Dass sich Existenzgründungen durch äußerst kreative Ideen auszeichnen und keineswegs nur in Garagen oder auf Hinterhöfen stattfinden, ist beim Gründungszentrum Leuchtturm Kiel der Wirtschaftsakademie nicht außergewöhnlich. Alles andere als alltäglich sind so auch die Geschäftsideen zweier Gründer aus Kiel: Sie stellen unter Beweis, dass Klimaschutz und Mitbestimmung verzahnt sein können, dass Wohnwagen durchaus schwimmen können und dass man damit auch eine Firma gründen kann.
Zum Beispiel der promovierte Meeresbiologe Sebastian Krug (31). Seine Idee: Öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen entwickeln Konzepte für Klimaschutzprojekte, über deren finanzielle Unterstützung dann auf einem Portal im Internet abgestimmt werden kann. Der finanzielle Beitrag wird durch Sponsoren geleistet. Klimaforscher Sebastian Krug erläutert: „Schulen könnten so beispielsweise energieeffiziente Kühlschränke anschaffen oder Sportvereine ihre Heizungen modernisieren lassen.“ Mit dem Ziel, aus dieser Idee ein eigenes Unternehmen zu machen, meldete er sich im Anschluss an seine Promotion zunächst bei der Agentur für Arbeit. Von dort kam Sebastian Krug zum Gründungszentrum Leuchtturm Kiel der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, welches Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit unterstützt.
Für viele Akademiker ist es nicht ungewöhnlich, dass der Weg aus der Hochschule erst einmal zum Jobcenter oder der Agentur für Arbeit führt. „Von unseren bisher 153 Gründern besitzt fast jeder vierte einen Hochschulabschluss, drei Prozent sogar mit Doktortitel“, berichtet Claudia Berger, Projektleiterin der Wirtschaftsakademie. Darunter sind jedoch nicht nur frischgebackene Absolventen zu finden. Auch Akademiker, die nach einigen Jahren Berufserfahrung den Schritt in die Selbständigkeit wagen, werden im Projekt fit für die Gründung gemacht. Eckhard Reiser, Coach beim Leuchtturm Kiel, erklärt: „Im Studium haben die Gründer wertvolles Fachwissen erworben und daraus hochwertige Ideen für die Selbständigkeit entwickelt. Oft haben sie aber nicht gelernt, auch unternehmerisch zu denken. Das nötige kaufmännische Wissen für die Selbständigkeit vermitteln wir ihnen dann im Gründungszentrum.“
Hier erfahren die angehenden Unternehmerinnen und Unternehmer nicht nur, wie und wo fehlende Informationen zur Gründung zu erhalten sind, sondern setzen sich intensiv mit ihrem Vorhaben auseinander. Sie analysieren mit Hilfe von Gründungscoaches und Fachreferenten die Stärken und Schwächen ihrer Geschäftsidee und passen anschließend das Konzept, den so genannten Businessplan, in mehreren Schritten an. Ergänzend dazu werden in Workshops beispielsweise die Finanzierung, kaufmännische Grundlagen oder das künftige Marketing der Neugründung erarbeitet.
So war die Idee von Sebastian Krug derart innovativ, dass sie zunächst in kein gängiges Gründerkonzept passte. „Im Gründungstraining haben wir sie gemeinsam marktfähig gemacht“, berichtet Eckhard Reiser. Die Mühe hat sich gelohnt: Im Sommer erhielt der Biologe ein Gründerstipendium der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein, mit dem er jetzt gezielt den Start seines Projektes vorbereiten kann. Mit dem Klimaexperten Prof. Dr. Mojib Latif hat er zudem einen renommierten wissenschaftlichen Mentor gefunden. Zurzeit ist der Existenzgründer auf der Suche nach Sponsoren, die seine ungewöhnliche Idee finanziell unterstützen.
Mit einer Idee ganz anderer Art macht ein weiterer Teilnehmer des Gründungzentrums gerade von sich reden. Der Industriedesigner Daniel Straub (29) entwickelte den Sealander, der als Kombination aus Caravan und Boot sowohl an Land als auch auf dem Wasser nutzbar ist. Von der kreativen Idee bis zur Fertigstellung der ersten Sealander war es jedoch ein längerer Weg: „Die Entwicklung dauerte insgesamt fast zwei Jahre“, blickt der Designer zurück. Bereits in seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit der komplexen Aufgabe, einen schwimmenden Caravan zu entwerfen. Dieser sollte nicht nur benutzerfreundlich und modern gestaltet sein, er musste auch zahlreichen technischen und konstruktiven Anforderungen und Vorschriften gerecht werden.
Nach Ende des Studiums entwickelte Daniel Straub in Zusammenarbeit mit verschiedenen Firmen zunächst zwei Prototypen. Er gewann Vertrauen in seine Idee und beschloss, den Amphibiencaravan mit einem eigenen Unternehmen herzustellen und zu vertreiben. Um sich auf die Selbständigkeit vorzubereiten, kam er über das Jobcenter zum Leuchtturm Kiel. „Hier konnte ich mir das notwendige betriebswirtschaftliche Wissen aneignen und mein Vorhaben mit Experten intensiv reflektieren und konkretisieren“, berichtet der 29-jährige. So standen im kritischen Austausch mit Coach Eckhard Reiser beispielsweise Fragen wie die Unternehmensstruktur oder Vertriebsstrategien auf dem Programm.
Um die letzte Phase der Gründung zu meistern, erhielt Daniel Straub im Sommer dieses Jahres ebenfalls ein Gründerstipendium der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein. Die wichtigste Hürde, den Markttest, hat der Sealander inzwischen bestanden. Seit der schwimmende Caravan auf einer Fachmesse vorgestellt wurde, ist er weltweit gefragt. „Der Kleine ist zum Star der Messe avanciert“, berichtet Daniel Straub schmunzelnd. Aus Kanada, China oder Australien bekommt er täglich zahlreiche Anfragen von Campingfans. Mittlerweile ist die Entscheidung zur Serienfertigung getroffen und so steht dem nächsten großen Schritt nichts mehr im Weg: Ab 2012 wird der Amphibiencaravan produziert und verkauft.
Das Gründungszentrum Leuchtturm Kiel wird durch das Zukunftsprogramm Arbeit aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) durch das Land Schleswig-Holstein sowie anteilig durch das Jobcenter Kiel gefördert. Umgesetzt wird es ebenfalls in enger Zusammenarbeit mit dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit. Interessierte können nach Rücksprache mit dem Jobcenter oder der Agentur für Arbeit in das Gründerprojekt einsteigen. Weitere Informationen zum Gründungszentrum Leuchtturm Kiel sind bei Claudia Berger von der Wirtschaftsakademie unter Tel. (04 31) 30 16 – 193, per E-Mail an claudia.berger@wak-sh.de sowie unter www.wak-sh.de zu erhalten.