Welche Biografien und Wünsche haben Menschen in Quartieren mit einer multiethnischen Bevölkerung? Ein besonderes Buchprojekt, gefördert durch die Initiative „Stärken vor Ort“ und das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt, stellt zwölf Kurzgeschichten vor – inspiriert und niedergeschrieben von Menschen aus Dietzenbach. Vorangetrieben, begleitet und zu gleichen Teilen finanziert wurde das Buch von der Kreisstadt Dietzenbach, dem Kreis Offenbach und der NH ProjektStadt. Die Präsentation dieser Publikation mit anschließender Lesung durch die Autoren Tijani Errais und Samir Amyay findet am Donnerstag, 8. Dezember 2011, um 19 Uhr, im neuen Bildungshaus Dietzenbach statt.
Dietzenbach / Frankfurt/Main (hds). – Wie fühlt es sich an, als Mensch in Deutschland zu leben, wenn die kulturellen Wurzeln im Ausland liegen? Zwei junge Studenten mit marokkanischen Wurzeln aus dem östlichen Spessartviertel haben sich diese Frage gestellt. Sie wollten mehr über das Leben ihrer Mitbürger in ihrem Dietzenbacher Stadtviertel erfahren. Daher führten sie Interviews mit Bewohnern einer Hauswohnanlage im ehemaligen Problemkiez in Dietzenbach – mit anderen Worten: den Menschen im Stadtteil, über die viel geredet wird, aber viel zu wenig mit ihnen selbst. Tijani Errais (30, Foto: l.) und Samir Amyay (29, Foto: r.) wollten ihnen eine Stimme geben und so helfen, Vorurteile abzubauen.
Zwölf Menschen, zwölf Biografien, zwölf Geschichten
Die beiden Jungautoren haben Antworten auf ihre Frage gefunden. Es sind Antworten, die nachdenklich stimmen und die klar herausstellen, woran Träume gescheitert sind. Aber, es sind auch Antworten, die Hoffnung machen. Entstanden ist eine Dokumentation aus sehr persönlichen Kurzgeschichten über Ängste, Alltagsprobleme, Freundschaften, Träume und Zukunftswünsche. Dabei zeigen die individuellen Erfahrungen der Befragten deutlich, wie wichtig der Dialog zwischen den unterschiedlichen Kulturkreisen ist. „Wenn Integration gelingen soll, dürfen wir uns bei Konflikten nicht abwenden. Überall dort, wo Gemeinsames geschieht, ist auch ein Miteinander möglich“, fasst Autor Errais die Ergebnisse des Projekts zusammen. „Wir haben Menschen getroffen, die vorbildlich zeigen, wie man sich mit Kreativität und guten Ideen für dieses Ziel einsetzen kann“, ergänzt Amyay.
Engagierte Herausgeber
Dietmar Kolmer, Erster Stadtrat der Kreisstadt Dietzenbach sieht das Buch durchaus als Pilotprojekt mit Leuchtturm-Charakter: „Bei vielen Bürgern ist bisher noch nicht angekommen, dass wir in großen Teilen bereits multiethnische Gesellschaften haben. Dies machen auch bei uns Deutschen verstärkt Veränderungsprozesse notwendig. Diese werden oftmals verpasst – auch aus Verunsicherung. Da bleiben Menschen dann schlichtweg „Ausländer“ – auch wenn sie längst deutsche Staatsbürger sind. Es ist an der Zeit, ins Gespräch zu kommen. Diese Publikation ist ein guter Anfang, den wir deshalb aus den uns zur Verfügung stehenden Mitteln des Programms Soziale Stadt gerne gefördert haben.“
Die Chance, ihr Projekt zu verwirklichen, erhielten die beiden Autoren u. a. auch durch den Kreis Offenbach und dessen Mittel aus dem Bundesprogramm Stärken vor Ort. „Das Projekt ist Bestandteil der Initiative Jugend stärken, mit der das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein deutliches Zeichen für eine starke Jugendpolitik und die bessere Integration junger Menschen in Deutschland setzt“, betont der Sozialdezernent des Kreises Offenbach, Carsten Müller. „Wie notwendig solche Projekte sind, zeigen die jüngsten Ereignisse. Dieses Buch macht deutlich, wie Rassismus und Vorurteile bei den Betroffenen ankommen und welche Gefühle sie auslösen. Deshalb ist es so wichtig! Alle daran Beteiligten eint die Überzeugung, dass Deutsche und Migranten mehr verbindet als trennt! Dieses engagierte Buch schafft Verständnis für die persönlichen Situationen und kulturellen Hintergründe von Menschen, denen Deutschland zur Heimat geworden ist.“
Jan Thielmann, Projektleiter im Fachbereich Integrierte Stadt- und Gewerbeflächenentwicklung der NH ProjektStadt: „Die differenzierte Perspektive der jungen Autoren und die Qualität der Geschichten hat uns überzeugt und bewegt, gemeinsam mit der Kreisstadt Dietzenbach und dem Kreis Offenbach als Herausgeber die Beiden auf dem Weg zu ihrem ersten Buch zu unterstützen.“
Lesung mit den beiden Autoren im neuen Bildungshaus
Die Herausgeber organisieren für und mit den Autoren zudem ein Pressegespräch und eine öffentliche Lesung am 8. Dezember 2011, 19 Uhr, im neuen Bildungshaus Dietzenbach, Rodgaustraße 9. Interessierte Bürger können das Buch (Erstauflage: 500 Exemplare) zum Selbstkostenpreis von fünf Euro in Dietzenbach erwerben. Ebenso wird jeweils ein Klassensatz für den Unterricht in lokalen weiterführenden Schulen gesponsert.
Die Autoren
Samir Amyay (29) kam 1991 von Marokko nach Deutschland und lebt seitdem in Dietzenbach. Er studiert an der FH Frankfurt Geoinformation und Kommunaltechnik und steht vor dem Abschluss seines Studiums.
Tijani Errais (30) kam als Siebenjähriger 1988 mit seiner Familie von Marokko nach Deutschland. Seitdem lebt er in Dietzenbach. Nach dem Abitur begann er sein Jurastudium an der Goethe Universität in Frankfurt und steht kurz vor dem Examen.
Das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“
Das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ setzt in besonderer Weise bei der konkreten Lebenswirklichkeit vor Ort an. Seit nunmehr zwölf Jahren richtet dieses Programm im Rahmen der Städtebauförderung seinen Fokus konsequent auf die wirtschaftlich und sozial benachteiligten Stadtquartiere. Erklärtes Ziel ist es, in diesen Quartieren die Lebensbedingungen zu verbessern, um problematischen Entwicklungen entgegen zu steuern. Nur mit neuer und besserer Lebensqualität kann bestehenden oder sich langsam in Gang setzenden Negativspiralen ihr verhängnisvoller Schwung genommen werden.
Das Programm Soziale Stadt und die Förderung von Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf unterstützt die städtebauliche, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Neupositionierung von Standorten. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Quartiere können den Erfolg der integrierten Standortentwicklung unmittelbar erleben: Gebäude und Wohnumfeld werden neu gestaltet, der Aufenthalt im öffentlichen Raum wird attraktiver, Infrastrukturangebote entstehen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren.
Die vielfältigen Programmziele in den Schwerpunktbereichen Städtebau, Soziales, Ökonomie, Infrastruktur, Kultur, Bildung und Beschäftigung lassen schnell erkennen, dass die Soziale Stadt eine Leitfunktion übernimmt und komplementäre Programme vernetzt und bündelt.
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte / Wohnstadt ist eines der führenden deutschen Wohnungsunternehmen: mit rund 62.500 Wohnungen an 157 Standorten, über 30 Niederlassungen, Geschäftsstellen und Büros in Hessen und Thüringen sowie rund 750 Mitarbeitern. Sie bietet seit 90 Jahren umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Bauen und Entwickeln und hat in dieser Zeit rund 180.000 Wohnungen gebaut – größtenteils für externe Bauherren. Die Unternehmensgruppe investiert jährlich ca. 80 Mio. Euro in Modernisierung und Instandhaltung des eigenen Bestandes.
Unter ihrer Marke „NH ProjektStadt“ werden Kompetenzfelder gebündelt, um nachhaltige Stadt- und Projektentwicklungsaufgaben sowie Consulting-Aktivitäten im In- und Ausland durchzuführen. Mit breit gefächertem Fachwissen ist das Unternehmen ein krisensicherer Partner für öffentliche, institutionelle und private Auftraggeber. Aktuell betreut die NH ProjektStadt Aufgaben in über 140 Kommunen in Hessen und Thüringen. Jährlich werden im Rahmen der Projektentwicklung rund 40 Mio. Euro in Neubauprojekte investiert.
Kontakt:
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