Berufsunfähigkeitsversicherung: Im Leistungsfall auf Privatsphäre verzichten?
Mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung können sich Verbraucher vor den finanziellen Folgen einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit schützen. Doch während im Vorfeld des Vertrags explizite Gesundheitsfragen notwendig sind, bestehen manche Versicherer im Leistungsfall auf eine pauschale Entbindung der beteiligten Ärzte von ihrer Schweigepflicht. Doch als Versicherter muss man dem nicht stattgeben.
Entbindung von Schweigepflicht bei Berufsunfähigkeit?
Kommt es zu einer Berufsunfähigkeit so prüft die Versicherung im Regelfall die Rechtmäßigkeit des Leistungsanspruchs. Dies soll hohe Kosten vermeiden, wenn beim Versicherten gar keine dauerhafte Berufsunfähigkeit vorliegt. Eine solche Prüfung ist auch im Sinne der Versicherungsgemeinschaft. Denn ungerechtfertigte Ansprüche erhöhen die Kosten für alle Versicherten. Oft reicht bei der Leistungsprüfung jedoch nicht nur ein Attest vom behandelnden Arzt oder eine Untersuchung durch einen eigenen Gutachter. Gerade wenn sich die Frage stellt, ob beispielsweise bekannte oder unbekannte Vorerkrankungen zu der Berufsunfähigkeit geführt haben, wollen die Versicherungsgesellschaften nicht selten einen allgemeinen Einblick in die gesamte Krankengeschichte des Betroffenen.
Recht auf informelle Selbstbestimmung muss gewahrt werden
Eine Frau wollte in so einem Fall jedoch keine pauschale Erklärung unterschreiben, die ihre Ärzte, beteiligten Krankenhäuser und den Rentenversicherungsträger von der Schweigepflicht entbunden hätte. Stattdessen bat sie den Versicherer um genauere Fragen, doch dieser verweigerte ihr darauf die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente aufgrund von Depressionen. Nach erfolglosen Klagen beim Land- und Oberlandesgericht Nürnberg, gab nun das Bundesverfassungsgericht der Klägerin Recht. Denn die Frau hätte auch bei Berufsunfähigkeit ein Recht auf informelle Selbstbestimmung. Die Klage wurde an das Landgericht Nürnberg zurückverwiesen. (1 BvR 3167/08)
Neue Berufsunfähigkeitsversicherung rechtlich besser geregelt
Für Verbraucher sind dies gute Nachrichten. Gerade Versicherte mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die vor 2008 abgeschlossen wurde, haben so im Falle eines Leistungsanspruchs mehr Rechtssicherheit, wenn sie ihre Privatsphäre schützen wollen. Neuere Versicherungsverträge fallen schon unter einer neueren Version des Versicherungsvertragsgesetzes. Diese sieht vor, dass die Versicherungsgesellschaften nur Fragen stellen dürfen, die zur Klärung des Berufsunfähigkeitsrisikos bzw. zur Prüfung eines Leistungsanspruchs notwendig sind. Fragen, die darüber hinausgehen oder aber eine pauschale Entbindung der Ärzte von ihrer Schweigepflicht können nicht zur Bedingung für eine Versicherung bzw. eine Rente gemacht werden.