vergangenheit Probleme gab, dann weil einige Ratsmitglieder auf unangemessene Weise ihre Positionen zu spezifischen Fragen öffentlich gemacht hatten – als ob sie damit nationale Sichtweisen vertreten würden. Das ist ein Verhalten, das die Unabhängigkeit der EZB unterminierte.“ Zuletzt hatte der frühere Bundesbankpräsident Axel Weber das Anleiheankaufprogramm der Notenbank kritisiert. Auch sein Nachfolger Jens Weidmann hatte sich kritisch geäußert. Bini Smaghi kritisierte deutsche Vorschläge, den Einfluss des deutschen Vertreters im Rat dadurch zu stärken, dass seine Stimme wegen des höheren wirtschaftlichen Gewichts Deutschlands mehr zähle. „Wenn man nun die Stimmen gewichten würde, würden sie die Stimmung in den jeweiligen Ländern widerspiegeln müssen. Dann wäre der Rat nicht mehr unabhängig.“