Die Notwendigkeit einer Vorsorgevollmacht ist inzwischen bekannt. Viele Muster sind aber fehlerhaft oder nicht praxistauglich. Folge: Die Dokumente werden oft nicht anerkannt. Folgende Fehler sollte man vermeiden:
Fehler 1: Wahl des falschen Dokuments
Wer rechtsverbindlich seine Vertrauten für sich entscheiden lassen will, sollte keine
Betreuungsverfügung erstellen. Diese ist keine Ergänzung zu einer Vorsorgevollmacht, sondern eine Alternative zur Vollmacht. Also entweder Vollmacht oder Betreuungsverfügung. Mit der Vollmacht legt man rechtsverbindlich fest, welcher Bevollmächtigte ab Unterschrift und ohne weitere Beteiligung des Betreuungsgerichts entscheidet. Ein staatlicher Betreuer darf dann grundsätzlich nicht mehr eingesetzt
werden. Eine Betreuungsverfügung dagegen regelt, wer Betreuer werden soll. Das muss aber immer das Betreuungsgericht entscheiden, und das kann, da eine Betreuungsverfügung gerade nicht rechtsverbindlich ist und dem Richter ein Ermessen zusteht, eine andere Person als die vorgesehene werden. Aber selbst wenn der Richter dem nicht rechtsverbindlichen Wunsch des Verfügenden folgt, dann muss der Betreuer von da an alle wichtigen Entscheidungen mit dem Betreuungsgericht abstimmen und regelmäßig Rechenschaft über das betreute Vermögen ablegen. Aber wer will schon Entscheidungen über die Gesundheit der eigenen Frau oder deren Vermögen mit einem Rechtspfleger besprechen müssen? Deshalb Vollmacht statt Betreuungsverfügung.
Fehler 2: Das Formular stammt nicht vom Fachmann
Standardtexte werden in der Praxis gerade von Banken und Ärzten oft nicht anerkannt. Ein vom Fachmann, also vom Anwalt oder Notar, verfasstes Dokument akzeptieren diese Ansprechpartner dagegen fast immer. Da man es seinen Bevollmächtigten leicht machen möchte, sollte man diese Dokumente nur auf anwaltlichem oder notariellem Briefpapier verfassen lassen oder zumindest Texte
von wirklich namhaften Unternehmen wie Versicherungen verwenden.
Fehler 3: Falsche Personen oder falsche Rangfolge festlegen
Manche Vollmachtgeber setzen „liebe“ Angehörige ein. Aber sind diese zum Beispiel psychisch in der Lage, den Vollmachtgeber „abschalten“ zu lassen, oder sind sie fachlich geeignet, die Geschäfte des Vollmachtgebers weiterzuführen – und haben sie dazu überhaupt eine Gewerbeerlaubnis? Auch Finanzvermittler bevollmächtigen oft den Ehepartner, der aber meist keine Erlaubnis nach den Paragrafen 34c, d oder f GewO hat. Was dann? Setzt der Vollmachtgeber aus falsch verstandener Elternliebe seine zwei Kinder gemeinsam ein, müssen immer beide gleichzeitig vor Ort sein und unterschreiben und immer einer Meinung sein. Kann das klappen? Also besser die Personen gut aussuchen und eine klare Rangfolge der Entscheidungsbefugnis festlegen.
Fehler 4: Nicht über den Tod hinaus denken
Die Vertretungsbefugnis einer Vollmacht endet grundsätzlich mit dem Tod des Vollmachtgebers. Wird also in einer Vollmacht nicht ausdrücklich bestätigt, dass sie auch über den Tod hinaus wirksam sein soll, erlischt die Vollmacht mit dem Tod. Der Bevollmächtigte darf dann weder die Beerdigung organisieren noch Geld des Verstorbenen abheben und so weiter.
Fehler 5: Es gibt Beschränkungen oder Lücken im Text
Viele Muster enthalten Beschränkungen der Vollmacht, etwa: „Diese Vollmacht gilt nur, wenn der Vollmachtgeber geschäftsunfähig ist.“ Manche enthalten auch gravierende Lücken: „Diese Vollmacht regelt nur die Bereiche, die der Vollmachtgeber im Folgenden angekreuzt hat.“ Im ersten Fall der Beschränkung kann es passieren, dass der Bevollmächtigte stets nachweisen muss, dass der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt der Entscheidung auch wirklich geschäftsunfähig ist. Da das nur ein Arzt feststellen darf, müsste der Bevollmächtigte dann für jeden Tag, an dem er entscheiden will, eine aktuelle ärztliche Bestätigung vorlegen. Im zweiten Fall fehlt dem Bevollmächtigten für diesen nicht geregelten Bereich die Vertretungsbefugnis. Er kann nichts entscheiden, wenn das nicht in der Vollmacht angekreuzt war. Beschränkungen und Lücken sind daher in jeder Vorsorgevollmacht zu vermeiden.
Fehler 6: Unklarheit, ob der Arzt oder der Bevollmächtigte entscheiden soll
Das Gesetz legt ein „einvernehmliches Handeln“ von Arzt und Bevollmächtigtem nahe. Was aber, wenn sich Arzt und Bevollmächtigter über eine Behandlung nicht einig sind? Das kommt oft vor. Wer soll dann letztlich entscheiden: Arzt oder Bevollmächtigter? Ist dem Verfügenden klar, wen er mit seinem Text rechtlich stark gemacht hat? Dieser entscheidet dann letztlich über das Abschalten medizinischer Geräte. Die meisten staatlichen Muster und solche von Krankenhäusern und Ärzten richten die medizinischen Maßnahmen alleine an die Ärzte. Was nützt aber
eine Vollmacht, wenn der Arzt doch entscheidet?
Fehler 7: Keine Aktualität der Dokumente
Vorsorgedokumente müssen aktuell sein. Immer. Wenn die angegebenen Kontaktdaten der Angehörigen nicht mehr auf dem neuesten Stand sind, hat das Krankenhaus keine Chance, diese Angehörigen zu erreichen. Das Krankenhaus kann nicht aufwendig recherchieren. Wenn Kontaktdaten nicht aktuell sind, informiert das Krankenhaus in aller Regel das Betreuungsgericht, und das bestellt dann einen staatlichen Betreuer. Neben den Kontaktdaten kann sich auch die Rechtslage im Patienten- oder im Sterberecht ändern. Nicht aktuelle Dokumente nützen also nichts.
Fehler 8: Nur Originale sollen gelten
Im Fall der Fälle muss man als Bevollmächtigter einige Dutzend Stellen mit der Vollmacht versorgen: Krankenhäuser, Pflegeheim, Labore, Banken, Behörden, Arbeitgeber, Versicherungen und so weiter. Hier helfen Kopien der Vollmachten. Dennoch heißt es oft vor allem in Vordrucken, dass nur das Original der Vollmacht gilt und auch nur, wenn es der Bevollmächtigte bei Ausübung der Vollmacht „in den Händen hält“. Wie soll das praktisch gehen, wenn Kopien nicht gelten sollen? Muss dann der Bevollmächtigte immer live mit dem einen Original der Vollmacht herumfahren und darf die Vollmacht nie aus der Hand geben? Bitte nie vorgeben, dass „nur das Original“ gilt.
Fehler 9: Haftung des Bevollmächtigten nicht beschränken
Die meisten Vollmachtgeber und Bevollmächtigten denken nicht daran, dass diejenigen, die aufgrund der Vollmacht aktiv werden und dann Fehler machen, zum Beispiel Fristen bei der Unfallversicherung verstreichen lassen, dann auch für diese Fehler haften müssen. Besser, man hätte das schon beim Verfassen der Dokumente ausschließen lassen, was man zum Beispiel über den Paragrafen 181 BGB erreichen kann.
Fehler 10: Keine echte Hinterlegung der Dokumente außer Haus
Die Hinterlegung solcher Dokumente außer Haus ist absolut wichtig. Denn wer diese Dokumente nur zu Hause liegen hat, sollte sich auch überlegen, wie ein Krankenhaus denn davon erfährt, dass es solche Texte überhaupt gibt, wo diese liegen und wie es darankommt, wenn der Patient doch bewusstlos ist. Denn nur dann, wenn der Verfasser selber nicht mehr geschäftsfähig ist, werden diese Texte gebraucht. Erfährt das Krankenhaus dann aber nicht von diesen Texten oder kommt zumindest nicht ran, wird das Krankenhaus das Betreuungsgericht informieren und einen staatlich bestellten Betreuer beantragen. Den müssen die Bevollmächtigten dann vor Gericht wieder versuchen ablösen zu lassen. Schwierig. Besser ist es, wenn der ganze Vorgang gar nicht erst vor das Betreuungsgericht kommt. Dazu ist es wichtig, dass die Krankenhäuser nicht erst über das Betreuungsgericht oder andere
staatliche Stellen eine Information zu den Dokumenten erfragen müssen, sondern dass sie direkt – zum Beispiel über private Gesellschaften – die Dokumente anfordern können. Das spart Zeit und böse Überraschungen. Nur dann sind eine schnelle Information der Angehörigen und eine Entscheidung ganz ohne staatliche Stellen möglich.
Eine wirklich rechtssichere Vollmacht zu verfassen ist also keine einfache Sache. Vermittler sollten schon aus Gründen der Haftungsvermeidung darauf achten, dass sie nur Dokumente mit dem Briefkopf eines Anwalts, eines Notars oder einer Versicherung weitergeben.
Rechtsanwalt Lutz Arnold ist auf Kapitalanlagen und Vorsorgeverfügungen spezialisiert und arbeitet bundesweit mit Finanzvermittlern zusammen.
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