Beim Glücksspiel misst man in Deutschland häufig mit zweierlei Maß
+++ von Ansgar Lange +++ Berlin, September 2011 – Die Auseinandersetzung um den Glücksspielstaatsvertrag wird bisweilen mit harten Bandagen geführt. Sowohl die Befürworter als auch die Gegner einer Liberalisierung kämpfen für ihre Interessen und betreiben intensive Lobbyarbeit. Dies ist ein völlig normales Verfahren. Allerdings fällt auf, dass in der Öffentlichkeit häufig nur die Lobbyarbeit derjenigen, die den verkrusteten Status quo aufbrechen möchten, von der Gegenseite skandalisiert oder als unanständig dargestellt wird. Bisweilen lassen sich auch die mit der GEZ-Gebühr finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender vor den Karren von Interessengruppen spannen. Ein Beispiel für diese Art des „Tendenzjournalismus“ ist ein Beitrag des linksliberalen ARD-Magazins „Plusminus“ http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,yos32dvmfsigwlnl~cm.asp, der kürzlich ausgestrahlt wurde. Die einfache Milchmädchen-Rechnung des Redakteurs lautete folgendermaßen: Die Gefahr wächst, dass das staatliche Monopol geknackt wird. Und dies bedeute dann weniger Einnahmen für Sport und Kultur und noch größere Gefahren für Spielsüchtige und ihre Familien. So stellt sich Lieschen Müller eben den milliardenschweren Wettmarkt vor.
Man kann dies so sehen, aber zur fairen Berichterstattung gehört auch, die Argumente der Gegenseite zu hören und darzulegen. Und da gibt es viele, die sagen, dass der Glücksspielstaatsvertrag in seiner bisherigen Form insbesondere in puncto Suchtbekämpfung und Spielerschutz komplett gescheitert ist. Zahlreiche Sportvereine und Medien wünschen sich eine Liberalisierung, damit sie mehr Einnahmen für den Breitensport und Marketingbudgets erhalten. Andere wiederum sagen, dass ein liberalisierter Markt zu vielen neuen Arbeitsplätzen und sprudelnden Steuereinnahmen führt. Es hätte zur Wahrheit der Berichterstattung gehört, vielleicht in einem Nebensatz zu erwähnen, dass sich die Bundesländer für das Jahr 2012 auf einen neuen Staatsvertrag einigen müssen, weil der bisherige unzureichend ist. Angesichts der europäischen Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit und den vielfältigen Möglichkeiten, die das Internet bietet, ist es überdies naiv zu glauben, man könnte alles außer Lotto quasi verbieten. Würde der Staat immer nur nach dem Grundsatz gehen, das Optimum für die Gesundheit seiner Bürger zu unternehmen, dann müsste er nicht nur das Spielen, sondern auch das Rauchen und Trinken sowie „ungesundes“ Essen verbieten. Ein solcher Staat wäre dann aber nicht mehr unsere ohnehin immer stärker reglementierte Demokratie, sondern ein Zwangsstaat im Orwellschen Sinne.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), der sich am 18. September 2011 wieder zur Wahl stellt, gilt als einer der Hardliner unter den Liberalisierungsgegnern. Er beschwört eine „hemmungslose Konkurrenz“ und befürchtet bei einer Öffnung der Sportwetten auch für private Anbieter, dass dies ein „Einfallstor zur Beseitigung des staatlichen Monopols“ sein könnte. Warum dem Regierenden Bürgermeister, der auch als einer der künftigen Kanzlerkandidaten der SPD gehandelt wird, so an dem Monopol gelegen ist, wird vielleicht an einer Geschichte deutlich, die die linksliberale tageszeitung http://www.tageszeitung.de, die der Sozialdemokratie ja nicht gerade feindlich gegenübersteht, im Dezember vergangenen Jahres gebracht hat. Unter der sprechenden Überschrift „Fettes Weihnachtsgeschenk“ beschrieb Redakteur Rolf Lautenschläger, dass die Berliner Lottostiftung Wowereit eine Million Euro für sein Kunsthallenprojekt genehmigt habe: „Ein Hammer, meinen die Grünen, denn der Mann ist Vorsitzender ebendieses Gremiums.“ Laut taz gehörten dem sechsköpfigen Stiftungsrat bei Bekanntgabe der Vergabe mehrheitlich Vertreter der rot-roten Regierung an. Bis auf Frank Henkel (CDU) gehörten die übrigen Stimmberechtigten der SPD und Linken an – darunter SPD-Landesvorstand Michael Müller, SPD-Justizsenatorin Gisela von der Aue und Linken-Fraktionschef Udo Wolf.
Kritik kam insbesondere von den Grünen, die meinten, das Ganze habe ein „Geschmäckle“ und rieche nach Selbstbedienung. „Ihrer Ansicht nach habe der Regierende Bürgermeister qua Amt als Vorsitzender ebendieser Stiftung die Vergabe beeinflusst.“ „Der Kunstfürst hat sein eigenes Projekt begünstigt“, lautete der Vorwurf der Alternativen, die über den „Lottostreich“ des smarten Sozialdemokraten nicht erfreut waren.
Die FDP, welcher ansonsten immer gern der Vorwurf der Klientelpolitik gemacht wird, wollte den Lottobeirat übrigens schon im Mai 2008 abschaffen und die Vergabe der Lottomittel an Schulen, Sportvereine und kulturelle Projekte in Berlin neu ordnen. In Schleswig-Holstein setzen sich die Liberalen gemeinsam mit der CDU für eine Öffnung des Wettmarkts ein. Der Gesetzentwurf der christlich-liberalen Koalition, dem bereits die Europatauglichkeit bescheinigt wurde, soll am Mittwoch (14. September 2011) in dritter Lesung im Kieler Landtag behandelt und verabschiedet werden.
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