Von Céline Fundenberger, AHC Surface Technology SAS, Faulquemont (Frankreich)
Für die funktionelle Veredlung von technischen Oberflächen bewähren sich in der Regel bei zahlreichen Anwendungsfällen klassische chemische und galvanische Tauchbeschichtungen. Einer zunehmenden Anzahl von Anforderungen, bei denen es um eine selektive Galvanisierung geometrisch anspruchs- voller Bauteile geht, werden diese konventionellen Verfahren jedoch nicht gerecht. Hier stellt AHC, insbesondere für die Automobilindustrie, mit dem selektiven Beschichtungsverfahren SELGA-COAT® eine wirtschaftliche und umweltgerechte Alternative zur Verfügung.
Schwerpunkt des Geschäftsfeldes Sur- face Technology der AHC-Gruppe mit 19 Werken (www.ahc-surface.com) ist die funktionelle Veredelung von technischen Oberflächen als Dienstleistung. Bauteile beispielsweise für die Automobilindustrie, den Maschinenbau, die Elektrik und Elek- tronik sowie zahlreiche andere Branchen werden mittels patentierter und selbst- entwickelter Verfahren vor Korrosion und Verschleiß geschützt oder mit speziellen Eigenschaften versehen. Entwicklungs- mäßig geht der Trend in der AHC-Gruppe hin zu selektiven Beschichtungsverfahren, beispielsweise die selektive Hartanodisa- tion SELGA-COAT®. Bei diesem Verfahren werden nur Teilbereiche eines Bauteils oberflächenbehandelt, aufwändige Abdeckarbeiten sind nicht notwendig.
>> Innovative Technologie als Tagesgeschäft
Im Werk der AHC Surface Technology SAS im französischen Faulquemont glänzt der Boden in der Werkshalle blitzblank. Nur ein paar Reifenspuren vom Gabel- stapler sind zu sehen. Der Geräuschpegel ist niedrig und dennoch wird emsig gear- beitet. Es sind kleine Beschichtungsinseln mit flexiblen Anlagen, an denen selektiv Aluminium-Bauteile für die Automo- bilindustrie nach dem SELGA-COAT®- Verfahren beschichtet werden. Diese Technologie bestimmt hier voll und ganz den täglichen Ablauf. Bei der typischen Badbeschichtung werden Bauteile in einem großen Elektrolyt-Tauchbad unter Stromein- wirkung beschichtet. Beim SELGA- COAT®-Verfahren wird das Alumini- umbauteil hingegen nicht in einen Elektrolyten getaucht, sondern in ein Beschichtungswerkzeug gelegt. Die Elektrolytflüssigkeit bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit zwischen dem als Anode geschalteten Bauteil und der Kathode. Integrierte Abdichtsysteme sorgen in dem speziell angefertigten Werkzeug dafür, dass der Elektrolyt in definierten Teilbereichen zirkuliert. So wird nur die Funktionsfläche des Bauteils vom Elektrolyten unter Stromeinwirkung umströmt und beschichtet. Das Abkle- ben der Bauteile entfällt ebenso wie eine mechanische Nacharbeit. In der Konstruktion des Werkzeuges, das für jeden Anwendungsfall eigens angefertigt werden muss, sowie in der Einstellung der Beschichtungsparame- ter zeigt sich die große Erfahrung der AHC-Mitarbeiter aus Faulquemont. Das jeweilige Beschichtungswerkzeug wird nach deren Vorgaben extern gefertigt, anschließend von AHC zusammenge- baut und an eine der flexiblen, kleinen Anlagen angeschlossen und eingefah- ren. Die SELGA-COAT®-Technologie ist inzwischen so weit entwickelt worden, dass bis zu zehnmal höhere Beschich- tungsgeschwindigkeiten erzielt werden können als beim klassischen Tauchgal- vanisieren. Auch die Schichtqualität ist hervorragend.
>> Die Technologie bietet
– sehr enge Beschichtungstoleranzen,
– sehr niedrige Aufrauung nach der Beschichtung,
– gute elektrische Isolierung,
– sehr gute Verschleißfestigkeit und
– sehr gute Korrosionsbeständigkeit.
>> Weltweite Anwendung
Der Elektrolyt ist ebenfalls Kernstück des SELGA-COAT®-Verfahrens und wird auch an andere Unternehmen geliefert, die ihre Bauteile selbst mit SELGA- COAT®-Anlagen beschichten. Denn das SELGA-COAT®-Verfahren wird von der AHC-Gruppe auch in Lizenz vergeben. AHC Faulquemont verkauft SELGA- COAT®-Anlagen und installiert sie vor Ort in den Kundenproduktionslinien. Durch diese fertigungsflussintegrierte Oberflächentechnik werden die Nach- teile der traditionellen Fertigung wie beispielsweise Transportkosten, Zeit- verzug, temporärer Korrosionsschutz, eventuelle Beschädigung oder lange Durchlaufzeiten minimiert. So beschich- tet beispielsweise das AHC-Werk im pol- nischen Gorzyce Motorkolben mit von AHC Faulquemont installierten SELGA- COAT®-Anlagen. Nach den Plänen von AHC Surface Tech- nology SAS wurden bereits 21 SELGA- COAT®-Anlagen gebaut, davon wurden zwölf Einheiten nach Deutschland und in alle Welt verkauft, etwa nach Brasi- lien, China, Indien, in die Türkei oder nach Tschechien. Alle diese Anlagen arbeiten im geschlossenen Kreislaufsys- tem. Dadurch werden weniger Verunrei- nigungen in den Beschichtungsprozess eingeschleppt als bei klassischen Tauch- verfahren. Da die Beschichtung selektiv erfolgt, sind Elektrolytverluste mini- mal und somit der Elektrolytverbrauch äußerst wirtschaftlich. Das französische AHC-Werk arbeitet heute mit 23 Mitarbeitern für Kunden, die allesamt aus der Automobilindu- strie stammen. Nur in dieser Branche werden bisher Bauteile in einer großen Stückzahl gefertigt, sodass sich der Bau eines Werkzeugs amortisiert Das können dann gut und gerne bis zu 800.000 Bau- teile pro Referenz bzw. Teilefamilie und Jahr sein.
>> Folgende Bauteile werden unter anderem nach dem SELGA-COAT®- Verfahren hartanodisiert:
– Hydraulische Lenkhilfepumpen,
– Motorkolben,
– Platten für Stopp- & Start-Systeme,
– Pumpengehäuse,
– Steuergehäuse,
– Ventilgehäuse für ESP-Systeme,
– Wärmetauscher für AGR-Systeme und • ZwischenplattenfürAutomatikgetriebe.
>> Zuverlässige Qualität
Im letzten Jahr hatten wir nur vier Rekla- mationsfälle, die vom Kunden ausgelöst wurden..Die Ausfallquote liegt unter 0,5 Prozent. Die Kunden schätzen diese Beschichtungsqualität sehr. AHC Faulquemont ist auch bei innovati- ven Entwicklungen in der AHC-Gruppe ganz vorne mit dabei. Der Prototyp für eine SELGA-COAT® CHROM-Anlage zur selektivgalvanischen Abscheidung von Hartchrom wurde in Faulquemont mit Unterstützung von Verfahrensspezialisten der AHC-Gruppe entwickelt. Im nieder- ländischen AHC-Werk in Venlo ist Anfang des Jahres das SELGA-COAT®CHROM- Verfahren der selektiven Beschichtung von unlegiertem oder gehärtetem Stahl in die Serienproduktion gegangen. Mit SELGA-COAT®CHROM werden Härten von 950-1.200 HV realisiert. Der Korrosions- schutz zeigt mit 240 Stunden Salzsprühtest (DIN EN ISO 9227) gute Ergebnisse, und dies bei einer Schichtdicke von nur 22 ± 2 μm. Das neue Verfahren bietet für einige Anwendungen eine echte Alternative zur konventionellen Verchromung.