Die Zukunft der Pflegeversorgung mit akademisierten Pflegenden – Fazit der Fachtagung

Die Akademisierung schreitet voran und hält langsam Einzug in den klinischen Pflegealltag. Unter dem Titel „Die Zukunft der Gesundheitsversorgung – der Beitrag akademisierter Pflegender“ fand am 5.11.2015 die Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft und der Dekanekonferenz Pflegewissenschaft statt, die Vertreter/innen der Gesundheitspolitik, der Hochschulen sowie von Trägern und Einrichtungen der Versorgungspraxis zusammenführte.

Elke Ferner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sieht in ihrem politischen Statement mit Blick auf den demografischen Wandel die Pflegewissenschaft als zentralen Bereich für die Versorgung der Menschen. Es sei eine Zukunftsaufgabe für die gesamte Gesellschaft, die Pflege zu sichern. Sie dankte der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft und der Dekanekonferenz Pflegewissenschaft für die wissenschaftliche Unterstützung im Rahmen der Novellierung des Pflegeberufsgesetzes.

„Die Akademisierung der Pflege, ist Teil der Lösung für die Herausforderungen im demografischen Wandel“, so Prof. Dr. Renate Stemmer, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft. „An unseren Hochschulen werden Konzepte für arbeitsmarktfähige Studiengänge umgesetzt, die auch im Sinne der Generalistik stehen“, so Stemmer weiter. Die Nutzbarmachung des qualitativen und quantitativen Potenzials akademisierter Pflegender für die Gesundheitseinrichtungen sei der nächste große Schritt, für den jetzt die Strukturen geschaffen werden müssten. Die vielfältigen Chancen für die Pflegepraxis wurden auf der Fachtagung erörtert. „Der Bedarf und die Qualität der akademischen Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich der Pflege stehen nicht in Frage“, versichert Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. Jedoch müsse ein differenzierter Zugang zu unterschiedlichen Ausbildungsgängen geschaffen werden, der nicht auf hohe Bildungsabschlüsse als Eingangsvoraussetzung verengt sei.

Akademische Pflegekompetenz für die Herausforderungen in der Pflegepraxis

„Ja, wir brauchen den Bachelor am Bett dringend“, sagt Ulrike Reus von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die akademisierte Pflege müsse ein fester Prozentanteil in Krankenhäusern werden.

Derzeit studieren mehr als 10.000 junge Menschen in Deutschland Pflegewissenschaft oder Pflegemanagement, überwiegend im Bachelorstudiengang. Jährlich verlassen etwa 1.500 bis 1.700 Absolvent/innen die Hochschulen und sind auf komplexe Pflegeaufgaben in Gesundheitseinrichtungen vorbereitet. Sie sind befähigt, Pflegekonzepte für multimorbide Patienten zu entwickeln und diese pflegerisch in der stationären und ambulanten Praxis umzusetzen. Mit knapp einem Prozent liegt der Anteil akademisch ausgebildeter Pflegender in der Praxis noch weit hinter den Empfehlungen des Wissenschaftsrates, der sich für 10 bis 20 Prozent ausspricht.

Die Zukunft der Pflege hat eine wissenschaftliche Dimension

Nach der Podiumsdiskussion wurde in fünf Themenworkshops gearbeitet. Die Teilnehmer/innen sprachen sich darin für eine unbedingte Nähe der Pflegewissenschaft zur Praxis aus. Sowohl Hochschulen als auch Gesundheitseinrichtungen seien Teil eines Innovationssystems und sollen den Übergang von der akademischen Ausbildung in die Praxis gemeinsam gestalten. Individuelle Traineeprogramme für die Überleitung in die Praxis seien dazu notwendig und erhöhen den Theorie-Praxis-Transfer. Erfolgreiche internationale Beispiele sollen auf die Integrationsfähigkeit in das deutsche System geprüft werden.

Aus ökonomischer Perspektive seien zusätzliche Kosten für die Ausbildung und den Einsatz akademisch qualifizierter Pflegender zu erwarten. Dem stünde ein wirtschaftlicher und qualitativer Nutzen gegenüber: Zu erwarten sei die Reduktion von Unter-, Über- und Fehlversorgung und geringere Komplikationsraten aufgrund optimierter Versorgungsprozesse.

Für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum müsse der Dialog auf kommunaler Ebene intensiviert und Versorgungskonzepte gemeinsam entwickelt werden. Bereits gute Ansätze gäbe es in Regionen, in denen Studiengänge der Pflegewissenschaft angeboten werden. Sie beeinflussen das Denken auf kommunaler Ebene und beziehen die pflegewissenschaftliche Dimension mit ein.

Erfolgreich sei die Einbindung akademisierter Pflegender immer dann, wenn der Träger hierfür eine klare Vorstellung oder Vision entwickelt hat. Aus den konkreten Bedarfen der Gesundheitseinrichtung ließen sich die Potenziale der hochschulisch qualifizierten Pflegenden erkennen und nutzen sowie deren Anteil beim Träger ableiten. Als Motivationen für Veränderungen sahen die Teilnehmer/innen den Fachkräftemangel oder das Employer Branding.

Über die Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft

Die 1989 gegründete Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft ist eine international aktive, wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Förderung und Weiterentwicklung der Pflegewissenschaft. Als unabhängige Fachgesellschaft fördert sie den wissenschaftlichen Diskurs in der Pflegewissenschaft. Die Mitglieder der Gesellschaft sehen sich bei ihrer Arbeit verpflichtet, den wissenschaftstheoretischen und methodologischen Pluralismus zu gewährleisten und die gewonnenen Erkenntnisse der gesellschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Fachtagung „Die Zukunft der Gesundheitsversorgung – der Beitrag akademisierter Pflegender“ folgt dieser Intention und wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert.

Die DGP ist Mitglied im Deutschen Netzwerk für Versorgungsforschung (DNVF) und in der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH).

Über die Dekanekonferenz Pflegewissenschaft

Die Dekanekonferenz der pflegewissenschaftlichen Studiengänge in der Bundesrepublik ist ein freiwilliger Zusammenschluss der Dekaninnen und Dekane der Fachbereiche Pflege, Pflege und Gesundheit sowie der Beauftragten pflegewissenschaftlicher Studiengänge in anderen Fachbereichen bzw. einschlägiger Institute und Bereiche an Fachhochschulen, Universitäten und Gesamthochschulen.

Die Dekanekonferenz Pflegewissenschaft fördert die Bildung in Pflege und Pflegewissenschaft an Hochschulen, insbesondere durch Information, Kooperation, Beratung und Wahrnehmung gemeinsamer Interessen in den Angelegenheiten der Lehre, des Studiums, der Forschung, der Fort- und Weiterbildung und des Wissenstransfers in die Pflegepraxis unter ihren Mitgliedern sowie anderen nationalen und internationalen Organisationen. Die Dekanekonferenz Pflegewissenschaft kooperiert mit geeigneten Institutionen in der Wissenschaft und Forschung im In- und Ausland.

 

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